Produktion Produktionsstart für den ID 3 in Zwickau
Rein elektrisch will Volkswagen in die Zukunft fahren – und rüstet dafür seit mehr als einem Jahr das erste Fahrzeugwerk um. Jetzt nimmt es die Großserienproduktion auf.
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„Zwickau ist der traditionsreichste Standort der deutschen Automobilindustrie und mit dem heutigen Tag auch der zukunftsfähigste“ – mit markigen Worten eröffnete VW-Chef Herbert Diess heute (4. November) im Beisein von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer die Großserienproduktion des ID 3 im Werk in Zwickau/Mosel. In einer von zwei Hallen rollt ab sofort das neue batterieelektrische Modell von Volkswagen vom Band. Zunächst nur sechs Fahrzeuge täglich, „neue Handgriffe und andere Anforderungen an die Montage müssen sich erst einspielen“, sagte Holger Hollmann, Leiter der Halle Nummer 5, in der der ID 3 entsteht. Zum Beispiel steckt im Fahrzeug deutlich mehr empfindliche Elektronik, die entsprechend montiert werden muss. Und die Montage geht schneller vonstatten.
Hochlauf der Produktion
Bis zum Jahresende werden es schon 50 Fahrzeuge täglich sein. „Ab dem kommenden Jahr beginnen wir dann mit der zweiten und dritten Schicht und fahren die Produktion hoch“, erklärt Hollmann. Rund 800 Fahrzeuge will Volkswagen dann werktäglich – also an fünf Tagen in der Woche – fertigen. Die Taktzeit, also die Zeit die für die jeweiligen Stationen bleibt, sind lediglich 90 Sekunden. In 90 Sekunden ist dann zum Beispiel der Dachhimmel montiert. Oder sind die Scheiben eingebaut. Insgesamt vier bis 4,5 Stunden verbringt ein Fahrzeug in der Montagehalle, bis es am Ende als vollständiges Auto das Band verlässt.
In der finalen Ausbaustufe sollen in Zwickau ab dem Jahr 2021 sechs Modelle für die drei Konzernmarken Volkswagen, Audi und Seat in Zwickau entstehen. Die maximale Auslastung des Werks soll dann von bislang 1.350 auf 1.500 Fahrzeuge täglich steigen. Rund 1,2 Milliarden Euro werden dann in den Umbau des sächsischen Standortes geflossen sein.
E-Auto aus der smarten Fabrik
„Unser Ziel ist nicht mehr und nicht weniger, als mit dem modularen E-Antriebs-Baukasten eine nächste Evolutionsstufe der Hochmechanisierung im Automobilbau zu erreichen“ beschrieb Thomas Ulbrich, Vorstand E-Mobilität bei Volkswagen und Geschäftsführer von Volkswagen Sachsen, im Vorfeld den Umbau. Die smarte Fabrik wird hier erlebbar: Die Digitalisierung betrifft alle Fertigungsbereiche, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung. Karosseriebau und Lackiererei waren schon vor dem Umbau stark automatisiert, jetzt steigt der Automatisierungsgrad in der Montage – mehr Mensch-Roboter-Kooperationen sind ein sichtbarer Beweis. Außerdem ist der „Unterbau“, also die Kombination aus Akku, Hinter- und Vorderachse weniger komplex als bei einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor. Die sogenannte Hochzeit – die Verbindung von Fahrgestell und Karosserie – läuft vollautomatisch ab. Ebenso die Montage der fertig montiert zugelieferten Hinterachsen auf das Fahrgestell.
In Zahlen heißt das: Rund 1.700 Fertigungsroboter helfen bei der Montage, während über 500 fahrerlose Transportsysteme die Bauteile autonom an die Montagelinie bringen. Zudem entfallen Arbeitsschritte. Das Cockpit zum Beispiel baut künftig ein Industrieroboter ein: vollautomatisch und als komplettes Modul. Ein nächstes Projekt ist die automatische Montage des Dachhimmels, „das ist aber ein Prozess, der nur schwer automatisiert umzusetzen ist“, sagt Hollmann. Insgesamt stieg der Automatisierungsgrad in der Montage von 17 auf 28 Prozent.
Für die Verfügbarkeit der Anlagen peilt VW ein Ziel von 96 Prozent an. „Das bedeutet, dass die Montage pro Schicht maximal 15 Minuten stillstehen darf“, erklärt Hollmann. Die höhere Automatisierung soll sich aber nicht negativ auf die Zahl der Beschäftigten auswirken, sie bleibe „unter dem Strich stabil“. Denn: „Mit der zunehmenden Automatisierung steigt zugleich die Produktionskapazität.“
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Elektromobilität
E-Fahrzeug-Produktion: Wird alles anders?
Erstes von acht Werken
Zwickau ist für Volkswagen aber nur der Anfang der E-Fahrzeug-Produktion. Künftig entstehen die Fahrzeuge in acht Werken auf drei Kontinenten – in Europa, Asien und Nordamerika. In Deutschland sollen etwas später die Standorte Emden und Hannover auf E-Autos auf MEB-Basis in Großserie umstellen.
In China entstehen in Anting/Shanghai und Foshan zwei Werke, die ab 2020 produzieren sollen. In Nordamerika wird der Standort Chattanooga die E-Fahrzeuge herstellen, rund 800 Millionen US-Dollar investiert VW dafür. „Sie alle werden von den Erfahrungen und dem Know-how der Zwickauer Mannschaft profitieren“, heißt es aus dem Konzern.
Und dieses Know-how wird gebraucht, wenn Volkswagen seine Ziele halten will. Bis zum Jahr 2028 will der Konzern „fast 70 E-Modelle“ auf den Markt bringen und weltweit bis zu 22 Millionen E-Autos herstellen und verkaufen – der Großteil davon soll auf dem MEB basieren. Neben dem ID 3 sollen das weitere „Familienmitglieder“ sein: Kompaktfahrzeuge, SUVs, große Limousinen – und Nutzfahrzeuge.
Umbau seit einem Jahr
Die erste, jetzt eröffnete Fertigungslinie baute VW seit Sommer 2018 um – Karosseriebau, Lackiererei, Montage, Infrastruktur und die Fördertechnik wurden auf die Elektroautos vorbereitet. Nach dem Produktionsstart des ID 3 ist jetzt die zweite Fertigungslinie dran; nach dem gleichen Muster, 50 Partnerfirmen unterstützen den Umbau. Viele der bisherigen Anlagen verwendet VW wieder, auch an anderen Standorten.
Auf dem Werksgelände in Zwickau errichtet der OEM zwölf neue Gebäude und Hallenteile. Allein das Erweitern des bestehenden Presswerks lässt sich Volkswagen rund 75 Millionen Euro kosten – ab 2021 entstehen dafür aber alle zentralen Karosserieteile des Modularen E-Antriebs-Baukasten vor Ort. Die zweite Fertigungslinie will Volkswagen bis Ende 2020 umgebaut haben. Parallel dazu rollt noch bis Mitte 2020 der Golf Variant vom Band. Ab dann verlassen nur noch elektrisch angetrieben Fahrzeuge die Werkshallen von Volkswagen in Zwickau – der Start dazu erfolgte heute. „Dieser Tag ist eine Anerkennung für alle, die hier und in Wolfsburg mitgekämpft haben. Wir freuen uns auf den Start!“, kommentierte Thomas Ulbrich.
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