Öffentlicher Personennahverkehr Mercedes-Benz CapaCity L: Gigaliner für Personen

Autor / Redakteur: Wolfgang Pester / Thomas Günnel

Rund 30 Millionen Menschen in Deutschland fahren täglich mit dem Bus, in Ballungsgebieten steigen die Fahrgastzahlen. Deshalb planen Verkehrsbetriebe auf Linien mit hohem Fahrgastaufkommen mit Giga-Gelenkbussen – wie dem CapaCity L von Mercedes-Benz.

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Rund 30 Millionen Menschen in Deutschland fahren täglich mit dem Bus. Verkehrsbetriebe planen mit Giga-Gelenkbussen – wie dem CapaCity L von Mercedes-Benz.
Rund 30 Millionen Menschen in Deutschland fahren täglich mit dem Bus. Verkehrsbetriebe planen mit Giga-Gelenkbussen – wie dem CapaCity L von Mercedes-Benz.
(Foto: Daimler)

Der längste vierachsige Stadtlinienbus mit nur einem Gelenk in Europa ist 21 Meter lang, hat 2,30 Meter Stehhöhe und bietet in der Serienausführung 191 Personen Platz. Und umweltfreundlich ist der Jumbo ebenso: Kein Stadtbus mit Dieselantrieb verbraucht pro Fahrgastplatz weniger als der CapaCity L, verspricht Mercedes-Benz.

Der erste Kunde des neuen CapaCity L ist die Hamburger Hochbahn, die ab 2015 mit den ersten zwei Großraum-Gelenkbussen gewöhnliche Linienbusse für 70 Fahrgäste ersetzen will. Ihre CapaCity L werden 165 Personen befördern, denen 43 Sitz- und 122 Stehplätze zur Verfügung stehen. Das sind insgesamt zwölf Fahrgäste mehr als im Vorgänger CapaCity und 39 Personen mehr als im dreiachsigen Gelenkbus Citaro G, die ebenfalls zur Flotte der Hamburg Hochbahn gehören.

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Härtetest in Istanbul

Die Fahrgäste in der Hansestadt werden auf den ersten Blick erkennen, dass der CapaCity L aus der Familie des Stadtbus-Bestsellers Citaro stammt. Mit seinen großen Glasflächen wirkt er einladend und ist innen luftig und hell. Das Niederflurkonzept ist über die volle Länge des Fahrgastraums barrierefrei, was auch für mobilitätseingeschränkte Fahrgäste wichtig ist. Schätzen dürften die Fahrgäste die aufwendige Klimatisierung, die mit elektrischen Seitenwandheizern und leistungsstarker Zusatzheizung selbst im Winter schnell für die passende Temperatur sorgt. Einen effektiven Luftaustausch sichern Luftkanäle mit Düsen, elektrisch betätigte Dachluken und Dachlüfter sowie Klappfenster. Und für den schnellen Fahrgastfluss gibt’s den Giga-Bus optional auch in fünftüriger Ausführung.

Beim längsten Bus von Mercedes-Benz nutzten die Ingenieure die Erfahrungen mit der ersten Generation des CapaCity. Mit 19,54 Meter Länge befördert er maximal 186 Personen. Von ihm sind seit dem Jahr 2007 rund 350 Einheiten im Betrieb, in Metropolen sowie in BRT-Systemen (Bus Rapid Transit) mit einer eigenen Fahrspur. Denn Härtetest hat der CapaCity mit 250 Exemplaren und täglich 800.000 Fahrgästen auf der "Metrobus-Linie" in der türkischen Hauptstadt Istanbul bestanden.

