Neue Modelle Hyundai Nexo: Brennstoffzellen SUV mit Dampf
Neben Honda und Toyota hält aktuell allein Hyundai ernsthaft am Wasserstoffantrieb fest. Mit dem neuen Hyundai Nexo können die Koreaner an vielen Stellen punkten. Doch ist das Brennstoffzellen-SUV wirklich alltagstauglich?
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Alles nicht neu – alles schon einmal da gewesen. Die unsterbliche Brennstoffzellenbewegung schwappt alle paar Jahre über die Autoindustrie hinweg. Die Probleme geringer Reichweiten, unförmiger Tanks, Abdampfens bei längerem Parken und Fahrens bei Minustemperaturen sind mittlerweile gelöst.
Doch die größten Probleme des Wasserstoffs im Auto sind nach wie vor aktuell: Das mehr als löchrige Tankstellennetz ist an sich nicht als solches zu bezeichnen. Die nächste Hürde: Potenzielle Kunden wissen mit dem Begriff Wasserstoffauto ebenso wenig anzufangen wie mit dem Begriff Brennstoffzelle. Dabei lässt sich die Technik leicht erklären, denn der 700-bar-Tank ist nichts anderes als ein flüssiges Akkupaket. Der an der Tankstelle nachgezapfte Wasserstoff wird durch ein chemisches Verfahren während der Fahrt zu elektrischer Energie umgewandelt. Da sich der Tank in wenigen Minuten befüllen lässt, kann man auf ungewollte Kaffeepausen an Hochleistungsladegeräten verzichten. Auch der Kaltstart ist mittlerweile bei bis zu minus 30 Grad Celsius möglich.
Doch gerade der immer stärker aufkommende batterieelektrische Antrieb könnte für Modelle wie den Toyota Mirai, den Honda F-Cell oder den neuen Hyundai Nexo der Sargnagel sein. Die Autohersteller können ihre Entwicklungsmilliarden nicht in allzu viele Töpfe aufteilen und so kann man nicht auf allen Hochzeiten tanzen. Der Großteil der Gelder fließt derzeit in die Weiterentwicklung von Benzin- und Dieselmotoren. Der andere Teil wird in klassische Elektroantriebe und hier nicht zuletzt in Akkutechnik gepumpt. Da bleibt für die Brennstoffzelle selbst bei großen Konzernen nicht mehr viel übrig.
So ist es zu erklären, dass die meisten Autohersteller aus der Brennstoffzellenentwicklung weitgehend ausstiegen und diese nur noch in kleinen Teams als Mitlauf-Technologie beackern. Zuletzt verließ Mercedes der Mut, die das Mittelklasse-SUV GLC an sich schon Ende 2017 als Wasserstoffversion auf den Markt bringen wollten. Doch auch bei Daimler sieht man die Brennstoffzelle langfristig eher bei den Nutzfahrzeugen, um bei LKW mit hohen Lasten große Reichweiten realisieren zu können.
Massentaugliches Design
Etwas anders sieht es bei Hyundai aus. Die Koreaner setzen vorrangig ebenfalls auf Wasserstoff für City- und Langstreckenbusse und hatten in kleinen Portionen bereits den ix35 mit Brennstoffzelle unter Alltagsbedingungen auf eine Handvoll interessierter Kunden losgelassen. Der 4,67 Meter lange Nexo ist Versuch Nummer zwei und er verschafft sich mit dem Karosseriekleid eines SUVs vom Start weg gleich etwas Rückenwind, denn weder sind der Toyota Mirai und der Honda F-Cell visuelle Schönheiten, noch bedienen sie ein Volumensegment. Auf den ersten Blick ist der Hyundai Nexo ein ganz normales SUV mit Platz für bis zu fünf Personen. Wegen des verschrobenen Gesichts mit zugekniffenen LED-Schlitzen oben und runden Scheinwerfern im Dreiecksrahmen mag man über die Absichten des Designteams nicht urteilen, aber sonst bietet der Koreaner ansprechende Formen und bedient die breite Masse.
Im Innenraum gefällt der breite Flachbildschirm als Instrumenteneinheit, der bis weit zum Beifahrer herüberreicht. Weniger aufgeräumt zeigt sich der überbreite Mitteltunnel mit allerhand Bedienmodulen, die alles andere als übersichtlich positioniert sind. Für ein Zukunftsauto spielt hier noch allzu sehr die alte Welt hinein und der Fokus ist auf die USA gerichtet. Das Platzangebot bietet so viel Raum, wie man es von einem Mittelklasse-SUV mit einer Länge von knapp 4,70 Metern erwartet. Vier Personen passen allemal rein. Sitzen drei Personen in Reihe zwei, wird es allerdings kuscheliger als es einem lieb ist. Der Laderaum hinter der elektrischen Heckklappe ist mit 839 Litern mehr als üppig. Einschränkungen durch die drei crashsicheren Gastanks? Fehlanzeige.
