Zulieferer Deal mit BMW: ZF fährt Milliardenauftrag für Getriebe ein
Es ist der größte Auftrag in der Firmenhistorie: In den kommenden Jahren liefert ZF Friedrichshafen Achtgang-Automatikgetriebe an BMW. Der Vertrag hat ein Volumen in zweistelliger Milliardenhöhe. Der Zulieferer hat am Donnerstag auch seine Geschäftszahlen präsentiert.
Anbieter zum Thema

Einige Automobilzulieferer hatten zuletzt kaum Positives über ihr Geschäftsjahr zu verkünden: Bei Schaeffler, Mahle, Leoni oder Osram läuft es gerade nicht rund, teils streichen die Unternehmen Hunderte Stellen und präsentierten Sparpläne. Die Kollegen vom Bodensee hingegen konnten auf ihrer Jahrespressekonferenz nicht weniger als einen Rekordauftrag vermelden: BMW beauftragt ZF Friedrichshafen mit Achtgang-Automatikgetrieben, der Vertrag ist milliardenschwer. Darin enthalten sind auch Hybridgetriebevarianten.
Das untermauert die stetigen Plädoyers von ZF-Chef Wolf-Hennig Scheider für die Hybridtechnik: In den vergangenen Monaten hatte er immer wieder einen „Volkshybrid“ gefordert und sich sogar mit VW-Chef Herbert Diess angelegt, der kategorisch auf rein batteriebetriebene Fahrzeuge setzt. Zu teuer, findet Scheider. Das neue Achtgang-Automatikgetriebe sei jedoch noch nicht der vielbeschworene „Volkshybrid“: „Daran arbeiten wir parallel“, sagte der ZF-Chef am Donnerstag.
:quality(80)/images.vogel.de/vogelonline/bdb/1495600/1495610/original.jpg)
Automobilzulieferer ZF
ZF-Chef Scheider: „Hybridtechnik braucht mehr Aufmerksamkeit“
Eine genauere Summe des Deals gebe es nicht, weil die „Laufzeit und Abnahmemenge an die Entwicklung des Fahrzeugmarktes gekoppelt seien“, sagt Stephan von Schuckmann, der die Antriebssparte bei ZF leitet, gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.
Deutlich mehr Hybridantriebe geplant
Der Münchner Automobilhersteller wolle seinen Anteil an Hybrid- und Plug-in-Hybriden mit einer elektrischen Reichweite von mehr als 100 Kilometern in den Modellen mit der bisherigen Achtgang-Automatik von aktuell fünf auf bis zu 50 Prozent hochschrauben – vor allem, um die weiter steigenden Abgasgrenzwerte einzuhalten. ZF-Chef Scheider im Hinblick auf die strengen CO2-Ziele im Jahr 2030: „Für den Endverbraucher wird die individuelle Mobilität teurer.“
Die vierte Generation von ZFs Achtgang-Automatik: Strom im Getriebe
„8HP“: Unter diesem Kürzel vertreibt ZF sein Achtgang-Wandler-Getriebe. Kaum eine andere Übersetzung arbeitet so schnell, so unauffällig, so geschmeidig. Seit der Premiere vor zwölf Jahren im 7er BMW hat das Friedrichshafener Unternehmen das Getriebe bereits in zweistelliger Millionenauflage verkauft – unter anderem an VW, Aston Martin, Honda und Fiat-Chrysler.
Die Technik wurde im Laufe der Zeit kontinuierlich verbessert, gerade erst ist die Produktion der dritten Generation angelaufen. Die wird für die zahlreichen chinesischen Kunden wie Great Wall, BAIC, Brilliance oder Dongfeng künftig, neben den Werken in Saarbrücken und Gray Court (USA), auch vor Ort in Shanghai gefertigt. Im Jahr 2022 soll dann die optimierte vierte Generation starten.
