Urteil EuGH senkt Hürden für Schadensersatz-Klagen von Diesel-Käufern

Quelle: dpa Lesedauer: 2 min

Wer ein Auto mit unzulässiger Abgastechnik hat, kann künftig leichter Schadensersatz verlangen als bisher. Für die Autohersteller ein empfindlicher Schlag. Droht nun eine neue Klagewelle?

Um das EuGH-Urteil abzuwarten, hatten Gerichte aller Instanzen massenhaft Diesel-Verfahren auf Eis gelegt.
Um das EuGH-Urteil abzuwarten, hatten Gerichte aller Instanzen massenhaft Diesel-Verfahren auf Eis gelegt.
(Bild: Gerichtshof der Europäischen Union)

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) senkt die Hürden für Schadensersatz-Klagen von Diesel-Käufern bei unzulässiger Abgastechnik. Die Autohersteller könnten auch dann haften, wenn sie ohne Betrugsabsicht einfach nur fahrlässig gehandelt hätten, urteilten die Luxemburger Richter am Dienstag (21. März) in einem Mercedes-Fall.

Das könnte große Auswirkungen auf die deutsche Rechtsprechung haben. Denn beim Bundesgerichtshof (BGH) hatten Kläger bisher nur dann eine Chance auf Schadensersatz, wenn sie vom Hersteller bewusst und gewollt auf sittenwidrige Weise getäuscht wurden. Diese strengen Kriterien wurden bislang nur beim EA189 von VW erfüllt. Dem EuGH genügt nun fahrlässiges Handeln – was sich leichter nachweisen lässt.

Vorgaben müssen nun in Deutschland umgesetzt werden

Mercedes gab sich nach dem Urteil gelassen: „Mercedes-Benz-Fahrzeuge, die von einem Rückruf betroffen waren oder sind, können nach entsprechenden Software-Updates dauerhaft weiter uneingeschränkt genutzt werden. Wie nationale Gerichte die Entscheidung des EuGH in Bezug auf das nationale Recht anwenden werden, bleibt abzuwarten“, teilte der Autohersteller am Dienstag nach dem Urteil mit.

Der Schadenersatzanspruch bestehe aber nur, soweit die Abschalteinrichtung bei der Abgasreinigung unzulässig und dem Käufer tatsächlich ein Schaden entstanden sei, so der EuGH. Ob die Abschalteinrichtung, hier ein sogenanntes Thermofenster von Mercedes, gegen das Gesetz verstößt, hat der Gerichtshof nicht entschieden. Das müssen deutsche Gerichte klären.

Die Richter in Deutschland müssen zudem jetzt die neuen Vorgaben umsetzen. Um das EuGH-Urteil abzuwarten, hatten Gerichte aller Instanzen massenhaft Diesel-Verfahren auf Eis gelegt, bei denen es auf diese Frage ankommt. Allein beim BGH sind im Moment mehr als 1.900 Revisionen und Nichtzulassungsbeschwerden anhängig, die deutliche Mehrzahl war wegen des EuGH-Verfahrens erst einmal zurückgestellt worden.

Der „Dieselsenat“ des BGH hat für den 8. Mai bereits eine Verhandlung terminiert, in der er die sich „möglicherweise ergebenden Folgerungen für das deutsche Haftungsrecht“ erörtern will, um den unteren Instanzen möglichst schnell Leitlinien an die Hand zu geben. Denn mit dem EuGH-Urteil sind noch längst nicht alle Fragen geklärt. Offen ist zum Beispiel, wie viel Geld betroffenen Autokäufern zusteht.

Thermofenster als Auslöser des Verfahrens

Hintergrund des Verfahrens war eine Schadensersatz-Klage aus Deutschland gegen Mercedes wegen eines sogenannten Thermofensters. Thermofenster sind Teil der Motorsteuerung – sie drosseln bei niedrigeren Temperaturen die Abgasreinigung. Die Hersteller argumentieren, das sei notwendig, um den Motor zu schützen.

Umweltorganisationen sehen darin hingegen ein Instrument, das dabei hilft, die Emissionen von Autos unter Testbedingungen kleiner erscheinen zu lassen, als sie es im realen Straßenverkehr sind. Der EuGH erachtet diese Thermofenster nur in sehr engen Grenzen als zulässig.

Thermofenster wurden auch von anderen Herstellern standardmäßig eingesetzt. Da sich das EuGH-Urteil auf unzulässige Abschalteinrichtungen allgemein bezieht, könnte es auch auf andere Funktionen in der Abgastechnik von Diesel-Fahrzeugen übertragbar sein, die derzeit von Gerichten geprüft werden.

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