Fahrbericht Nio ET5 Touring – Avantgarde für Outdoorsportler

Von Alexander Sellei/SP-X Lesedauer: 3 min |

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Der Kombi gilt als deutsches Phänomen. Die junge Elektromarke Nio weiß das – und bringt den ET5 Touring auf den Markt.

Der Nio ET5 Touring wird ausschließlich mit Allrad- und Dual-E-Motor-Antrieb ausgeliefert.
Der Nio ET5 Touring wird ausschließlich mit Allrad- und Dual-E-Motor-Antrieb ausgeliefert.
(Bild: Nio)

Mit einem Touring verbinden Autofahrer sportliche Premium-Kombis aus dem Hause BMW. Doch in Sachen Elektro-Touring hat sich der Hersteller die Wurst vom Brot nehmen lassen. Denn der erste rein elektrische Kombi auf Premiumpreisniveau kommt nicht aus Süddeutschland, sondern von der noch jungen Marke Nio. Und die zeigt unverblümt, auf wen sie es abgesehen hat. Der Nio ET5 Touring lockt Gutsituierte mit typischen BMW-Kernwerten: Technik, Optik und Fahrspaß zu Preisen ab 60.000 Euro.

Das Format des sportlich gezeichneten, 4,79 Meter langen Mittelklasse-Kombis gleicht der bereits erhältlichen ET5 Limousine. Auffallend sind dabei drei Höcker auf der vorderen Dachkante, die einige der insgesamt 33 Kamera- und Radarsensoren beherbergen und die technische Grundlage für das teilautomatisierte Assistenzsystem bilden.

Nio ET5 Touring: Kein Raumwunder

Erst im weiteren Verlauf der Dachlinie unterscheiden sich die Modellschwestern, die beim neuen Touring zu einem höher gebauten Heck und damit einem Plus an Gepäckraum und mehr Kopffreiheit im Fond führt. Mit 450 Litern liegt das Volumen deutlich über dem der Limousine, ein Doppelboden hält zusätzlich 42 Liter bereit. Bei umgelegten Rücksitzlehnen sind es bis zu 1.300 Liter. Zu einem Raumwunder macht das den ET5 Touring zwar immer noch nicht, doch Lifestyle definiert sich schließlich nicht nur über Größe des Kofferraums.

Ebenso wichtig für die umworbene Kundschaft sind das minimalistisch gehaltene Interieur, die Kombination aus volldigitalen Instrumenten- und Zentraldisplays sowie ausgefuchste Gimmicks, die den ET5 Touring zum Mobil für technikaffine Outdoorfans machen sollen. In der Heckklappe integrierte Haken für das Aufhängen nasser Sportklamotten, eine herausnehmbare Gepäckraumleuchte mit Taschenlampenfunktion oder magnetische Gurte zur Sicherung des Equipments sind praktische Features bei einem Ausflug ins Grüne.

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Wie es sich für so einen sportlichen Packesel gehört, hat der ET5 Touring serienmäßig eine Dachreling mit 75 Kilogramm Tragkraft. Eine elektrisch ausfahrbare Anhängerkupplung für Lasten von bis zu 1.400 Kilogramm kostet wiederum 1.200 Euro Aufpreis.

Nomi verschwindet auf Kommando

Erwähnt werden muss an dieser Stelle Nomi. Der kugelförmige Sprachassistent, der in allen Nio-Modellen mittig auf dem Dashboard thront, nimmt Befehle zur Fahrzeugsteuerung entgegen, blinzelt einem mit seinen digitalen Augen auch mal freundlich zu, wenn gerade nichts passiert. Wem so viel Technikavantgarde zu weit geht, der kann Nomi auf Kommando im Dashboard verschwinden lassen und die Einstellungen manuell über die Lenkradtasten und den Touchscreen im XL-Format vornehmen.

Bei den Leistungsdaten macht Nio grundsätzlich keine halben Sachen und so verbirgt sich auch hinterm Touring eine Sportskanone. Das Modell wird ausschließlich mit Allrad- und Dual-E-Motor-Antrieb ausgeliefert, der das rund 2,2 Tonnen schwere Fahrzeug mit einer Gesamtleistung von 360 kW/490 PS und 700 Nm Drehmoment im „Sport+“-Modus in nur vier Sekunden von 0-100 km/h wuchtet und auf maximal 200 km/h beschleunigt.

Fehlender Feinschliff beim Fahrwerk

Das geht bisweilen etwas ungezügelt vonstatten, denn das Fahrwerk scheint mit dieser Kraft überfordert zu sein. Dieses ist zwar technisch hochgerüstet, aber es fehlt am Feinschliff. Da muss Nio noch nachbessern, um das Niveau von BMW zu erreichen. Wer etwas mehr Kontrolle und Gelassenheit bevorzugt, wählt eben einen anderen der insgesamt neun Fahrmodi, wie den fürs Hängerziehen oder für maximale Reichweite.

Apropos Reichweite: Die von uns getestete Variante mit 100 kWh Kapazität ermöglicht Distanzen von 560 Kilometern pro Akkuladung. Zur Verfügung steht auch eine kleinere Alternative mit 75 kWh Energiegehalt für bis zu 435 Kilometer. In beiden Fällen nur Mittelmaß ist die Ladetechnik: Elf Kilowatt Wechselstrom- und bis zu 140 kW-Gleichstromladen sind in dieser Klasse mittlerweile zu wenig. Da bieten weit günstigere Wettbewerber mehr.

Akkutausch nur für Akkumieter

Dafür punktet auch dieser Nio mit einer markenspezifischen Besonderheit: dem Battery-Swap. Mit dieser Technik lässt sich an speziellen Stationen in wenigen Minuten eine leere Batterie gegen eine volle tauschen. Klingt bestechend, hat aber einen Haken: Voraussetzung zur Teilnahme am flotten Akkutausch ist ein Batterie-Mietvertrag mit monatlichen Raten von 169 Euro (75 kWh) beziehungsweise 289 Euro (100 kWh), die zusätzlich zum Fahrzeugrundpreis von 47.500 Euro fällig werden.

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Damit bleibt der Hersteller Nio Eigentümer der Batterie. Will der Kunde den Energiespeicher dennoch kaufen, kostet der kleine Akku 12.000 Euro, der große 21.000 Euro extra. Macht unterm Strich 59.500 Euro beziehungsweise 68.500 Euro, die für den Nio ET5 Touring mindestens fällig werden.

Batteriekäufer sind hingegen vom Nio-Tauschsystem ausgeschlossen und müssen an die Steckdose. Den meisten Kunden dürfte die Tauschoption noch egal sein, denn im Netz klaffen große Lücken und der Weg zur nächsten Wechselstelle ist weit. Gerade einmal sieben Swap-Stationen sind deutschlandweit bislang in Betrieb, 50 weitere sollen folgen. Nio hat sich dafür nach eigenen Angaben bereits Standorte gesichert. (thg)

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