Kommentar Coronavirus sorgt für Frust in der Autobranche

Von Dennis Gauert/amnet

Der Covid-19-Virus belastet die weltweite Wirtschaft. Mit der Autoindustrie trifft das Coronavirus auf eine Branche, die schon mit einigen Herausforderungen hadert.

Einer der größten Parkplätze der Welt liegt in Bremerhaven.
Einer der größten Parkplätze der Welt liegt in Bremerhaven.
(Bild: Auto- Medienportal.NET/ Bremerport)

Abschottung, Quarantäne und Isolation führen infolge von Corona zu Wirtschaftsschäden, die zum jetzigen Zeitpunkt kaum bezifferbar, aber immens sind. Denn die Lieferketten stehen teils still. Italien hat gar das ganze Land abgeriegelt, um der Virusinfektion Herr zu werden. Und auch der Nachschub aus China lässt auf sich warten: Daimler musste kürzlich bereits die Produktion des Hoffnungsträgers EQC aussetzen, weil kein Nachschub an Batteriezellen aus Fernost eintraf. Ähnliche Engpässe sind in zahlreichen Lieferketten von Konkurrenten und Zulieferern abzusehen.

E-Auto-Produktion von Strafzahlungen getrieben

Dabei haben es die Hersteller bewusst eilig. Von CO2-Limitierungen in die Enge getrieben, ergreifen die Autobauer viele Maßnahmen, um Strafzahlungen zu entfliehen. Schnellstens muss also die Produktion von Elektroautos auf Hochtouren laufen, um den empfindlichen Ausgaben zu entfliehen. Zeitgleich ist die Nachfrage nach Elektroautos getrieben von Sonderangeboten, Leasingmöglichkeiten und staatlichen Subventionen. Bis sich die Investitionen in die neue Technologie lohnen, dauert noch. Wie sich batteriebetriebene Autos auf dem Markt behaupten können, wenn E-Fuels oder die Brennstoffzelle für den Tank eines Verbrenners funktionieren, steht auf einem anderen Papier.

In der Geschwindigkeit der Entwicklungen sind bisher alle europäischen Hersteller ins Straucheln gekommen, auch in den USA ist von Stabilität nichts mehr zu spüren. Das zum Großraumproblembezirk verkommene Detroit spricht für sich. Und das ist nur die Ausgangslage, auf der General Motors und Ford gerade auch noch Corona ausschwitzen müssen. Die Konzernumbauten sind jedoch auf allen Seiten von Sparkursen und digitalisierter Automation gekennzeichnet. Letztere kommt zwar langfristig günstiger, sorgt aber für schwindende Beschäftigung im Sektor. Hinzu kommt die Zusammenlegung der Entwicklungsabteilungen durch Megafusionen, die auch an der Identität mancher Marke kratzt.

Wall Street und Kreml drücken den Notschalter

Und doch: Der 9. März 2020 geht als schwarzer Montag in die Geschichtsbücher ein. Schon zum Marktstart der New Yorker Börse stürtzt der Dow Jones derart ab, dass der Handel für 15 Minuten ausgesetzt wurde. Der sogenannte Circuit-Breaker verhinderte den Fall ins Bodenlose, konnte aber keine Schäden mehr ausgleichen. Der Ölpreis fiel am Montag um etwa 30 Prozent. Putin hatte einer gewünschten Drosselung der Ölförderung durch die Opec nicht zugestimmt und Saudi-Arabien verkaufte daraufhin Öl zu Dumpingpreisen an China. Der Kreml setzte den Kauf von Fremdwährungen für 30 Tage aus, um den fallenden Rubel vor einem Absturz zu schützen. Deutsche Automobilkonzerne, darunter BMW und Daimler landeten zweistellig im Minus, der DAX musste zeitweise acht Prozent ins Negative stürzen.

Die Automobilindustrie ist von einer Reihe Faktoren abhängig, die durch die Globalisierung an Komplexität zugenommen haben. Durch das zusätzliche Wettrennen um den besten alternativen Antrieb sind den Joint Ventures keine Grenzen gesetzt. Kein Startup zu unseriös, um es nicht doch in die Entwicklung einzugliedern. Selbst vollautonome Robotaxis, für die aktuell in keiner Großstadt weltweit eine zwingende Notwendigkeit besteht, wurden tapfer erforscht, bezahlt und nun bei manchem Hersteller vorerst in die Ecke gelegt.

Je nach Ausgang der Corona-Krise könnten Jobs gestrichen, Firmen insolvent gemeldet und private Immobilienkredite nicht bedient werden. Mit einer steigenden Nachfrage nach Neuwagen ist vor dem Hintergrund der weltwirtschaftlichen Aufräumarbeiten vermutlich nicht zu rechnen. Auch die Lieferzeiten können dauern. So rücken auch wichtige Trendwenden bei den Umsätzen der Hersteller und Zulieferer in weite Ferne. Das stellt natürlich gerade kleine Unternehmen schnell vor Existenzängste, größere Konzerne federn das zumindest langsamer ab.

Notfallpaket lockert Kurzarbeitsregeln

Die Politik hat das schnell erkannt und wird am Mittwoch ein Notfallpaket auf den Weg bringen. Als Reaktion auf die Situation arbeitet der Bund bereits erweiterte Regeln zur Kurzarbeit aus, um Unternehmen schneller wieder zu Kräften kommen zu lassen. Sozialbeiträge für ausgefallene Arbeitsstunden sollen ab April voll ersetzt werden. 60 Prozent des ausgefallenen Nettolohns zahlt die Bundesagentur für Arbeit. Ein milliardenschweres Zusatzpaket soll zudem das Wirtschaftswachstum ankurbeln. Zeitgleich stehen laut einer Studie von Deloitte 3,3 Milliarden CO2-Strafzahlungen für die Automobilindustrie auf dem Plan.

Fusionen und Hypes

Fusionen sind gerade wieder ein Trend. Aktuell kommen sich PSA und Fiat Chrysler näher mit einem riesigen Markenkonglomerat. Nun sind nur noch wenige eigenständige Automobilkonzerne existent, was den Wettbewerb neu aufmischt. Sich gegenseitig unter die Arme greifen, mehr mit weniger schaffen – das ist die Überlebensstrategie in einer Wirtschaftswelt, die Tesla einen höheren Börsenwert zuspricht wie Volkswagen. 367.500 Fahrzeuge lieferte die Fabrik von Elon Musk im letzten Jahr aus. Solche Zahlen schafft Volkswagen in weniger als 14 Tagen.

Jetzt Newsletter abonnieren

Verpassen Sie nicht unsere besten Inhalte

Mit Klick auf „Newsletter abonnieren“ erkläre ich mich mit der Verarbeitung und Nutzung meiner Daten gemäß Einwilligungserklärung (bitte aufklappen für Details) einverstanden und akzeptiere die Nutzungsbedingungen. Weitere Informationen finde ich in unserer Datenschutzerklärung.

Aufklappen für Details zu Ihrer Einwilligung

(ID:46405573)