Starker Antrieb und große Reichweite
Das Herz des Hyundai Nexo sitzt unter der Motorhaube. Dort, wo man einen drehmomentstarken Diesel oder einen ebensolchen Turbobenziner erwartet, gibt es einen Elektroantrieb, der von einer Brennstoffzelle mit der nötigen Energie versorgt wird. Das Triebwerk leistet 120 kW / 163 PS und ein maximales Drehmoment von 395 Nm, was einen Spurt von 0 auf Tempo 100 in 9,2 Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von 179 km/h ermöglicht. Die Leistung des Systems mit einem beeindruckenden Effizienzgrad von über 60 Prozent setzt sich aus einem 95-kW-Stack sowie einem 40-kW-Akkupaket zusammen. Deutlich mehr dürften sich die Interessenten des ab Sommer auch in Europa erhältlichen Fahrzeugs für die Reichweite interessieren.
Die ist beim neuen Hyundai Nexo allemal als üppig zu bezeichnen. Mit einer Tankfüllung in den drei im Unterboden verborgenen Karbonbehältern schluckt der Koreaner 6,3 Kilogramm Wasserstoff und ermöglicht somit eine WLTP-Reichweite von rund 600 Kilometern. Noch besser: Der Ladevorgang dauert je nach Zapfsäule gerade einmal zwischen zweieinhalb und fünf Minuten. Doch das große Problem der Wasserstoffmodelle ist trotz der alltagstauglichen Reichweite nicht gelöst. In Deutschland gibt es derzeit nicht einmal 50 Tankstellen. Dass das nicht ausreicht, weiß Sae Hoo Kim, Entwicklungsleiter des Hyundai Nexo nur zu gut. „Wir haben in Korea gerade einmal elf Tankstellen, die Hälfte davon sind Forschungszapfsäulen. Wir bräuchten in unserem Land 80 bis 100, damit davon eine echte Initiative ausgeht. Doch insgesamt müssten es mindestens 400 sein.“
Günstiger als der Vorgänger
Eine solche Zahl schwebt auch in Deutschland seit Jahren bei allen Planungen mit. Denn was nützt es, dass der Hyundai Nexo sich im Alltag wie ein ganz normales SUV bewegen lässt. Er ist flott und lässt aus seinem Auspuff trotz aller Dynamik nur allerreinsten Wasserdampf entweichen. Der Elektromotor ist nie zu vernehmen und an die leicht entkoppelten Systeme von Lenkung und Bremsen gewöhnt man sich schnell. Viel mehr fällt das geringe Geräuschniveau auf und dass die 395 Nm den alles andere als leichten Crossover allzu munter aus jedem Tempo beschleunigen.
Die Insassen sitzen bequem und der 12,3 Zoll große Bildschirm bringt echten Premiumcharme in das SUV, das aufgrund seiner drei Tanks jedoch nur als Fronttriebler angeboten wird. Doch wenn die Zapfsäulen fehlen, dann hat die Kundennachfrage einen schmerzhaften Makel. Ein solcher dürfte auch der Preis bleiben, denn auch wenn der Hyundai Nexo ab August zu einem Preis angeboten wird, der unter dem des Vorgängers ix35 liegt, werden es wohl knapp 60.000 Euro sein, mit denen der ökologisch interessierte Endkunde rechnen muss. Viel Geld – dafür gibt es aber jede Menge Hightech und eine exzellente Serienausstattung.
Überzeugendes Fahrerassistenzpaket
Der Nexo bietet nicht nur eine sehr gute Navigation, elektrisch verstellbare und beheizte Sitze, sondern auch ein Soundsystem und ein Fahrerassistenzpaket, das die bekannten Systeme allemal in den Schatten stellt. Problemlos ist es möglich, auf der Autobahn eine knappe Minute zu fahren, ohne ins Lenkrad zu greifen, auch wenn der ein oder andere automatische Lenkeingriff etwas ruppig erscheint. Das System funktioniert bis Tempo 145, liefert einen echten Mehrwert und lässt einen nicht nach 15 Sekunden wieder entnervt ans Steuer greifen.
Noch ist nicht endgültig geklärt, was mit dem Stack passiert, der aus dem Wasserstoff während der Fahrt die Energie gewinnt. „Bisher hielt unser Stack im Hyundai ix35 fünf Jahre“, erklärt Sae Hook Kim, „im Nexo sind es 5.000 Betriebsstunden oder zehn Jahre. Danach kann man ihn entweder mit geringerer Leistung anderweitig nutzen oder recyclen, wozu ich tendiere.“ Der Hyundai Nexo wird eine zehnjährige Garantie bis 160.000 km bieten. Bleibt abzuwarten, ob Hyundai mit dem Modell den Sprung ins Volumengeschäft schafft. Vom Vorgänger ix35 wurden gerade einmal 200 Fahrzeuge pro Jahr produziert. Vom Nexo sollen es ein paar tausend sein.
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