Technische Basis Citaro G

Technisch basiert der vierachsige CapaCity L wie auch sein Vorgänger auf die tausendfach bewährte Plattform des dreiachsigen Gelenkbusses Citaro G: im Antrieb, in der Anordnung von Motor und Aggregaten sowie in der Verwendung von lediglich einem Gelenk. Wohl ist der neue Giga-Gelenkbus 2,9 Meter länger als der soeben vorgestellte Citaro G der zweiten Generation mit Platz für 163 Fahrgäste. Der CapaCity L unterscheidet sich durch das eingefügte Fahrzeugsegment am Ende des Vorderwagens vor dem Gelenk sowie den deutlich verlängerten vorderen Bereich des Hinterwagens.

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Keine Begrenzung auf bestimmte Strecken

Trotz der großen Länge ist der Betrieb des CapaCity L nicht auf bestimmte Strecken begrenzt. Möglich macht dies der Wendekreis von 24,47 Meter. Weil jedoch die gesetzlich vorgeschriebene Länge von 18,75 Meter für Fahrzeug-Kombinationen überschritten wird, muss wie beim Vorgänger eine Ausnahmeregelung erwirkt werden. In Wendigkeit und Fahrdynamik setzt der neue Großraumbus laut Hersteller neue Maßstäbe. Dabei ist die vierte Achse Basis für das zulässige Gesamtgewicht von 32 Tonnen (Citaro G: 28 Tonnen) und die ausgeglichene Gewichtsverteilung. Die Einzelradaufhängung der stets gelenkten vierten (Nachlauf-)Achse ist laut Mercedes-Benz Voraussetzung für das optimale Kurvenverhalten des Busses. Ihre Lenkung wird elektro-hydraulisch gesteuert, wobei zu den Kenngrößen des Steuergeräts unter anderem Knickwinkel des Gelenks, Einschlagwinkel der Vorderachse und die Busgeschwindigkeit gehören.

Neu entwickelter Knickschutz

Als einzigartig bezeichnet Mercedes-Benz den neu entwickelten Knickschutz im CapaCity L, den „Articulated Turntable Controller“ (ATC), der einen neuen Standard für Fahrdynamik und Sicherheit bei Gelenkbussen setze. Gerät das Fahrzeug in einen instabilen Fahrzustand, etwa auf glatter Fahrbahn, wird das Gelenk durch die hydraulische Dämpfung blitzschnell so geregelt, dass sich der Gelenkbus im Rahmen der physikalischen Möglichkeiten sehr schnell stabilisiert. Das Aufschaukeln oder gar Ausbrechen des Hinterwagens (Nachläufers) mit dem gefürchteten sogenannten „Klappmesser-Effekt“ ist passé. ATC erziele auf diese Weise als einzige Regelung ihrer Art annähernd den Effekt eines elektronischen Stabilitätsprogramms (ESP).

Energierückgewinnung in Superkondensatoren

Angetrieben wird der CapaCity L von einem links im Hinterwagen stehend untergebrachten Reihen-Sechs-Zylinder mit 10,7 Liter Hubraum. Den EU6-Dieselmotor gibt es in den Leistungsstufen 265 kW/360 PS und 290 kW/394 PS mit maximalem Drehmoment von 1.700 Newtonmetern beziehungsweise 1.900 Newtonmetern. Die Kraftübertragung auf die dritte Fahrzeugachse übernimmt wie im Citaro eine Wandler-Automatik von ZF oder Voith.

Zur Energie-Rückgewinnung werden Superkondensatoren (Supercaps) als zusätzliche Kurzzeit-Stromspeicher eingesetzt. In sie fließt im Schubbetrieb rückgewonnene Energie, die beim Anfahren oder an Steigungen verwendet wird, damit der Motor in diesen verbrauchsintensiven Phasen nicht zusätzlich den Generator zur Stromerzeugung antreiben muss – das spart Diesel.

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Sparsamster Stadtbus mit Dieselmotor

Der CapaCity L verbraucht im üblichen Linienbetrieb bei voller Auslastung pro Fahrgast weniger als 0,5 Liter Diesel je 100 km, entsprechend 13,3 g CO2/km, so Mercedes-Benz: Damit ist er der sparsamste Stadtomnibus mit Dieselantrieb.

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