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Meterweite Sprünge
Zwei, drei Runden spielt Nasser sein böses Spiel mit seinem Mini und mir, quält uns mit meterweiten Sprüngen, mit Sturzflügen in Dünentäler und mit einem Ganzkörperpeeling, dass es nur so auf den Planken prasselt und schaut dabei auch noch immer wieder fragend zu mir herüber, wo er denn jetzt hinfahren soll. Schließlich bin ich heute der Co-Pilot und von dem erwartet er seine Anweisungen. Zwar habe ich vorher tatsächlich das Roadbook studiert und mir von einem Profi sogar erklären lassen, was die vielen farbigen Markierungen bedeuten, die den Mitschrieb in nächtelanger Kleinarbeit in eine Art Malbuch verwandeln. Doch während Nassers Beifahrer auf der Dakar den ganzen Tag lang mühelos die Kommandos herunter rattert und ihn so über Etappen von vielen hundert Kilometern führt, habe ich schon nach zwei Minuten erst den Überblick und dann die Orientierung verloren.
Sandkasten ohne Konturen
Wie soll man sich auch zurechtfinden in diesem riesigen Sandkasten, in dem bei der senkrecht stehenden Sonne alle Konturen verschwimmen? „GPS, Tripcomputer, Kilometerzähler, Kompass“, sagt Nasser mit einem Lächeln. „Scherzkeks“, möchte man ihm wütend entgegen schleudern. „Dann fahr gefälligst so, dass man die Batterie der Instrumente auch lesen kann, die von den Mechanikern noch schnell vor mir ins Armaturenbrett gedübelt wurden. Oder such’ Dir Deinen Weg doch alleine. Ich denke, Du kennst hier jedes Sandkorn persönlich.“ Aber natürlich schluckt man seinen Ärger runter, macht gute Miene zu seinem Spiel und hofft darauf, dass dieser Höllenritt schon irgendwann zu Ende gehen wird. Tut er auch. Aber anders als gedacht. Denn irgendwann bleibt Nasser mitten in der Wüste stehen und bittet zum Rollentausch. Ob er genug hat von meinen miserablen Ansagen oder heute einfach nur großzügig ist, lässt er sich nicht anmerken. Doch plötzlich finde ich mich hinter dem Lenkrad wieder, knalle den ersten Gang ins Getriebe und starte meine ganz persönliche Wüsten-Rallye.
Geschwindigkeit und Drehzahl
„Gas, Gas, Gas“, knistert es aus dem Lautsprecher im Helm, denn Tempo ist alles in der Wüste. Wird das Auto zu langsam, versinken die breiten Gummiwalzen zu tief im Sand und der Wagen bleibt unweigerlich stecken. Je schneller man dagegen fährt, desto lässiger surft der Countryman über die Dünenkämme. Er reagiert auf dem weichen Untergrund zwar etwas verzögert und ruckartige Richtungswechsel mag er gar nicht. Aber wer das beherzigt, der driftet mit einem Lächeln durch die Dünen und fühlt sich irgendwann wie ein Snowboarder im Tiefschnee – nur dass einem dabei nach ein paar Kilometern buchstäblich der Kittel kocht. Also trete ich noch fester aufs das schlanke Pedal im viel zu engen Fußraum und halte die Drehzahl schön zwischen 2 500 und 3 000 Touren.
Wir fahren, 80, 100, 120, zwischendurch zeigt der digitale Tacho sogar 148 km/h und ich kann so ganz langsam verstehen, weshalb Nasser schon nach dem ersten heimlich Wüstenritt im Toyota seines Vaters wusste, dass er einmal Rallye-Fahrer werden würde. Denn mit jedem Meter wird das Grinsen in meinem Gesicht breiter, und je schneller das Mini-Monster durch den Sand pflügt, desto mehr fühle ich mich wie der König der Wüste. Laurence von Arabien? General Norman A. Schwarzkopf? Dass ich nicht lache!
Der heißeste Mini
Allerdings steigt mit jedem Gasstoß die Temperatur in der Karbon-Kiste wieder um ein paar Grad. Selbst wenn es tatsächlich eine Klimaanlage gibt und aus den offenen Schläuchen am unverkleideten Dachhimmel ein laues Lüftchen fächelt, dauert es bestimmt nur noch fünf Minuten, dann sind wir gar. Die heiße Luft, der kochende Schweiß und überall der Sand – nach einer Stunde im heißesten Mini aller Zeiten fühlt man sich wie ein paniertes Schnitzel in der Fritteuse und kann es kaum erwarten, dass dieser Höllenritt ein Ende nimmt. Ich will keinen Pokal und keinen Lorbeer und nicht mal mehr den Handschlag von Nasser, der am Ende zumindest so tut, als wäre halbwegs zufrieden mit mir. Sondern in mir gibt es nur noch einen Gedanken: „Ein Königreich für eine Dusche.“
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