Luftqualität in Städten Gericht vertagt Entscheidung über Fahrverbote
Millionen Autofahrer müssen weiter warten: Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat seine Entscheidung über mögliche Diesel-Fahrverbote für bessere Luft in Städten vertagt. Der 7. Senat will sein Urteil erst am 27. Februar verkünden.
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Es bleibt spannend: Erst am nächsten Dienstag will das Bundesverwaltungsgericht verkünden, ob Diesel-Fahrverbote nach geltendem Recht zulässig sind, wie der Vorsitzende Richter, Andreas Korbmacher, am Donnerstag (22. Februar) mitteilte. Das sogenannte Rechtsgespräch habe deutlich länger gedauert als vorgesehen. Zunächst war für Donnerstag bereits eine Entscheidung erwartet worden. Ein Urteil könnte bundesweit eine Signalwirkung haben.
Auch in den ersten sechs Wochen dieses Jahres wurden die Grenzwerte für Stickstoffdioxid-Belastungen in vielen Städten überschritten, wenn auch nicht so schlimm wie im Vorjahreszeitraum. Nach Angaben des Umweltbundesamtes (UBA) bezieht sich der Grenzwert von 40 µg/m3 (Mikrogramm pro Kubikmeter) auf ein Jahresmittel des gesamten Kalenderjahres. Zum jetzigen Zeitpunkt sei daher eine Prognose noch nicht möglich.
In dem rund vierstündigen „Rechtsgesprächs“ ging es zunächst um Fragen des EU-Rechts, des Bundesimmissionsschutzgesetzes und der Straßenverkehrsordnung. Erörtert wurde auch, ob mögliche Fahrverbote verhältnismäßig wären oder zu Lasten von Diesel-Fahrer gingen, die dafür nichts könnten. Außerdem wurde die Frage beleuchtet, ob Fahrverbote in Städten überhaupt kontrollierbar wären.
Braucht es neue, bundeseinheitliche Regelungen?
Im Mittelpunkt der Verhandlung stand die Frage, ob Städte Fahrverbote für Dieselfahrzeuge nach geltendem Recht eigenmächtig anordnen können - oder ob es neue, bundeseinheitliche Regelungen geben muss, um Schadstoff-Grenzwerte einzuhalten.
Seit Jahren werden in vielen Städten Schadstoff-Grenzwerte nicht eingehalten. Dabei geht es um Stickoxide, die als gesundheitsschädlich gelten. Der Verkehr, dabei vor allem Dieselautos, trägt nach Angaben des Umweltbundesamts rund 60 Prozent zur Belastung mit Stickoxid bei.
In Leipzig wurde über eine sogenannte Sprungrevision der Länder Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen gegen Urteile der Verwaltungsgerichte in Stuttgart und Düsseldorf verhandelt. Diese hatten nach einer Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) die Behörden verpflichtet, ihre Luftreinhaltepläne so zu verschärfen, dass Schadstoff-Grenzwerte möglichst schnell eingehalten werden.
Urteil mit Signalwirkung
Sollte das Bundesverwaltungsgericht die Revisionen zurückweisen, könnte dies politisch äußerst folgenreich sein. Die Richter in Leipzig würden damit faktisch Fahrverbote für zulässig erklären. Ob es diese dann auch gibt, liegt an den Städten und Bezirksregierungen.
Der Vorsitzende Richter sagte, es gehe in der Verhandlung darum, ob Fahrverbote nach geltendem Bundesrecht zulässig sind. Es gehe nicht darum, die vielfältige Problematik des Diesel zu betrachten.
Die Länder sind der Auffassung, das Bundes-Immissionsschutzgesetz gebe Ländern und Städten keine ausreichende Möglichkeit, Fahrverbote eigenständig anzuordnen. Der Anwalt der DUH vertrat die Ansicht, dass Fahrverbote nach geltendem Recht möglich seien
Fahrverbote elektronisch kontrollieren
Der Auto-Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer hält eine Kontrolle möglicher Diesel-Fahrverbote in Städten auch ohne Plaketten für machbar. Auch seien keine Polizisten notwendig, um Fahrverbote durchzusetzen, sagte der Professor an der Universität Duisburg-Essen am Donnerstag.
Stattdessen reiche eine Software, mit deren Hilfe die Kennzeichen der Autos gescannt werden: „Statt eines Polizisten steht dort ein Automat.“ Die Frage sei nur, ob dies rechtlich möglich sei.
Zuvor hatte sich Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) erneut für eine Lösung mit Plaketten ausgesprochen. Plaketten seien kontrollierbar, mit wenigen Schildern umsetzbar, und sie führten in ganz Deutschland zu gleichen Spielregeln. Die Polizeigewerkschaften hatten gewarnt, mögliche Fahrverbote in deutschen Städten seien wegen fehlender Kontrolle und zu dünner Personaldecke nicht durchzusetzen. Denkbar seien bestenfalls Stichproben.
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