FahrzeugsicherheitEin Blick in den Innenspiegel
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Kamerabasierte Systeme überprüfen, ob ein Fahrer müde oder abgelenkt ist. Sie können aber auch feststellen, ob ein Kind zurückgelassen wurde. Gentex platziert seine Technik dafür in einem klassischen Bauteil.

Was macht der Fahrer da? Diese Frage wird im Auto immer wichtiger. Kamerabasierte Systeme, die den Innenraum überwachen, erleben einen großen Aufschwung. Dafür gibt es mehrere Gründe: Vorschriften, automatisierte Fahrfunktionen, Pkw in Flotten sowie die Unfallstatistik.
Viele Unfälle geschehen, weil die Person am Steuer müde oder abgelenkt ist. Wer nur vier Sekunden auf das Smartphone bei Tempo 120 blickt, ist 130 Meter im Blindflug unterwegs.
Darum haben Testorganisationen wie Euro NCAP den Einbau von sogenannten Fahrerbeobachtungssystemen (Driver Monitoring System, kurz DMS) zur Voraussetzung gemacht, um die vollen fünf Sterne zu erhalten. In China gehen die GB/T-Vorgaben noch einen Schritt weiter: Die Systeme müssen erkennen, ob der Fahrer raucht, isst oder trinkt.
Bislang wurden erste Anzeichen für Müdigkeit über Lenkbewegungen analysiert. Mit Einführung von hochautomatisierten Fahrfunktionen (Level 3), bei denen der Fahrer die Hände nicht mehr am Lenkrad haben muss, entfällt diese Möglichkeit. Schläft der Fahrer ein, während das Auto fährt, müssen die Systeme dies erkennen und über optische und akustische Warnungen reagieren. Sollte das Auto nicht mehr in der Lage sein, die automatisierte Fahrfunktion aufrecht zu erhalten, muss das DMS erkennen, ob der Fahrer in der Lage ist, das Steuer wieder zu übernehmen. Mit einer gewissen Vorwarnzeit wird er oder sie darauf hingewiesen, demnächst wieder in der Verantwortung zu sein.
Um den Zustand des Fahrers verlässlich bewerten zu können, erfassen die kamerabasierten Systeme Blickrichtungsvektoren, Lidschlag, Öffnungsgrad der Augen sowie die Kopfposition. „Um Letzteres ermitteln zu können, müssen Augen, Mund, Nase und Ohren erkannt und ihre Position im Raum berechnet werden“, erläutert Dr. Ingo Schwetz, Senior Electrical Engineer bei der Gentex GmbH. Gentex wurde 1974 in den USA gegründet und ist heute an der Technologiebörse Nasdaq notiert. Das Unternehmen ist auf elektrooptische Produkte für die internationale Automobil-, Luftfahrt- und Brandschutzindustrie spezialisiert.
Netz aus Infrarot-Lichtpunkten
Die Berechnung der Positionen erfolgt mit sogenanntem Structured Light, wie man es bereits von einigen Smartphones kennt. Dabei wird ein nicht sichtbares Netz aus Infrarot-Lichtpunkten in den gesamten Innenraum des Fahrzeugs projiziert. Eine Kamera erfasst das Bild und das System errechnet durch Triangulation die Position der Lichtpunkte. Es entsteht eine dreidimensionale Kartierung der Personen und ihrer Gesichtsmerkmale. Das System kombiniert die zweidimensionale Bildverarbeitung mit der 3D-Tiefenkartierung und berechnet kontinuierlich die Position aller Fahrzeuginsassen und Objekte. Mittels Interferometrie erfasst es sogar kleinste Bewegungen (Microvibrationen) von Objekten, die von Atembewegungen angeregt werden. Dadurch werden auch Lebewesen erkannt, die für die Kamera verdeckt sind – zum Beispiel unter einer Decke.
