Fahrbericht Mercedes Benz C300: Dezent geliftet

Autor Jens Scheiner

Nach vier Jahren hat Daimler dem Verkaufsschlager C-Klasse ein Update spendiert. Im Mittelpunkt des Facelifts steht weniger die Optik, sondern viel mehr die Technik mit frischen Motoren und neuen Assistenzsystemen. Wir sind den C 300 mit 190 kW/258 PS gefahren.

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Im Mittelpunkt des Facelifts der neuen C-Klasse steht weniger die Optik, sondern viel mehr die Technik mit frischen Motoren und neuen Assistenzsystemen.
Im Mittelpunkt des Facelifts der neuen C-Klasse steht weniger die Optik, sondern viel mehr die Technik mit frischen Motoren und neuen Assistenzsystemen.
(Bild: Jens Scheiner)

Mit rund 6.500 neuen Teilen hat die neue C-Klasse laut Daimler zwar das umfangreichste Facelift der Modellgeschichte bekommen, doch diese sind auf den ersten Blick kaum zu erkennen. Denn optisch haben sich die Designer zurückgehalten. Neben einer veränderten Frontschürze sowie neu gestalteten Heckstoßfänger und unterschiedlichen Kühlergrillvarianten, fallen beim genaueren Hinsehen eigentlich nur noch die neuen Leuchten an Front und Heck auf.

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So auch bei unserem Testwagen: Die C 300 Limousine in der AMG-Line trug neben dem Diamantgrill die neuen Multibeam-LED Scheinwerfer mit „Ultra Range“-Fernlicht. Dabei besteht jeder Scheinwerfer aus 84 einzeln steuerbaren LEDs, die das Licht an die jeweilige Verkehrssituation anpassen, was unter anderem das Fahren mit Dauerfernlicht erlaubt. Laut Daimler soll das Fernlicht bis zu 650 Meter weit reichen. Und tatsächlich: Bei unseren Testfahrten in stockfinsterer Umgebung hat uns die Strahlkraft der neuen LEDs absolut überzeugt. Wir konnten zwar nicht nachprüfen, ob die Reichweite tatsächlich 650 Meter betrug, aber sie war in jedem Fall mehr als ausreichend, um Hindernisse oder Gegenstände auf der Straße zu erspähen. Allerdings ist dieses Hightech-Feature nur gegen gut 900 Euro Aufpreis erhältlich, denn serienmäßig ist die C-Klasse nur mit Halogenlicht ausgestattet. Und auch die blitzschnelle Abblendfunktion bei plötzlich auftauchendem Gegenverkehr hat, nach kurzer Eingewöhnungsphase, einwandfrei funktioniert.

Kein Widescreen-Cockpit in der C-Klasse

Ebenfalls Extra kostet das voll digitale 12,3 Zoll große Instrumentendisplay, das für 900 Euro zu haben ist. Serienmäßig setzt die neue C-Klasse auf das bekannte Zwei-Tuben-Kombiinstrument sowie einen Siebenzoll-Bildschirm oberhalb der Mittelkonsole, den es auf Wunsch auch in 10,25 Zoll gibt. Leider bietet Daimler das Widescreen-Cockpit mit MBUX, das bereits in der kleineren und billigeren A-Klasse verbaut ist, nicht mal gegen Aufpreis an. Dennoch haben die Ingenieure dem Bestseller das neue Lenkrad mit den aus der Oberklasse bekannten Touch-Knöpfen spendiert. Darüber lassen sich nun auch in der C-Klasse fast alle Funktionen des Infotainment-Systems steuern.

Die Bedienung hat sich in der Praxis als recht simpel und zuverlässig erwiesen. Die Touch-Knöpfe haben auch leichteste Berührungen wahrgenommen und durch die Menüanzeige im Cockpit hatte man während der Fahrt auch immer den Überblick über das Fahrgeschehen. Nach wie vor an Bord ist der Touch-Controller in der Mittelkonsole, der künftig auch haptische Rückmeldungen gibt. Erstaunlich gut hat die Sprachsteuerung funktioniert, die sich jetzt auch zum Öffnen der Fenster oder zum Bedienen der Klimaanlage nutzen lässt. Diese lassen sich aber nach wie vor auch mit Schaltern und Knöpfen aktivieren, genauso wie die Heizung oder Kühlung der bequemen Massagesitze, die Teil der neuen „designo“-Innenausstattung platinweiß pearl/schwarz waren. Auch die sogenannten Energizing-Funktionen, die die Klimasteuerung, Ambientelicht, Musikberieselung und Sitzmassage zu verschiedenen Wellnessprogrammen kombinieren, kommen wie auch das Touch-Lenkrad aus der Oberklasse.

