Coronakrise Analyst: Produktionsanlauf muss sich an Nachfrage orientieren

Autor Svenja Gelowicz

Die ersten europäischen Werke produzieren bereits wieder oder stehen kurz davor. Doch bis wieder Normalität herrscht, werden Monate vergehen, warnt ein Analyst. Aufmerksamkeit erfordern nun vor allem die Endkunden und Sublieferanten.

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Beim Sportwagenhersteller Porsche stockt der Wiederanlauf wegen Problemen mit der Lieferkette.
Beim Sportwagenhersteller Porsche stockt der Wiederanlauf wegen Problemen mit der Lieferkette.
(Bild: Porsche)

Die Autohersteller nehmen in kleinen Schritten den Wiederanlauf ihrer Werke in Angriff. Daimler und Volkswagen wollen am Montag (20. April) erste Fabriken hochfahren, Audi eine Woche später am 27. April. Die Ingolstädter wollen die Produktion in Ingolstadt und Neckarsulm sukzessive aufnehmen. Gegenüber „dpa“ heißt es von einer Audi-Sprecherin, die Lage der Zulieferer und deren Zulieferer ist „derzeit sehr volatil und ändert sich stündlich“.

Probleme gibt es auch bei Porsche, der Sportwagenhersteller muss noch länger mit dem Produktionsstart warten. Es gebe weiterhin Engpässe bei den globalen Lieferketten, die einen geordneten Wiederanlauf nicht zuließen.

„Es wird kein leichter Prozess, einfach die Fabriktore zu öffnen und zur Normalität zurückzukehren“, sagt David Leggett, Automotive-Experte des Analysten Global Data. Eine Herausforderung seien die Auflagen für die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten, schließlich sei die Krise noch lange nicht überwunden. Manche Bereiche in den Fabriken könnten das aufgrund einer hohen Automatisierung oder geringen Arbeiterdichte besser umsetzen als andere.

Produktion muss entlang der Nachfrage hochfahren

Dann ist da noch die Nachfrage. Die Corona-Pandemie hat die Pkw-Neuzulassungen in Europa im März halbiert, verkündete der Branchenverband Acea am Freitag (17. April). Besonders in Italien (- 85,4 Prozent), Frankreich (- 72,2 Prozent) und Spanien (- 69,3 Prozent) ist der Rückgang drastisch. Deutschland verzeichnete ein Minus von 37,7 Prozent. „Wenn die Wertschöpfungskette an der Spitze nicht durch genügend neue Umsätze gespeist wird, hat es wenig Sinn, die Produktion wieder aufzunehmen. Vieles hängt davon ab, dass das Vertrauen der Verbraucher und Unternehmen in den kommenden Monaten auf breiterer Basis zurückkehrt“, sagt Leggett.

Das zweite große Problem sei der Zustand der Lieferketten. Die bis zu 25.000 Einzelteile eines Fahrzeugs verteilen sich über weltweite Lieferketten mit verschiedenen Ebenen. „Während der Krise und den Produktionsstopps werden viele der größeren Tier-1-Zulieferer Zugang zu Kreditquellen gehabt haben, um ihre Liquidität zu erhalten. Finanzielle Probleme werden sich für kleinere Zulieferer weiter unten in der Lieferkette verschärfen“, so Leggett. Einigen könnten die Mittel fehlen, um den Betrieb wiederaufzunehmen.

Hilfe für kleine Zulieferer nötig

Laut des Analysten zeigte die Vergangenheit, dass Unternehmen an der Spitze der Zulieferkette oft Schwierigkeiten haben, die Probleme der Sublieferanten zu erkennen und zu lösen. Ein fehlendes Teil für eine kritische Komponente, für die ein Engpass herrscht, kann eine Fahrzeugmontagelinie sofort stilllegen – insbesondere wenn wegen einer Just-in-Time-Produktion keine Lagerbestände vorhanden sind, sagt Leggett.

Und natürlich sind die globalen Lieferketten anfällig. Manche Werke in Ländern, in denen die Restriktionen bereits gelockert wurden, laufen wieder. Andere sind noch geschlossen. Auf europäischer Ebene warnte bereits VDA-Chefin Hildegard Müller vor einem ungeordneten Wiederanlauf der Werke.

Die Werke müssen Leggett zufolge ihre Produktion entlang der Marktbedürfnisse hochfahren und die Unternehmen an der Spitze der Wertschöpfungskette dabei auch ihre jeweils wichtigsten Zulieferer unterstützen. „Es wird im Einschichtbetrieb beginnen und bedeuten, dass der Betrieb weit unter dem optimalen Niveau der Kapazitätsauslastung liegen wird.“ Es werde Monate dauern, aus der Krise herauszufinden.

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