Smarte Fabrik Produktion bei BMW: Die digitalen Welten finden zusammen
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BMW will ab 2024 die „Neue Klasse“ fertigen, rein elektrisch angetriebene Modelle auf einer eigenen Architektur. Unter dem Schlagwort „iFactory“ bildet sich ein einheitliches, digitales Produktionssystem.

Mehr Elektrofahrzeuge früher verkaufen: BMW hat sich ambitionierte Ziele gesetzt. Bis zum Jahr 2023 sollen zwei Millionen batterieelektrische Fahrzeuge (BEV) hergestellt worden sein und sich in Kundenhand befinden. Schon 2030 sollen die Hälfte der abgesetzten Fahrzeuge BEVs sein. Dafür rüstet der Automobilhersteller seine Werke um. Das Schlagwort heißt „iFactory“: Voll digitalisiert, nachhaltig, effizient und flexibel wird sie die Basis für die künftige Produktion von E-Autos bei BMW. 25 Prozent Effizienzgewinn will der Hersteller so erreichen.
Möglich werden soll das vor allem, indem BMW seine Projekte zur smarten Fabrik zusammenfasst und auf eine Plattform hebt. Das Unternehmen will alle relevanten Produkt-, Prozess-, Qualitäts- und Kostendaten zwischen Entwicklungs-, Planungs- und Produktionsprozessen vernetzen. Auf deren Basis sollen dann Fertigungsprozess, Volumen- und Marktplanung, Lieferkette und Bestandsmanagement gesteuert werden. Weltweit. Das heißt an 31 Standorten in 15 Ländern.
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iFactory: In allen Werken weltweit
„Die BMW iFactory ist kein singuläres Vorzeigewerk, sondern wird künftig in all unseren Werken umgesetzt. Im 100 Jahre alten Stammwerk München genauso wie im künftigen Werk im ungarischen Debrecen“, sagte Produktionsvorstand Milan Nedeljković am Freitag (29. April), in München. Dazu gehören Themen wie die ortsunabhängige Zusammenarbeit in einem virtuellen Abbild der Werke, die vorausschauende Wartung, der sparsame Umgang mit Ressourcen und die künstliche Intelligenz.
Bei letzterer sind mehr als 200 entsprechende Anwendungen im Einsatz; in der Logistik und in der Fertigung. Aufgebaut als standardisierte Plattformen und Self-Services lassen sie sich laut BMW einfach skalieren und an allen Standorten einsetzen.
Fertigen ohne fossile Energie
Im neuen Werk in Ungarn werden sich die entwickelten Werkzeuge am einfachsten umsetzen lassen. Zudem werde das Werk das erste, nicht nur im eigenen Verbund, das der Bedeutung von „green“ in der Fahrzeugfertigung gerecht wird: „Wir planen mit unserem Werk in Debrecen das weltweit erste Automobilwerk, das bei seinen Produktionsprozessen vollständig auf den Einsatz fossiler Energieträger verzichtet“, erklärt Nedeljković: Ab 2024 soll hier die Vorserie der „Neuen Klasse“ vom Band rollen. Sie basiert auf einer vollständig auf batterieelektrische Antriebe ausgerichteten Architektur. „Das Werk Debrecen wird unser erstes CO2-frei betriebenes Fahrzeugwerk. Damit sind wir klarer Vorreiter.“
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Das passt zum Ziel: Bis zum Jahr 2030 will BMW die in der Produktion anfallenden CO2-Emissionen um 80 Prozent reduzieren, verglichen zum Jahr 2019. Einen bedeutenden Teil des benötigten Stroms will BMW auf dem Werksgelände generieren; zum Beispiel mittels Geothermie. Alles darüber hinaus soll aus regenerativen Energiequellen kommen, überwiegend aus regionalen Quellen. „Unser Beitrag zur Energiewende ist nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch sinnvoll. Das Konzept sorgt für Preisstabilität und Versorgungssicherheit“, beschrieb Nedeljković.
Flexibel trotz Standardisierung
Besonders wichtig bleibe dabei: Flexibilität. „Das Umfeld wird immer volatiler. Flexibilität ist für uns wichtig, um durch diese Turbulenzen zu kommen“, sagte Nedeljković. Bei BMW bedeute das zum Beispiel: Unterschiedliche Antriebsarten und Fahrzeugmodelle können auf einer Linie entstehen. So etwa beim neuen 7er, gefertigt in Dingolfing, und beim neuen X1, gefertigt in Regensburg.
Stolz ist Nedeljković auch auf die hohe Reaktions- und Anpassungsgeschwindigkeit. „Die Produktion kann vergleichsweise spontan Versorgungsengpässe beziehungsweise eine Unterversorgung abfedern und äußerst schnell auf Schwankungen der Nachfrage reagieren“, beschreibt er. Praktisch heiße das zum Beispiel: Kunden können bestimmte Elemente ihrer Fahrzeugkonfiguration noch sechs Tage vor dem Produktionstermin ändern, die Ausstattung etwa oder die Fahrzeugfarbe. „Weltweit gibt es keinen anderen Automobilhersteller, der das kann. Auf die aktuelle Situation bezogen bedeutet das, dass wir die Produkte herstellen können, für die die Versorgung gesichert ist – und die anderen später nachholen können“, so Nedeljković.
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Nachhaltigkeitsziele
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Ein weiteres Element nachhaltiger Produktion sei die konsequente Zirkularität. „Recycling ist nicht gleich Zirkularität“, betonte der Vorstand, und meint: Produktionsmaterial und Ressourcen kommen – wann immer möglich – erneut zum Einsatz. Zum Beispiel recycelt und verwendet der Autohersteller Metallverschnitt und -späne, die beim Fräsen entstehen weiter. Mit der Abwärme von Kühlungen lassen sich Räume heizen und Wasser erwärmen.
„Lean“ bedeutet im Detail aber zum Beispiel auch, die Bremsenergie von Robotern zu rekuperieren; oder der Einsatz von Gleichstrom im Karosseriebau. „Solarenergie können wir so effizienter nutzen, weil wir nicht in Wechselstrom wandeln müssen“, beschreibt Nedeljković.
Fertigung „Green“: Vielfältige Ansätze
In allen Werken weltweit nutzt BMW ausschließlich Grünstrom. Den Standort Leipzig entwickelt der Hersteller zum Wasserstoff-Kompetenzzentrum. Schon 120 wasserstoffbetriebene Flurförderzeuge seien hier in der Intralogistik unterwegs. Außerhalb des Werkes gehe es um Biodiversität: Auf den Werksgeländen fördern auf die jeweilige Region abgestimmte Maßnahmen die Artenvielfalt bei Flora und Fauna: von Bienenstöcken über Falken bis hin zu Streuobstwiesen.
Im Werk München will BMW innerhalb der nächsten Jahre die Transportlogistik emissionsfrei nutzen: Mittels verstärkter Bahntransporte und dem lokalen Einsatz von Elektro-Lkw. „Lean muss man einfach machen“ – der Satz wird Milan Nedeljković nachgesagt. Einfach war die Entwicklung der Produktionswerke auf den aktuellen Stand sicher nicht. Aber: Sie dürfte sich lohnen.
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