Assistenzsysteme aus der S-Klasse

Neben dem Bedien- und Anzeigekonzept wurden von der S-Klasse auch deren Kamera- und Radarsysteme übernommen. So wird jetzt der sogenannte aktive Abstands-Assistent (Distronic) vom Navigationssystem unterstützt, das Tempo etwa vor Kreuzungen, Kreisverkehren oder Kurven passt sich nun selbsttätig an. Darüber hinaus reagiert nun der Kollisionsverhinderer besser auf Fußgänger und Fahrradfahrer. Das System hat auch in der Praxis, bei einem gestellten Versuch, einwandfrei funktioniert. Auch soll die C-Klasse auf Wunsch die Spur und den Abstand zum Vordermann von ganz alleine halten. Leider muss man sich vor der Nutzung des Systems intensiv mit der Bedienung auseinander setzen. Ein spontanes Aktivieren während der Fahrt und ohne jegliche Vorkenntnisse hat sich als unmöglich herausgestellt. Hat man sich vorher über die Funktionsweise informiert und vertraut man dem System blind, dann macht das hinterherfahren tatsächlich etwas Spaß. Allerdings steigt dadurch etwas die Unaufmerksamkeit auf das Verkehrsgeschehen.

Was beim Testen glücklicherweise keine Anwendung gefunden hat war eine Art Alarmanlage gegen Parkrempler: Alle Bewegungsmelder des Fahrzeugs bleiben auch beim abgestellten Auto aktiv und registrieren sofort, wenn die C-Klasse auch nur leicht touchiert wird. Theoretisch könnte mithilfe der Umfeldkameras sogar das Kennzeichen des Unfallgegners erfasst und damit der Halter des Unfallwagens ermittelt werden.

Außerdem ist ein Notfall-Assistent an Bord, der bei einem Ausfall des Fahrers das Fahrzeug eigenständig zum Stehen bringt. Die Warntöne aller Systeme sind nur dezent aufdringlich und lassen sich natürlich auch jederzeit abstellen. Dann wird es im Innenraum schön ruhig, zumindest dann, wenn das Gebläse der Klimaanlage ausgeschaltet ist. Denn selbst auf Stufe 1 waren die Geräusche aus den Lüftungsdüsen für einen Mercedes ungewöhnlich laut, sodass wir davon ausgegangen sind, dass es sich um einen Defekt gehandelt haben muss. Insgesamt war die Geräuschkulisse im Innenraum selbst bei Geschwindigkeiten über 180 km/h sehr dezent und so konnte die aufpreispflichtige Burmester-Soundanlage ihr ganzes Potenzial entfalten.

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C 300 ohne 48-Volt-System

Das galt ebenfalls für den neuen Zweiliter-Vierzylinder im C 300 mit 190 kW/258 PS und 370 Nm. Das Aggregat beschleunigt die Limousine in 5,9 Sekunden auf Tempo 100 und regelt bei 250 km/h automatisch ab. Der neue Motor zeigte sich auf der Autobahn durchzugsstark und kam selbst im unteren Drehzahlbereich schnell auf Zug. Insgesamt arbeitete das Triebwerk ruhig und unaufgeregt und das Neungang-Automatik-Getriebe schaltete präzise durch. Erst bei einem Kickdown oder im höheren Drehzahlbereich zeigte sich der Antrieb kräftiger und kerniger, aber nie zu aufdringlich. Und auch das Fahrgefühl und Fahrverhalten der C-Klasse war dank des adaptiven Fahrwerks je nach Modus komfortabel oder sportlich. Im Test lag die Limousine im „Sport+“-Modus dabei satt auf dem Asphalt und Unebenheiten auf der Straße haben wir spürbar wahrgenommen. Im „Comfort“-Modus hingegen waren Unebenheiten deutlich besser abgefedert und der Abrollkomfort stieg insgesamt merklich. Und auch der Verbrauch hat sich den vier unterschiedlichen Modi angepasst: Zwischen 7,2 Liter im „Eco“-Modus und 9,6 Liter im „Sport+“-Modus verbrauchte der C 300 im Durchschnitt. Das ist für einen Benziner mit so viel Dampf in Ordnung, aber ein gutes Stück von den angegebenen 6,5 Liter entfernt. Was dem C 300 gegenüber dem C 200, mit dem 1,5 Liter-Motor und 184 PS Leistung, fehlt, ist ein mit 48-Volt-System. Bei dem ein riemengetriebener Starter-Generator den herkömmlichen Anlasser ersetzt.

Die überarbeitete C-Klasse gibt es auch weiterhin in vier Karosserieversionen – als Limousine für mindestens 35.033 Euro, als T-Modell für 36.700 Euro aufwärts, als Coupé (ab 40.466 Euro) oder als Cabrio (ab 48.070 Euro). Mit der Grundausstattung unseres Testwagens werden 43.982 Euro fällig. Zählt man noch die vielen Extras dazu, steigt der Preis über 50.000 Euro für die neue C-Klasse ohne MBUX.

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