Mikroplastik Reifenabrieb: Wo landen die Partikel?

Von Ampnet

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Mit jedem gefahrenen Meter hinterlassen Autos Reifenabrieb. Dadurch gelangt mehr Mikroplastik in die Umwelt als beim Waschen von Kunststoffkleidung. Wissenschaftler haben jetzt untersucht, wohin die Partikel gelangen.

Außerorts versickern Straßenabflüsse in der Regel über Bankett und Böschung. Der größte Teil des Reifenabriebs gelangt so in den straßennahen Boden, die obere bewachsene Bodenzone hält ihn zurück.
Außerorts versickern Straßenabflüsse in der Regel über Bankett und Böschung. Der größte Teil des Reifenabriebs gelangt so in den straßennahen Boden, die obere bewachsene Bodenzone hält ihn zurück.
(Bild: BASt)

Egal ob Pkw, Motorrad oder Linienbus: Ist das Profil der Pneus abgefahren, müssen neue Reifen her. Alleine im vergangenen Jahr wurden in Deutschland rund 48,5 Millionen Pkw-Reifen abgesetzt – so die aktuelle Schätzung des Branchenverbands Reifenhandel. Doch wohin verschwindet der Reifenabrieb? Dieser Frage gingen die Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) und die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) gemeinsam nach: in einem Forschungsprojekt des Expertennetzwerks des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, BMVI.

Stadt- versus Landstraße

Nach Berechnungen von BASt und BfG gelangen jährlich 60.000 bis 70.000 Tonnen Reifenabrieb in den Boden und 8.700 bis 20.000 Tonnen in Oberflächengewässer. Die Forschungsarbeiten zeigen, dass es dabei maßgeblich darauf ankommt, wo der Reifenabrieb entsteht: Auf Straßen in Ortschaften und Städten spült Regen den Reifenabrieb über kurz oder lang in die Kanalisation. Handelt es sich um ein sogenanntes Mischwassersystem mit Kläranlage, werden dann mehr als 95 Prozent des Reifenabriebs zurückgehalten.

An Straßen außerorts findet die Versickerung der Straßenabflüsse in der Regel über Bankett und Böschung statt. Der größte Teil des Reifenabriebs wird so in den straßennahen Boden eingetragen und von der oberen bewachsenen Bodenzone zurückgehalten. Circa 12 bis 20 Prozent des Reifenabriebs können in Oberflächengewässern landen. Dort wird ein Teil der Partikel abgebaut beziehungsweise lagert sich im Sediment ab – die genauen Anteile sind allerdings noch nicht bestimmbar.

In einer Modellstudie für das Einzugsgebiet der Flüsse Seine und Schelde fanden andere Autoren heraus, dass etwa zwei Prozent der ursprünglich freigesetzten Reifenabriebmenge ins Meer transportiert wird. Für Flüsse in Deutschland liegen noch keine Modellrechnungen vor. Die Effekte auf bodenbewohnende Organismen ist bisher kaum bekannt, ebenso die ökotoxischen Wirkungen für Wasserorganismen.

Abrieb eine der größten Mikroplastikquellen

Fahrzeugreifen bestehen etwa zur Hälfte aus vulkanisiertem Naturkautschuk oder synthetischem Gummi und enthalten darüber hinaus eine Vielzahl von Füllmitteln und anderen chemischen Zusatzstoffen. Der Abrieb von Autoreifen ist damit eine der größten Mikroplastikquellen – deutlich vor Faserabrieb, der beim Waschen von Kleidung aus Kunstfasern entsteht.

Effekte kaum erforscht

Für einen aktiven Gewässerschutz empfehlen die Experten alle wasserwirtschaftlichen Maßnahmen weiter zu optimieren, die die Einträge in Gewässer mindern. Die bessere Reinigung von Straßenabflusswasser und die gute Unterhaltung der Behandlungsanlagen sind dabei wichtige Schritte, ebenso wie intermodale Transport- und Verkehrskonzepte. Aber auch langlebige abriebarme Reifen, leichtere Fahrzeuge und ein ruhiges Fahrverhalten könnten einen Beitrag zu weniger Reifenabrieb leisten.

Reifenabrieb bildet sich an den Laufflächen von Fahrzeugreifen, vor allem beim Beschleunigen und Bremsen. Dabei entstehen Partikel, die aus einer Mischung von Gummi und Straßenabrieb bestehen. Bereits bekannt war, dass ein kleiner Anteil des Reifenabriebs von der Straße in die Luft gelangt – etwa fünf bis zehn Prozent –, wo er zur Feinstaubbelastung beiträgt. Der Weg des weit größeren Anteils von rund 90 Prozent des Reifenabriebes war bisher aber nicht detailliert geklärt.

Was ist das BMVI-Expertennetzwerk?

Das BMVI-Expertennetzwerk ist das verkehrsträgerübergreifende Forschungsformat in der Ressortforschung des BMVI. Unter dem Leitmotiv „Wissen – Können – Handeln“ haben sich sieben Ressortforschungseinrichtungen und Fachbehörden des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur im Jahr 2016 zu einem Netzwerk zusammengeschlossen. Ziel ist es, drängende Verkehrsfragen der Zukunft zu erforschen: unter anderem in den Bereichen Klimawandel, Umweltschutz, alternde Infrastruktur und Digitalisierung, erneuerbare Energien und verkehrswirtschaftliche Analysen. Außerdem soll durch Innovationen das resiliente und umweltgerechte Gestalten der Verkehrsträger möglich werden.

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