Konnektivität Concar Expo: Eine Messe für das vernetzte Auto
Der Umzug von Düsseldorf nach Berlin hat der Concar Expo sichtbar gut getan: Mehr Aussteller, mehr Fachvorträge und mehr Besucher. Auf der Messe wird klar, dass eine völlige Neuorganisation der Mobilität im Gange ist: Das Auto durchlebt eine Metamorphose.
Anbieter zum Thema

Der M41 quält sich durch die Berliner Sonnenallee – Viele Autos parken in zweiter Reihe. Auf ihr Fahrerlebnis sollte man die Fahrgäste jetzt besser nicht ansprechen. Nach der Ankunft auf der Concar Expo geht die Quälerei weiter. Die IT macht die Registrierung zur echten Geduldsprobe.
Noch ist die Realität weit von der perfekt vernetzten Zukunft entfernt, die 120 Vortragende, gut 80 Aussteller und 1.500 Fachbesucher auf der Messe für digital vernetzte Autos umtreibt. Volkswagens Chief Digital Officer (CDO), Johann Jungwirth, schwört sie in seinem Keynote-Vortag auf die neue Automobilwelt ein. Fast die Hälfte der Wertschöpfung entfalle künftig auf Software. Der Privatbesitz von Automobilen werde zur Ausnahme, elektrische Antriebe die Regel. Der Treiber der Disruption steckt in den vier Buchstaben TaaS: Transport as a Service. Jungwirth wirft Tabellen und Schaubilder an die Wand. Exponentiellem TaaS-Wachstum steht bis zum Jahr 2030 ein ebenso exponentieller Rückgang der Fahrzeuge in Privatbesitz gegenüber. Das liege daran, dass TaaS ungleich günstiger sein werde. „Kennen Sie die Rethink-Studie?“, fragt Jungwirth in die voll besetzten Zuschauerreihen. – Kopfschütteln – „Dann lesen Sie sie“, rät er eindringlich.
Der Volkswagen-CDO beschreibt eine Entwicklung, die das Automobil und die ganze Industrie komplett verändern wird. Wenn Fahrzeuge nicht mehr für Privatkunden gebaut werden, dann ändert das alles. Hinzu kommt, dass die öffentlichen Autos automatisiert fahren werden. „Marken werden sich über das Fahrerlebnis differenzieren“, ist Jungwirth überzeugt. Damit rücken die Innenräume in den Fokus. Innenarchitekten und Designer sollen Lebensräume schaffen. Seien es Wellness-Oasen auf Rändern, Büros oder kleine Tempel für Musik- und Filmgenüsse. Auch das Miteinander von einander fremden Passagieren müsse das Raumdesign lösen. Spätestens hier wird der Kontrast zur heutigen Realität mit übelgelaunten Busfahrten klar.
Feinheiten der Virtualisierung
Doch bis diese neue Autowelt kommt, bleibt jede Menge Arbeit. Und die ist weniger attraktiv, als die Vision selbst: Die Reihen lichten sich, als Experten von In-tech, B-plus, Foreca, von Etas, Escrypt und D-Space über Feinheiten der Virtualisierung in der Fahrzeugentwicklung sprechen, über Möglichkeiten, die im Internet der Dinge vernetzten Fahrzeugsysteme gegen unbefugte Zugriffe abzuschirmen oder über neue Ansätze der Sensorik. Lidar ist ein großes Thema auf der Messe. Etablierte Zulieferer und Start-ups zeigen Lösungen – und hoffen auf den baldigen Durchbruch der Laserbasierten Sensorik. Sei es als Ergänzung oder als Ersatz heutiger Kamera- und Radarsysteme.
Welche Sensoren selbstfahrende Autos zur sicheren sänftengleichen Alternative machen, muss der Markt entscheiden. Klar ist es aus Sicht von Martin Hauschild, Leiter Mobility Technologies der BMW Group und Vorsitzender des Fachbeirats Verkehr und Umfeld im VDI, „dass sich das Ökosystem der Mobilität komplett verändern wird. Das wird tiefen Einfluss auf die Kultur und die Arbeit der Unternehmen in der Automobilindustrie haben“. Unternehmen wie Uber, aber auch die wachsende Zahl an Carsharing-Flotten sind Vorboten dieser Metamorphose. Sie wird Gewinner haben – und Verlierer.
Innovationskultur aus Finnland
Um zu lernen, wie der Niedergang einer Industrie in einen Erfolg gewendet werden kann, sei ein Blick ins Partnerland der Concar Expo 2017 angeraten: Finnland. Dort hat Nokia durch das Smartphone seine Geschäftsbasis eingebüßt – und sich dann zu einem führenden Anbieter für Netzinfrastruktur gemausert. Rund um den Weltkonzern sprießen agile Software-Start-ups. Sie stehen in den Startlöchern, um den digitalen Wandel der Automobilindustrie zu gestalten.
Viele Mitarbeiter der finnischen Start-up-Szene haben ihre Wurzeln in der Mobilfunkbranche. Ihr Know-how könnte laut Dr. Thierry E. Klein, Head of Innovation Management for Vertical Transportation and Connected Industries bei Nokia, für Automobilkonzerne wichtig werden. „Vor zehn Jahren war das Interface zwischen zwei Autos die Straße. Es gab für Autohersteller keinen Grund zu Vernetzung und Austausch“, sagt er. Das sei in der Mobilfunkbranche anders, weil Kooperation zwischen Wettbewerbern im Sinne des Kunden lebensnotwendig ist. Dieses Miteinander habe die Innovationskultur der Branche geprägt.
Umdenken hat begonnen
Ansätze wie die letztes Jahr gegründete 5G Automotive Association, in der mittlerweile neben den Initiatoren Audi, BMW, Daimler, Ericsson, Huawei, Intel, Nokia und Qualcomm das Who-ist-Who der Automobil- und Telekombranche gehört, zeigen, dass das Umdenken begonnen hat. Bis der Wandel den zähfließenden Großstadtverkehr erreicht, werden jedoch noch viele Busse falsch parkenden Autos von Privatbesitzern umkurven müssen.
(ID:44780126)