Elektromobilität E-Fahrzeuge: Deutschland bleibt ein schwieriger Markt
Eine aktuelle Absatzanalyse zeichnet für die weltweite Elektromobilität ein durchwachsenes Bild. Deutschland enttäuscht trotz finanzieller Anreize. Vor allem die Reichweite bleibt ein Problem, das laut einer weiteren Studie aber lösbar ist – wenn das Gewicht der Batterien sinkt.
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Das Center of Automotive Management (CAM) hat erneut den Absatz von Elektrofahrzeugen (BEV, PHEV) analysiert. Dabei zeigt sich laut den Experten bis einschließlich August 2016 in den wichtigen Automobilmärkten nur ein durchwachsenes Bild. CAM geht davon aus, dass das globale Wachstum der Elektromobilität weiterhin vor allem vom chinesischen Markt getrieben wird, während das Wachstum in anderen Märkten nur langsam voranschreitet. So wurden allein in den ersten acht Monaten des Jahres 2016 in China rund 240.000 E-Autos (New Energy Vehicles (NEV), inkl. Pkw, Busse etc.) abgesetzt. Das kommt einer Verdopplung (+123 Prozent) der E-Auto Neuzulassungen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gleich. Der Marktanteil dieser Fahrzeuge stieg auf 1,7 Prozent.
In China sind die Marktführer im E-Autosegment die Modelle Tang und Qin des heimischen Herstellers BYD sowie die Modelle E-Series EV von BAIC und Roewe e550 von SAIC. Insgesamt wird der E-Markt bislang vor allem von Modellen dortiger OEMs dominiert: In den Top-20 findet sich als erster ausländischer Hersteller nur Tesla mit dem Model S auf Rang 19.
Tesla: Marktführer in den USA
In den USA sind laut der CAM-Analyse die Neuzulassungen von Elektroautos im Vergleich zum Vorjahreszeitraum 2015 um 30 Prozent gestiegen. Mehr als 93.000 E-Fahrzeuge wurden hier zwischen Januar und August 2016 verkauft, wobei rund 50.000 batterieelektrische Fahrzeuge (BEV) abgesetzt werden konnten (+11 Prozent). Marktführer ist Tesla, auf deren Modelle S und X mehr als die Hälfte der Verkäufe entfallen, gefolgt von Nissan Leaf mit 16 Prozent und BMW i3 mit 11 Prozent sowie Volkswagen eGolf mit rund 5 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr legen die Plug-in Hybride nach Zahlen der Branchenkenner deutlich stärker zu (+64 Prozent). Grund dafür sind vor allem die Zuwächse durch den Chevrolet Volt und den Ford Fusion Energi.
In Europa setzt Norwegen seine Sonderrolle fort und kommt in den ersten acht Monaten 2016 auf mehr als 28.000 Elektrofahrzeuge (+37 Prozent, inkl. Brennstoffzelle). Großbritannien legt wie schon im Vorjahr deutlich zu und setzt im gleichen Zeitraum rund 24.000 E-Fahrzeuge ab, fast ein Drittel mehr als im Vergleichszeitraum des letzten Jahres. Auch hier sorgt vor allem der relativ hohe Anteil neuzugelassener Plug-in Hybride (+41 Prozent) für das große Wachstum. In Frankreich erhöhen sich ebenfalls die E-Auto Neuzulassungen deutlich auf 19.035 (+45 Prozent). Dabei machen BEVs 75 Prozent der Elektroautoverkäufe aus, während auf Plug-in Hybride 25 Prozent entfallen.
Die Kaufprämie ist verpufft
Für Deutschland zieht CAM 2016 eine ernüchternde E-Auto Bilanz: In den ersten acht Monaten steht trotz Förderprämie hier nur ein Plus von 8 Prozent auf 14.013 Elektrofahrzeugen. Dabei legen nur die Plug-in Hybride auf rund 7.976 Fahrzeuge zu (+23 Prozent), während mit 6.037 Neuzulassungen die reinen Elektrofahrzeuge (BEV) bislang sogar zum Vorjahreszeitraum einen rückläufigen Trend aufweisen (-6,5 Prozent). Daran können bislang auch die Anträge auf Förderprämie nichts ändern: Nach 2 Monaten wurden nur 3.027 Anträge gestellt, wobei zwei Drittel der Anträge auf reine Elektrofahrzeuge entfallen. Unter den BEV sind dabei der Renault Zoe mit 671 sowie der BMW i3 mit 559 Anträgen noch am stärksten nachgefragt.
