Direktverschraubung Hüterin der Stabilität

Von Andreas Wollny Lesedauer: 3 min

Zu den Herausforderungen der Mischbauweise gehört es, unterschiedliche Werkstoffe prozesssicher zu fügen. Gerade bei Bauteilverbindungen in crashrelevanten Komponenten punktet ein Direktverschraubungssystem, das sich von der konventionellen Geometrie absetzt.

Für unterschiedliche Werkstoffe: Die b&m-HIGHLOAD-Schraube fühlt sich in hochfestem Stahl und zähweichem Aluminium gleichermaßen wohl.
Für unterschiedliche Werkstoffe: Die b&m-HIGHLOAD-Schraube fühlt sich in hochfestem Stahl und zähweichem Aluminium gleichermaßen wohl.
(Bild: b&m/Rüdiger Dunker)

Schrauben sind im Automobilbau die gängigsten Verbindungselemente. Allein 250 sicherheitsrelevante Verschraubungen kommen nach Expertenangaben in einem modernen Mittelklassefahrzeug zum Einsatz. Zu berücksichtigen sind zudem weitere Schraubverbindungen für die Montage anderer Komponenten. An der Hauptrolle der Schraube haben auch alternative Fügeverfahren wie zum Beispiel das Kleben nichts verändert.

Schrauben punkten mit einem wesentlichen Alleinstellungsmerkmal: Sie ermöglichen prozesssichere und zerstörungsfrei lösbare Verbindungen. Dieses Konzept lässt die Schraube mit Blick auf Aspekte wie CO2-Emissionen und den Energiebedarf von der Fertigung bis zum Recycling – Stichwort: Produktlebenszeit – sogar weiter an Bedeutung gewinnen.

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Wer Schrauben intelligent einsetzt, kann in zahlreichen Baugruppen das Zusammenspiel aus Qualität, Kosteneffizienz und Ökobilanz spürbar verbessern. „Eine besondere Rolle nehmen dabei Direktverschraubungssysteme ein“, sagt Prof. Eckhard Kirchner, Leiter des Instituts für Produktentwicklung und Maschinenelemente an der TU Darmstadt. „Gewindefurchende Schrauben formen beim Eindrehen in vorgefertigte Löcher ihr Mutterngewinde selbst. Mit diesem Prinzip lassen sich nicht nur erhebliche Montage- und Fertigungskosten einsparen, sondern auch Verbindungen mit höherer Festigkeit und Belastbarkeit erzeugen.“

Marktübliche Direktverschraubungssysteme greifen Eckhard Kirchner zufolge vorwiegend auf eine sogenannte trilobulare Gewindegeometrie zurück. Das bedeutet: Der Querschnitt des Schraubengewindes weist das Profil eines stark verrundeten Dreiecks auf, was beim Einbringen des Gewindes für vergleichsweise niedrige Einformmomente sorgt.

Der Schraubenhersteller baier & michels – ein Unternehmen der Würth-Gruppe – hat in Zusammenarbeit mit Mercedes-Benz einen neuen Weg beschritten. Die zum Patent angemeldete Lösung zeichnet sich durch einen kreisrunden Gewindequerschnitt aus. „Er ermöglicht durch seine am gesamten Umfang tragende Flankenüberdeckung eine besonders große Kraftübertragung“, erklärt Olaf Ambros, Leiter Technik und Entwicklung bei b&m. Dabei verfügt die „b&m-HIGHLOAD“ genannte Schraube über eine speziell designte Formzonengeometrie. Diese begünstigt den Werkstofffluss beim Generieren des Mutterngewindes und sorgt so für niedrige Einformmomente.

Nach Angaben von Olaf Ambros überzeugt das kreisrunde System zusätzlich auf dem Gebiet der Prozesssicherheit: „Im Fokus stehen Verschraubungen, bei denen der Mutternwerkstoff eine zähweiche Aluminiumknetlegierung ist. Vor allem bei großen Einschraubtiefen neigen konventionelle Direktverschraubungssysteme schon beim Einformen des Gewindes zum sogenannten Fressen.“

Anders verhält es sich bei der „b&m-HIGHLOAD“-Schraube: Durch die Kombination aus der speziell gestalteten Formzonengeometrie und einem partiell aufgebrachten Schmierstoff werden Kaltverschweißungen zwischen Mutternwerkstoff und Schraube vermieden. Aufwendige Nacharbeiten sind nicht notwendig.

Die etwas andere Schraube

Ausgestattet mit diesen Features, kommt die Schraube in Durchmessern von M8 bis M14 und einer Länge von 16 bis 140 Millimetern vor allem für sicherheitsrelevante Bauteilverbindungen in Aluminium oder Stahl zum Einsatz. Zum Beispiel in Sitzanbindungen, wo immer wieder herkömmliche Direktverschraubungssysteme nicht in der Lage sind, den Crashtest-Vorgaben standzuhalten. Die „b&m-HIGHLOAD“ hingegen sorgt durch ihren kreisrunden Gewindequerschnitt und mit vollständig ausgeprägten Gewindeflanken für eine maximale Flankenüberdeckung – und für hohe Auszugskräfte.

Auch an der Produktionslinie sorgt die innovative Schraube nach Angaben von Olaf Ambros für positive Effekte, beispielsweise bei der Fertigung der Mercedes-Modelle C-, E-, G- und S-Klasse – inklusive deren Elektrovarianten. Da die Werker Verbindungen dort häufig mit handgeführten Geräten durchführen und dabei auf der Schwellerseite in Stahl und auf der Tunnelseite in Aluminium verschrauben, sei bei der Verwendung von nur einem Schrauber ein identischer Parametersatz für beide Bereiche enorm hilfreich.

„Die b&m-HIGHLOAD ist als Lösung für Aluminium-Stahl-Hybridanwendungen im Serieneinsatz optimal“, resümiert Olaf Ambros. Mit ihr könne man ein potenzielles Verwechslungs- und Fehlerrisiko im Montageprozess drastisch minimieren.

Gleichzeitig würden auch die Teilevielfalt und die Anzahl der Abläufe im Sinne der Kosteneffizienz reduziert. Als weitere Einsatzfelder für die Schraube nennt er den Integralträger, die Hinterachse sowie die Karosserie und die Batterieanbindung.  n

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