:quality(80)/images.vogel.de/vogelonline/bdb/1541900/1541975/original.jpg)
Automobilzulieferer
Wie ZF noch stärker in China lokalisieren will
Überzeugt haben dürfte die Entscheidungsträger in der BMW-Zentrale – neben der Performance-Steigerung um 14 Prozent und dem nochmals leicht reduzierten Verbrauch – vor allem die verbesserte Elektrifizierung des neuen 8HP-Getriebes: Schon jetzt ist die Automatik Hybrid-tauglich, zukünftig aber wandert die bislang außerhalb platzierte Leistungselektronik in das Getriebegehäuse, ohne dass der Platz eingeschränkt wird. Der Autohersteller braucht also weniger Bauraum, und der ist bekanntlich stark begrenzt.
Auch der von ZF selbst produzierte Elektromotor ist direkt in das Getriebegehäuse integriert und hat deutlich zugelegt: Die elektrische Spitzenleistung liegt jetzt bei 160 kW/218 PS und wurde damit fast verdoppelt. Je nach angeschlossener Batterie eignet sich das Getriebe für 48-Volt-Mildhybride (MHEV), die die elektrische Energie vor allem zum Boosten nutzen, genauso wie für Starkstrom-Plug-in-Versionen (PHEV), die dank größerer Batterie eine gewisse Strecke rein elektrisch fahren können. „Den Plug-in-Hybrid sehen wir mindestens bis Ende des nächsten Jahrzehnts als eine attraktive Technologie“, sagte Scheider bei der Jahrespressekonferenz.
ZF und BMW: Viel Flexibilität für die Münchener
Daneben bietet ZF das 8HP weiterhin als konventionellen Wandler an. Vorteil für die Hersteller: ZF ermöglicht ihnen größtmögliche Flexibilität. Da derzeit niemand absehen kann, wie schnell die Elektrifizierungswelle voran schwappt, dürfte die Möglichkeit, die Bestellmenge bedarfsgerecht und relativ kurzfristig zwischen den drei Varianten zu verschieben, auch BMW überzeugt haben. In welchem Auto die neuste Automatik-Generation ihr Debüt gibt, steht derzeit noch nicht fest. Nach seinem Facelift in diesem Jahr könnte in drei Jahren allerdings wieder das Flaggschiff 7er als erstes damit kommen.
ZF-Chef Scheider: „Wird kein einfaches Jahr für die Automobilindustrie“
ZF Friedrichshafen hat am Donnerstag auch seine Geschäftszahlen präsentiert. Der vergleichsweise starke Euro hat den Automobilzulieferer gebremst. Die Erlöse seien 2018 um 1,3 Prozent auf 36,9 Milliarden Euro gestiegen, sagte Vorstandschef Scheider am in Friedrichshafen am Bodensee. Dabei seien aber starke Währungseffekte spürbar gewesen – ebenso wie der Verkauf des Geschäftsbereichs Fahrzeugbediensysteme. Aus eigener Kraft sei der Umsatz um rund sechs Prozent gewachsen. Durch einen starken Euro werden Exporte im Nicht-EU-Ausland teurer, was sich auf die Nachfrage dort niederschlagen kann. Zudem fallen im Ausland erzielte Erlöse bei der Umrechnung in Euro geringer aus.
Der operative Gewinn (bereinigtes Ebit) lag 2018 mit 2,1 Milliarden Euro unter Vorjahresniveau (2,3 Milliarden). Der Gewinn unterm Strich ging von knapp 1,2 Milliarden Euro im Vorjahr auf rund 965 Millionen Euro zurück. Auch hier hätten sich unter anderem der starke Euro sowie gestiegene Materialpreise bemerkbar gemacht, sagte Finanzvorstand Konstantin Sauer. Das Budget für Forschung und Entwicklung hat der Zulieferer um elf Prozent nach oben geschraubt, bereinigt seien das 2,5 Milliarden Euro (Vorjahr: 2,2 Mrd. Euro). 17.000 Mitarbeiter seien weltweit in F&E-Projekten tätig.
Für das laufende Geschäftsjahr 2019 rechnet ZF-Chef Scheider in einem weiter angespannten Marktumfeld mit einem leichten Wachstum: „Das wird sicher kein einfaches Jahr für die Automobilindustrie.“
:quality(80)/images.vogel.de/vogelonline/bdb/1539000/1539046/original.jpg)
Antriebstechnik
Gastkommentar: Wir brauchen den Hybridantrieb
Mit Material von Spotpress und dpa
(ID:45846567)