Studienleiter Stefan Bratzel ordnet diese Entwicklung ein: „Insgesamt bestätigen sich die Befürchtungen, dass die Kaufprämie für Elektroautos nahezu wirkungslos verpuffen wird. Das Instrument basiert auf der Annahme eines preislich bedingten Nachfrageproblems, das vermeintlich durch eine Prämie beseitigt werden könnte. Tatsächlich leidet die E-Mobilität unter komparativen Wettbewerbsnachteilen, vor allem unter dem Problemkomplex Reichweite-Infrastruktur-Preis.“ Entsprechend müsse laut Bratzel zunächst das Batteriereichweiten- und Ladeinfrastrukturdefizit gelöst werden. Dadurch könne die Kundenakzeptanz und Nachfrage gesteigert werden.
Positiver Ausblick bis 2030
Für die nächsten 10 bis 15 Jahre rechnet das CAM aufgrund der technologischen Anstrengungen der Hersteller und des zu erwartenden regulatorischen Umfelds trotzdem mit einer deutlichen Steigerung. Danach werden die globalen Neuzulassungen von E-Autos im Jahr 2020 zwischen 2,5 Prozent (konservativ) und 5 Prozent (optimistisch) liegen, danach aber dynamisch steigen. Im Jahr 2025 wird im optimistischen CAM-Szenario mit rund 15 Prozent beziehungsweise 14 Millionen jährlich neu zugelassenen Elektro-Pkw gerechnet. Diese könnten danach bis zum Jahr 2030 auf 30 Prozent beziehungsweise 30 Millionen elektrisch angetriebenen Pkw steigen.
Das von CAM angeführte Reichweitenproblem wurde auch in einer Studie der Managementberatung Horváth & Partners thematisiert. Dort wird vor allem das derzeit hohe Gewicht der Batterien als bremsender Faktor für die Reichweite angeführt. Die Erhebung besagt, dass ein durchschnittliches rein batteriebetriebenes Elektrofahrzeug laut Herstellerangaben momentan rund 15 Kilowattstunden (kWh) braucht, um 100 Kilometer weit zu fahren. Um die benötigte Energie zu speichern, ist laut Horváth & Partners eine Batterie von rund 160 Kilogramm notwendig. Die Berater errechnen diesen Wert, indem sie die Herstellerangaben normieren und mit den jährlichen Verkaufszahlen von Elektrofahrzeugen gewichten.
Preise sinken, das Gewicht nicht
Aktuelle Elektromodelle tragen Batteriegewichte zwischen 200 und 300 Kilogramm in sich, das reichweitenstärkste Modell, der Tesla Model S, kommt auf ein Batteriegewicht von rund 750 Kilogramm und somit auf Reichweiten um die 500 Kilometer.
Während auf der einen Seite der Preis für Elektrobatterien in den letzten Jahren deutlich gesunken ist, hat sich aber das benötigte Gewicht kaum verändert. Die Schlüsselkennzahl, Wattstunde pro Kilogramm (Wh/kg), lag bei den Modellen aus dem Jahr 2012 bei 86. Bis 2015 hat sich der durchschnittliche Wert aller in Deutschland neu zugelassenen Modelle laut der Managementberatung auf 94 Wh/kg verbessert. Das ist ein Plus von gerade einmal 10 Prozent.
Hoffnung auf technologische Sprünge
„Würde sich die Anzahl Wattstunden je Kilogramm Batterie so entwickeln wie in den letzten drei Jahren, dann wäre ein durchschnittlicher Stromer 2020 mit einer Batterie ausgestattet, die 105 Wh/kg leistet“, so Studienleiter Dr. Oliver Greiner, Partner bei Horváth & Partners. „Ein heutiges durchschnittliches Elektrofahrzeug würde, um 100 Kilometer weit zu fahren, rund 145 Kilogramm einer solchen Batterie benötigten – statt den aktuellen 160 Kilogramm. Ein kaum nennenswerter Unterschied und kein wirklich starker Impuls für den Durchbruch der Elektromobilität in Deutschland“, so Dr. Greiner weiter.
Es ist laut der Studie aber zu erwarten, dass es hier in den kommenden Jahren zu größeren Veränderungen kommt. Schon die aktuell vorherrschende Lithium-Ionen-Technologie könnte laut Experten Energiedichten bis etwa 300 Wh/kg erreichen. Darüber hinaus wird weltweit nach Alternativen gesucht. Neue Zelltechnologien entstehen beispielsweise auf der Basis von Lithium-Schwefel-Batterien, Natrium-Ionen-Batterien oder Festkörperbatterien. Im August dieses Jahres berichtete das Massachusetts Institute of Technology (MIT) von neu entwickelten Lithium-Metall-Batterien, welche die doppelte Energiedichte im Vergleich zu Lithium-Ionen-Akkus aufweisen und damit bei gleichem Gewicht doppelt so lange halten, d. h. mit einer Ladung die doppelte Reichweite ermöglichen.
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