Lackiererei Lackfehler automatisiert erkennen und beheben

Von Thomas Günnel Lesedauer: 3 min |

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BMW setzt im Werk Regensburg KI-gesteuerte Roboter ein, um individuelle Lackfehler zu erkennen und zu beheben. Das Verfahren funktioniert fast vollständig automatisiert.

BMW nutzt im Werk Regensburg künstliche Intelligenz, um die Oberflächenbearbeitung fast vollständig zu automatisieren.
BMW nutzt im Werk Regensburg künstliche Intelligenz, um die Oberflächenbearbeitung fast vollständig zu automatisieren.
(Bild: Harry Zdera/BMW)

BMW hat im Werk Regensburg die Arbeitsschritte Inspektion, Bearbeiten und Markieren lackierter Fahrzeugoberflächen digitalisiert und automatisiert. Das System dahinter inspiziert, bearbeitet und markiert lackierte Fahrzeugoberflächen ohne manuelle Eingriffe. Dazu bearbeiten KI-gesteuerte Roboter jedes Fahrzeug individuell nach objektiven Qualitätsstandards.

Vor Ort sieht das so aus: Vier Roboter stehen in der Bearbeitungskabine um eine frisch lackierte Karosserie. Die Roboter bearbeiten die Karosserieoberfläche, schleifen, tragen Polierpaste auf, polieren, wechseln die Aufsätze und erneuern das Schleifpapier. Kameras verfolgen das Szenario.

„Das Besondere ist, dass die Roboter jede Karosserie genau da bearbeiten, wo es notwendig ist. Denn die winzigen Einschlüsse oder Unebenheiten, die nach dem Decklack-Prozess auftreten können und die wir beseitigen wollen, sind bei jedem Fahrzeug an einer anderen Stelle“, erklärt Stefan Auflitsch. Er leitet den Bereich Produktion Lack-Applikation und Finish in Regensburg.

Zwei Verfahren für das Bearbeiten der Oberflächen

Seit März 2022 setzt BMW die Automatisierte Oberflächenbearbeitung, kurz AOB, in seinem Werk in Regensburg in der Serienfertigung ein. Laut einer Unternehmenssprecherin nutzt das Werk das KI-basierte Verfahren als erstes Automobilwerk weltweit in diesem Umfang. Den Einsatz in anderen Werken prüft der Automobilhersteller.

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Für einen reibungslosen Ablauf ist der Oberflächenbearbeitung ein Verfahren vorgeschaltet: Die Automatisierte Oberflächeninspektion, kurz AOI, ist in der Automobilindustrie der aktuelle Stand. Sie identifiziert und erfasst nach der Decklackierung zunächst die Merkmale, die später bearbeitet werden müssen.

Bei der Automatisierten Oberflächeninspektion identifiziert das System die abweichenden Merkmale mittels Deflektometrie. Das heißt: Große Monitore projizieren schwarz-weiße Streifenmuster auf die Fahrzeugoberfläche. Kameras scannen die Oberfläche, erkennen durch die Verschiebung im Streifenmuster Veränderungen im spiegelnden Lack – und übertragen diese Informationen ins angeschlossene Computersystem. Die Software speichert die exakte Lage, Form und Größe des Merkmals, konstruiert ein digitales 3D-Abbild und ordnet es basierend auf objektiven Kriterien ein.

Expertise der Beschäftigten im System

„Wir haben das System mit dem Wissen unseres gesamten Teams finalisiert, die Funktion der Anlage beruht auf der einzigartigen Expertise unserer Mitarbeiter. Wir haben ihre Erfahrung in die Programmierung einfließen lassen – auf dieser Basis erkennt und entscheidet der Algorithmus jetzt objektiv, welche Merkmale nachbearbeitet werden müssen“, erklärt Projektleiter Daniel Poggensee, Strukturplaner im Bereich Technologie Oberfläche. Aus den gesammelten Daten erstellt das System für jede Karosserie ein eigenes Merkmalprofil. Basierend darauf werden die Oberflächen individuell bearbeitet.

Dabei gibt es keine festen Abläufe für die Roboter. „Normalweise programmiert man Roboter, damit sie immer dasselbe Schema abarbeiten, bis sie wieder umprogrammiert werden. Durch den Einsatz künstlicher Intelligenz arbeiten die Roboter nun maßgeschneidert. Bei bis zu 1.000 Fahrzeugen, die wir an einem Arbeitstag durch das Finish schicken, sind das auch 1.000 einzigartige Abläufe“, sagt Stefan Auflitsch. Ein weiterer Vorteil des Systems: Es bearbeitet die Oberflächen stabil und wiederholgenau in gleicher Bearbeitungsqualität.

Den letzten Blick haben Menschen

Ganz ohne Menschen funktioniert es aber nicht. Die Ränder der Karosserie oder die letzten Millimeter neben Tür- und anderen Fugen können die Roboter zum Beispiel nicht bearbeiten. Auch die Tankklappe ist zu fragil. Das heißt: Am Ende sind es die geschulten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die letzte Hand anlegen und die Karosserie abnehmen. Sie werden dabei aber unterstützt: Ein Laserprojektor markiert die zuvor erfassten Stellen der Karosserieoberfläche. Die Automatisierte Oberflächenmarkierung, kurz AOM, ist damit der letzte Schritt im automatisierten Finish. Noch.

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    Künftig sollen weitere Ideen einfließen. „Zum einen erwarten wir, dass wir dank der Daten in der Cloud bei Ungereimtheiten bald noch früher in den Prozess eingreifen können und damit einen möglichen Fehler gar nicht erst entstehen lassen“, erklärt Daniel Poggensee. „Zum anderen sollen in Zukunft die genutzten Geräte die Arbeitsschritte der Mitarbeiter automatisch erfassen – und ihnen damit ersparen, für die Dokumentation ständig zwischen Karosserie und Rechner hin- und herzuwechseln. Neben dem geringeren Zeitaufwand reduziert dies die Komplexität und steigert die Wertschöpfung.“

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