Elektroautos Nissan E-Power: Einzigartiger Hybridantrieb

Von Edgar Schmidt |

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Nissan kombiniert zwei im Pkw ungewöhnliche Techniken miteinander: Die Räder werden allein durch E-Motoren angetrieben; Der Verbrenner produziert die Energie und arbeitet mit einem variablen Verdichtungsverhältnis.

Mit dem E-Power-Antrieb bietet Nissan als erster Hersteller einen rein seriellen Hybridatrieb an.
Mit dem E-Power-Antrieb bietet Nissan als erster Hersteller einen rein seriellen Hybridatrieb an.
(Bild: Nissan)

Der rein serielle Hybridantrieb fasziniert die Fahrzeugentwickler immer wieder. Ermöglicht er doch auf einfache Weise Elektromobilität, ohne dass die Autofahrer ihr Tankverhalten umstellen müssen. Allerdings konnte er sich in Reinform bisher bei keinem Hersteller durchsetzen.

Bei allen Hybridantrieben kann der Verbrennungsmotor die Räder über ein Getriebe auch selbst antreiben, was die Konstruktion des Antriebsstrangs relativ aufwendig macht. Selbst bei Honda, dessen Variante dem rein seriellen Hybrid schon sehr nahekommt, kann der Verbrenner die Räder in einigen Betriebsbereichen direkt antreiben.

Einfacher Hybrid, komplizierter Verbrenner

Das ändert sich nun mit dem Nissan-E-Power-Antrieb, den der Hersteller in den Modellen Qashqai und X-Trail anbietet. Hier dient ausschließlich der E-Motor dazu, die Räder anzutreiben. Beim X-Trail bietet Nissan zudem erstmals einen elektrischen Allradantrieb an, bei dem je ein E-Motor an der Vorder- und an der Hinterachse den Vortrieb übernimmt. Ansonsten ist der 4WD-Hybrid aber vom Grundaufbau identisch mit dem 2WD-Hybrid.

Eigentlich ist der serielle Hybridantrieb die einfachste Variante dieser Antriebstechnik, da sie keinerlei Getriebe benötigt, um die Leistung von E- und Verbrennungsmotor miteinander zu kombinieren. Allerdings – und das ist vielleicht auch der Grund dafür, dass sich diese Version bisher nicht etablieren konnte – ist ein herkömmlicher Verbrenner zur reinen Stromproduktion in Sachen Effizienz nicht geeignet für einen sparsamen Antrieb.

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Insbesondere wenn das Fahrzeug auf deutschen Straßen immer wieder sehr dynamisch und mit hohen Geschwindigkeiten bewegt wird. Bei einem solchen Nutzungsprofil hat der Verbrenner mehrere Betriebsbereiche, in denen es effizienter ist, wenn er die Räder direkt antreibt.

Verbrennungsmotor mit variabler Verdichtung

Nissan begegnet diesem Nachteil mit einem aufwendigen Verbrennungsmotor, der ein mechanisch verstellbares Verdichtungsverhältnis hat (siehe Bildergalerie). Bekannt sind diese VC-T-Motoren (Variable Compression-Turbocharged) aus der Nissan-Nobelmarke Infiniti, wo sie seit 2018 – erstmals im Modell QX 50 – für Vortrieb sorgen.

Der Vorteil dieser Technik: Bekanntlich verbessert sich der Wirkungsgrad eines Verbrennungsmotors mit steigendem Verdichtungsverhältnis. Allerdings führt dieses bei hoher Last zu eine klopfenden Verbrennung. Bei einem Motor mit variablem Verdichtungsverhältnis lässt sich dieses besser an verschiedene Betriebspunkte anpassen.

Denn bei Betriebspunkten, bei denen in herkömmlichen Motoren bei einem hohen Verdichtungsverhältnis Klopfen auftreten würde, kann das Motormanagement das Verdichtungsverhältnis entsprechend senken. In allen Betriebspunkten, in denen keine Klopfgefahr besteht, kann es das Verdichtungsverhältnis dagegen entsprechend erhöhen.

Variable Drehzahl des Verbrenners

Beim Nissan-VC-T-Motor sind Verdichtungsverhältnisse von 8:1 bis 14:1 möglich. Bei geringem Leistungsbedarf nutzt der Motor ein Verdichtungsverhältnis im oberen Bereich, was Verbrauch und Emissionen senkt. Um bei hohem Leistungsbedarf die Batterie zu laden oder den Motor direkt mit elektrischer Energie zu versorgen, verringert das Motormanagement das Verdichtungsverhältnis dagegen.

