Die amerikanischen Behörden beobachten Volkswagen schon seit 2014. Doch dem Unternehmen gelang es trotz Nachbesserung nicht, die Emissionswerte einzuhalten. Schließlich fiel es um und enthüllte seine Software-Tricks.
Mit Software-Tricks verbesserte Volkswagen die Abgasemissionen seiner TDI-Motoren auf dem Prüfstand – der reale Ausstoß kann deutlich höher liegen.
(Foto: Volkswagen)
VW-Modelle für den amerikanischen Markt stoßen bis zu 40 Mal so viel Stickoxide aus wie erlaubt. Um trotzdem eine Zulassung zu bekommen, nutzte der Hersteller eine Software zur Prüfstandslauf-Erkennung, die im speziellen Fahrzyklus der amtlichen Prüfung auf einen schadstoffärmeren Betrieb umschaltete. Für Fachleute ist die Tatsache, dass moderne Diesel Schwierigkeiten mit dem Einhalten der Stickoxid-Grenzwerte haben, nicht überraschend. Verbraucherschutzorganisationen wie der ADAC und Umweltverbände kritisieren dies schon lange und haben auch bei europäischen Modellen vielfach überhöhte Messwerte nachgewiesen. Neu ist an der Causa VW, dass eine Regierung überschrittene Grenzwerte so unnachgiebig ahndet wie nun die US-amerikanische. Auch wenn die tatsächliche Strafzahlung weit unter den maximal möglichen 18 Milliarden Dollar liegen dürfte.
VW hatte bereits auf SCR-Kat umgestellt
In den USA gelten für Dieselautos die gleichen Schadstofflimits wie für Benziner – anders als in Europa, wo die Selbstzünder selbst unter der strengen Euro 6 noch 33 Prozent mehr Stickoxide produzieren dürfen. Entsprechend schwer ist es für die Automobilhersteller, diese Limits einzuhalten. Vor allem die wenig effiziente Technik des NOx-Speicherkatalysators stößt hier an ihre Grenzen. Deshalb hat VW diesen bei seinen amerikanischen Modellen – auch den nun in der Kritik stehenden Kompaktmodellen Golf, Jetta, Beetle, Passat sowie dem Audi A3 – durch das leistungsfähigere SCR-System ersetzt (Selective Catalytic Reducation). Trotzdem gelang es dem Hersteller nicht, den Anforderungen der amerikanischen Behörden gerecht zu werden. Trotz einer Nachbesserung (siehe unten) blieben die Emissionswerte bei den Vierzylinder-Dieseln zu hoch.
Probleme drohen auch in Europa
Das Beispiel VW zeigt, dass auch die strengsten Gesetze nur dann einen Sinn haben, wenn sie behördlicherseits nachgeprüft und mit Sanktionen durchgesetzt werden. Davon ist Europa noch weit entfernt: Obwohl auch hier längst bekannt ist, dass Dieselfahrzeuge, aber auch Benziner, im realen Fahrbetrieb deutlich mehr Schadstoffe ausstoßen als erlaubt, tut niemand etwas. Zwar steht ab 2017 mit den so genannten Real Driving Emissions (RDE) ein Instrument zur Verfügung, mit dem die Abgasemissionen von Kraftfahrzeugen im realen Fahrbetrieb bewertet werden können. Doch über eventuelle Strafmaßnahmen für Hersteller, deren Autos überhöhte Werte aufweisen, ist noch nichts bekannt. Dabei kommt ebenfalls ab 2017 mit dem neuen Testprozedere WLTP eine weitere Herausforderung auf die Dieselautos zu. Mit der stärkeren Dynamik und dem insgesamt höheren Geschwindigkeitsniveau des neuen Fahrzyklus steigen auch die Abgasemissionen – vor allem von Stickoxid. Der ADAC und das ICCT haben bereits aktuelle Fahrzeuge nach den WLTP-Regularien getestet. Das Ergebnis: Je nach Marke lagen die ermittelten Werte bis zu 15 Mal höher als die Grenzwerte.
Volkswagens untaugliche Nachbesserungen
Ganz überraschend kam das Untersuchungsergebnis der US-amerikanischen Behörden freilich nicht auf den deutschen Hersteller zu. Bereits im Jahr 2014 hatte das ICCT die amerikanische Umweltbehörde EPA auf die hohen Emissionswerte des Vierzylinder-TDI hingewiesen. Der Hersteller hatte daraufhin eigene Tests durchgeführt, um die technischen Gründe für diese Probleme zu identifizieren. Daraufhin löste VW einen freiwilligen Rückruf seiner Dieselfahrzeuge von Baujahr 2009 bis 2014 aus, der sowohl die Generation 1 (mit Speicherkat) als auch die Generation 2 (mit SCR-Kat) betraf. Ein Software-Update sollte die unzureichende Arbeit der Abgasreinigung beheben – tat dies aber offenbar nicht.
Ein Nachtest des California Air Resources Board im Mai 2015 zeigte, dass die NOx-Emissionen immer noch deutlich höher lagen als erwartet. Nach Angaben der kalifornischen Umweltbehörde hatte der Hersteller zwar die Einspritzmenge des Reaktionsmittels in den SCR-Kat erhöht, allerdings half das nicht, die Probleme zu lösen. Weitere Untersuchungen folgten – auch an den neuen Fahrzeugen mit dem SCR-Abgassystem der Generation 3. Schließlich knickte der Hersteller den amerikanischen Behörden gegenüber ein und gab zu, dass eine spezielle Software in den Fahrzeugen verwendet wurde, die eine volle Funktion der Abgasreinigung nur während eines Prüfstandslaufs zuließ und die in den Zertifizierungsunterlagen nicht erwähnt war.