Bislang wurden DMS in der Instrumententafel hinter dem Lenkrad installiert. Doch dort haben sie lediglich den Fahrer im Blick. Gentex platziert sein System im Innenspiegel. Das bietet mehrere Vorteile: Kamera, Infrarot-Emitter, Sensoren und Stromversorgung sind in einem kompakten Bauteil untergebracht. In dieser Position erfasst die Kamera den gesamten Innenraum des Fahrzeugs. „Da der Fahrer den Rückspiegel auf seine Sicht einstellt, haben wir ihn ebenfalls gut im Blick“, sagt Schwetz. Dass die Kameralinse hinter dem Spiegel nicht als solche auffällt, hat positive psychologische Auswirkungen. Die Insassen fühlen sich nicht dauerhaft beobachtet. „Das dürfte die Akzeptanz der DMS erhöhen.“
Die Spiegelintegration erlaubt zudem eine plattformübergreifende Lösung. Das DMS muss nicht für jedes einzelne Fahrzeug entwickelt und angepasst werden. Damit ist das System eine Quick-to-Market-Lösung, die es ermöglicht, DMS schnell im Markt einzuführen. Mit der Systemintegration können Automobilhersteller über unterschiedliche Fahrzeugplattformen hinweg weitere Funktionen nach Wunsch hinzufügen. Denkbar ist, die Kamera als Bildquelle für Videotelefonate (im Stand oder während des automatisierten Fahrens) zu verwenden.
Die Gesichtserkennung der Kamera kann auch zum Freischalten von Fahrzeugfunktionen genutzt werden: So lassen sich Komfortfunktionen wie eine automatische Sitzposition, Entertainment-Einstellungen usw. realisieren, oder dass nur bestimmte Personen das Auto starten dürfen oder Führerscheinanfänger nur mit einer bestimmten Höchstgeschwindigkeit fahren können.
Der weitwinklige Blick ins Fahrzeuginnere reicht bis auf die Rückbank. Wurde dort beispielsweise ein Baby im Kindersitz oder ein Haustier vergessen, wenn das Fahrzeuge verriegelt wird, erhält der Nutzer eine Nachricht auf sein Smartphone. An heißen Sommertagen kann das lebensrettend sein. Auch bei der Fahrzeugnutzung in Flotten oder bei Sharing-Anbietern hilft ein Blick ins Innere: Wurden Gegenstände im Auto liegen gelassen? Sind Sitze und übriger Innenraum verdreckt? „Wenn eine zentrale Stelle diese Fragen beantworten kann, ohne zum Auto gehen zu müssen, ist dem Betreiber schon sehr geholfen“, sagt Schwetz.
Rauch und Gerüche
In einem weiteren Schritt lassen sich Rauch, Gerüche und sogar chemische Stoffe im Fahrzeuginneren identifizieren. Eine genaue chemische Erkennung ermöglicht es Fahrzeugbetreibern, Autos zur Reinigung zurückzurufen, auf medizinische Notfälle bei Fahrgästen zu reagieren und potenziell schädliche Tätigkeiten im Auto zu erkennen.
Das geschieht mithilfe von Nanofasern, die ungefähr eintausendmal dünner als ein menschliches Haar sind. Durch ihre poröse Struktur können sie gezielte Moleküle aus der Luft absorbieren und über Änderungen ihres elektrischen Widerstandes identifizieren. Die Technologie ermöglicht den schnellen Nachweis von Chemikalien mit hoher Empfindlichkeit im Bereich von Teilen pro Milliarde.
Die Dampferkennung besteht aus einer photoelektrischen Sensoreinheit. Sie wird in den Rohrleitungen der Lüftung platziert, wo sie kontinuierlich die Luftqualität überprüft. Sobald Rauch oder Dampf festgestellt wird, erhält der Flottenbesitzer eine Nachricht und das Fahrzeug wird zur Reinigung vorgemerkt. Der Verursacher kann bei Bedarf mit einer Geldstrafe belegt werden.
Der Innenspiegel kann mehr sein als nur ein DMS. Gentex bietet ihn auch als Full Display Mirror (FDM) an: Klappt man den Hebel am Spiegel für die klassische Abblendfunktion um, wird er zum Monitor. Eine Kamera am Heck bzw. Dach des Autos liefert Aufnahmen. Bei Fahrzeugen mit schmaler Heckscheibe sowie in der Dunkelheit bietet der FDM einen breiteren und schärferen Blick nach hinten.
Der digitale Rückspiegel kann auch um eine Aufnahmefunktion ergänzt werden, sodass er als Dashcam fungiert, die beispielsweise Vandalismus beim Parken aufzeichnet. Das System bietet auch eine Anhängersicht. Falls am Pkw ein Trailer hängt, der die Sicht nach hinten blockiert, wird das Kamerabild am Heck des Anhängers auf den Monitor übertragen. So hat der Fahrer ungehinderte Sicht nach hinten.
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