Leichtbau Leichtere Bremsscheibe aus Aluminium und Grauguss

Autor / Redakteur: Hartmut Hammer / Thomas Günnel

Leichtbau am Fahrwerk hat mehrere Vorteile: verbesserte Fahrdynamik, geringerer Kraftstoffverbrauch, und höherer Fahrkomfort. Saint Jean Industries hat auf dem Leichtbau-Gipfel in Würzburg deshalb eine Bi-Material-Bremsscheibe vorgestellt.

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Die Aluminium-„Arme“ des Bremstopfs werden um die Bolzen des Grauguss-Reibrings kraftschlüssig geschlungen.
Die Aluminium-„Arme“ des Bremstopfs werden um die Bolzen des Grauguss-Reibrings kraftschlüssig geschlungen.
(Bild: Stefan Bausewein)

Zweiteilige Bremsscheiben mit Bremstopf aus Aluminium oder Stahlblech sowie Reibring aus Grauguss, Keramik oder CFK-Werkstoffen bieten mehrere Vorteile: weniger Masse, höhere Bremsleistung und Belastbarkeit, besseres NVH-Verhalten und Wärmeabfuhr. Allerdings ist die Verbindung der beiden Bauteile und Werkstoffe noch immer ein komplexes und kostspieliges Unterfangen. Dieses Problems hat sich Saint Jean Industries angenommen und nach Angaben von Patric Auner, Business Development Manager für Saint Jean Industries in Deutschland, eine kostengünstige und serientaugliche Lösung gefunden.

Das Know-how für die „Cobadisk“ genannte Innovation hat Saint Jean in unzähligen Serienprojekten mit Gussteilen für Karosserie, Fahrwerk und batterieelektrische Antriebssysteme generiert. Bei Cobadisk fertigt Saint Jean den Aluminium-Bremstopf im Cobapress-Verfahren; dazu zählen Gießen und Gesenkschmieden plus Nachbearbeitung. Parallel dazu produziert der Partner Lingotes in Spanien den einteiligen Grauguss-Reibring mit am Innenring integrierter Bolzengeometrie.

Patentierte Hochzeit

Anschließend werden im gemeinsamen Joint Venture Bremstopf und Reibring in einem patentierten Prozess „verheiratet“. Dazu werden beide Komponenten zunächst erwärmt und dann die „Arme“ des Bremstopfs kraftschlüssig um die Verbindungsbolzen am Innenradius des Grauguss-Reibrings gebördelt. Dieser Prozess erfolgt vollautomatisiert und soll weniger als 20 Sekunden dauern. Anschließend wird das System fertig bearbeitet und mit einer Korrosionsschutzschicht überzogen.

Durch die radiale Anordnung der Verbindungsteile soll die Wärmeausdehnung der Werkstoffe laut Auner nur zu geringen Bauteilspannungen führen und die Kraftschlüssigkeit erhalten bleiben. Grauguss- und Aluminiumbauteil sollen aus Standardlegierungen bestehen und mit bekannten Verfahren hergestellt und bearbeitet werden können. Aber auch Reibringe aus Keramik oder Karbon seien mit dieser Verbindungstechnik kompatibel.

Im Vergleich zu einer herkömmlichen Graugussbremse kann Saint Jean mit seinem Konzept zwischen ein bis zwei Kilogramm pro Bremse sparen. Der genaue Wert hängt auch von der Fahrzeuggröße ab; „Cobadisk“ ist dabei prinzipiell für Fahrzeuge vom A- bis zum Sportwagensegment darstellbar.

Mit Sicherheit auf dem Weg zur Serie

Aktuell sei Saint Jean mit drei Premium-OEMs aus Europa in Pilotprojekten tätig, berichtet Auner. Die prinzipielle Serientauglichkeit habe man schon in verschiedenen Prüfstandstests nachgewiesen. Beispielsweise hat Saint Jean die Cobadisk in dynamischen Prüfstands-Bremstests mit 250 km/h Höchstgeschwindigkeit und sukzessiv steigenden Bremskräften von 2.000 bis 7.500 Newtonmeter auf einer simulierten Gesamtstrecke von 6.000 Kilometern geprüft. Danach seien keine Risse oder andere Schäden festgestellt worden.

In einem weiteren Testszenario wurde Cobadisk ohne Korrosionsschutzschicht mehrfach einer Lebensdauerprüfung mit OEM-genormten Ermüdungs-, Korrosions- und Thermoschocktests ausgesetzt. Referenzfahrzeug war dabei ein zwei Tonnen schweres SUV, das Fahrprofile mit bis zu 260 km/h Höchstgeschwindigkeit absolvierte und dabei verschiedenen Umgebungsbedingungen ausgesetzt war. Auch hier zeigten sich nach Angaben von Patric Auner weder Schäden an Reibring oder Bremstopf, noch waren Korrosionsspuren zu sehen.

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