Da der Benziner ausschließlich als Generator dient, kann er stets in einem optimalen Drehzahlbereich laufen. Allerdings muss er seine Drehzahl erhöhen, um den Energiebedarf mit zunehmender Fahrgeschwindigkeit decken zu können. Das erfolgt schrittweise. Nissan nennt das System „Linear Tune“. Es sorgt dafür, dass sich Leistung und Sound in ähnlicher Weise entwickeln – es gibt keine „Entkopplung“.

Fahren mit One-Pedal-Modus

Auf ersten Testfahrten über die verschlungenen Straßen des Taunus zeigte sich, dass das Konzept funktioniert. Sowohl der Qashqai als auch der X-Trail lassen sich mit diesem Antrieb ähnlich wie ein batterieelektrisches Auto fahren. Zumal Nissan in beiden Modellen einen One-Pedal-Modus anbietet, bei dem der Antrieb sehr stark rekuperiert, sobald das Fahrpedal gelupft wird.

Dadurch braucht man das Bremspedal im normalen Fahralltag deutlich seltener, weil das Auto bei vorausschauender Fahrweise in den meisten Fällen allein über die Rekuperation zum Stillstand gebracht werden kann. Als 2WD leistet das Antriebssystem im Qashqai 140 kW/190 PS, im X-Trail 150 kW/204 PS.

Die Entwickler haben darauf verzichtet, den Verbrenner akustisch komplett im Antrieb zu verstecken. Es ist deutlich zu hören, wenn der Dreizylinder anspringt, um Energie für den Antrieb zu wandeln. Er hält sich dabei jedoch beim starken Beschleunigen im Hintergrund und bleibt immer in einem angenehmen Frequenzbereich. Das ist wahrscheinlich für Nutzer dieser Fahrzeuge der größte schnell wahrnehmbare Unterschied zu anderen Vollhybriden, deren Motoren beim Beschleunigen oft unangenehm laut werden.

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Vorteile im Stadtverkehr

In Sachen Verbrauch waren auf den ersten Testfahrten keine repräsentativen Werte erfahrbar. Doch vergleicht man die WLTP-Werte des Qashqai mit denen des Toyota Corolla Cross oder des Honda HR-V, spielen alle drei in der gleichen Liga. Der Nissan und der Honda haben mit einem kombinierten WLTP-Verbrauch von 5,3 beziehungsweise 5,4 l/100 km und CO2-Werten von 122 g/km nahezu identische Werte. Der Toyota ist mit 5,1 l/100 km und 114 g/km CO2 nur leicht besser.

Seinen größten Vorteil kann der E-Power-Antrieb in der Stadt und auf der Landstraße ausspielen. Hier dürften Verbräuche mit einer Drei oder Vier vor dem Komma problemlos möglich sein. Auf der Autobahn werden die Verbräuche dagegen deutlich ansteigen – da kann auch Nissan die Physik nicht überlisten.

Diese Modelle gibt es als „E-Power“

Sowohl für den Qashqai als auch für den X-Trail erwartet Nissan Deutschland eine gute Verfügbarkeit im kommenden Jahr. Beim X-Trail geht der Importeur davon aus, dass sich zwei Drittel der Kunden für die E-Power-Version mit Allradantrieb entscheiden; beim Qashqai erwartet er einen E-Power-Anteil von etwa 50 Prozent.

Beim Qashqai muss man mindestens die mittlere Ausstattungsvariante „N-Connecta“ wählen, um in den Genuss des E-Power-Antriebs zu kommen. Das Modell steht dann mit 41.360 Euro in der Preisliste. Alternativ bietet Nissan den Qashqai mit einem 1,3-Liter-Mild-Hybrid-Benziner an.

Beim X-Trail bietet Nissan den E-Power-Antrieb bereit ab der einfachsten Ausstattungsvariante „Vista“ für 37.000 Euro an – dann aber nur mit Vorderradantrieb. Wer den Wagen mit Allradantrieb haben möchte, muss die Acenta-Ausstattung wählen und dafür 44.400 Euro zahlen.

Nissan plant 100 Prozent Elektroautos bis 2030

Mittelfristig sieht jedoch auch Nissan den batterieelektrischen Antrieb als die Zukunft im Automobilbau an. Bis 2026 sollen 75 Prozent der Modelle einen solchen Antrieb bekommen, im Jahr 2030 will das Unternehmen nur noch Neufahrzeuge mit batterieelektrischem Antrieb anbieten. (thg)

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