Brennstoffzelle Rollenprüfstände für Wasserstoffautos

Von Sven Prawitz

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Vor allem in Asien entwickeln einige Autohersteller Fahrzeuge mit Wasserstoffantrieb. Für Rollenprüfstände ist der flüchtige und explosive Stoff eine Herausforderung.

Rollenprüfstand für Fahrzeuge mit Wasserstoff-Brennstoffzelle.
Rollenprüfstand für Fahrzeuge mit Wasserstoff-Brennstoffzelle.
(Bild: Weiss Technik)

Weiss Technik hat im chinesischen Tianjin eine Klima- und Leistungsprüfkammer für Wasserstoffautos gebaut. Laut Unternehmensangaben ist es die weltweit erste Messeinrichtung dieser Art. Der Rollenprüfstand für Wasserstofffahrzeuge integriert die Sonnensimulation und verfügt über eine besondere Sicherheitsausstattung.

Jörg Ruppert leitet bei Weiss Technik den technischen Verkauf im Bereich Anlagenbau. Er erläutert die Risiken und Besonderheiten bei der Umsetzung von solchen Prüfständen.

Herr Ruppert, Sie haben die erste Prüfkammer für Wasserstofffahrzeuge in China installiert. Wie groß ist das Interesse der chinesischen Autoindustrie an der Technik?

Jörg Ruppert leitet bei Weiss Technik den technischen Verkauf im Bereich Anlagenbau.
Jörg Ruppert leitet bei Weiss Technik den technischen Verkauf im Bereich Anlagenbau.
(Bild: Weiss Technik)

Das Interesse an Wasserstofftechnik ist auf dem chinesischen Markt groß. Dies zeigt unter anderem die aktuell weltweit größte Serienproduktion von Brennstoffzellenfahrzeugen eines chinesischen Automobilherstellers. Der Bereich Nutzfahrzeuge erhält besondere Aufmerksamkeit. Auch die Politik in China zeigt ein sehr großes Interesse an der Weiterentwicklung von Wasserstoffanwendungen im Zuge neuer Märkte und des künftigen Klimaschutzes.

Spüren Sie bereits eine steigende Nachfrage?

Definitiv. Mit Wasserstoff beschäftigen sich viele Automobilproduzenten, auch die entsprechenden Zulieferer. Also Firmen, die Komponenten bauen: Leitungssysteme, Ventile, Tanks oder Sicherheitsausstattung. Was wir ebenfalls verstärkt verzeichnen, sind Anfragen, um bestehende Testanlagen für Wasserstoffanwendungen nachzurüsten.

Aus welchen Märkten kommt das Interesse an der Prüftechnik?

Neben der Automobilbranche besteht hohes Interesse im Bereich der Energietechnik. Da geht es beispielsweise um Brennstoffzellensysteme, die es ermöglichen, Wasserstoff in elektrische Energie umzuwandeln. Und umgekehrt Elektrolyseure, die aus elektrischer Energie Wasserstoff erzeugen. Diese beiden Technologien sind wichtige Faktoren für eine emissionsfreie Energiebereitstellung, um in Zukunft Fluktuationen der Solar- und Windenergie auszugleichen. Solche Systeme können ebenfalls in unseren Kammern getestet werden. Des Weiteren gewinnen Anwendungen in der Luftfahrt an Bedeutung.

Welche Umwelteinflüsse müssen im Betrieb von Wasserstofffahrzeugen beachtet werden?

Bei den Umweltsimulationen werden die klassischen Parameter geprüft: hohe und niedrige Temperaturen, auch schnelle Wechsel. Dazu Feuchte und Korrosion, die beispielsweise durch Salznebel und bei Offshore-Anwendungen entstehen können. Ebenso unterschiedliche Witterungsverhältnisse oder Bestrahlung durch Infrarot- und UV-Licht. Alles in wenigen Tagen, sozusagen im Zeitraffer.

Was wird noch getestet?

Wichtig ist, die Auswirkungen von Vibration zu untersuchen, weil dadurch die Systeme undicht werden können. Zudem prüfen wir Effekte von Unter- und Überdruck, die vor allem bei Mobilität in Höhenlagen oder bei Fluggeräten von Bedeutung sind.

Sie haben eine mögliche Nachrüstung von Bestandsanlagen erwähnt. Was ist zu beachten?

Es gilt genau abzuschätzen, welche Gefahren durch Wasserstoff entstehen, wie man Vorfälle verhindern kann und welche Gegenmaßnahmen bei kritischen Situationen einzuleiten sind. Das heißt: genaue Inspektion der Anlage vor Ort mit Sichtung, Beratung und individueller Konzepterstellung.

Wasserstoff ist recht aggressiv. Was bedeutet das für die Fahrzeugtechnik? Und was für die Tests?

Das stimmt. Wasserstoff reagiert leicht mit Sauerstoff, ist also hochexplosiv. Darauf muss man sich einstellen. Wichtig ist, keine undichten Stellen zu haben, also den Austritt von Wasserstoff zu verhindern. Etwa mit kleinen Bauteilen. Oder Rohren mit doppelter Wandung, zusätzlich beschichtet, um Korrosion auszuschließen. Mit solchen Versorgungsleitungen arbeiten beispielsweise Anlagen, mit denen Brennstoffzellen getestet werden. Dort gibt es auch Schnellschlussventile, die sofort abriegeln, wenn Wasserstoff frei wird.

Wenn trotz aller Vorsichtmaßnahmen Wasserstoff austritt – was ist zu beachten?

Geschieht das, muss man verhindern, dass ein explosives Gemisch entsteht. Die Menge des frei gewordenen Wasserstoffs, bezogen auf das Raumvolumen und die Dauer des Austritts, bestimmt das Risiko. Als Faustformel gilt: Ist die Menge gering und die Zeiteinheit lang, ist es beherrschbar. Ist die Menge groß und die Zeiteinheit kurz, wird es gefährlich.

Welche Maßnahmen sind bei einer kritischen Situation notwendig?

Die Gefahr muss man schnell detektieren und signalisieren. Eine weitere Notmaßnahme ist, den Wasserstoff zu verdünnen. Dabei kommt es auch darauf an, wo der Austritt passiert – zum Beispiel bestimmt die Größe des Raums, wie stark der Wasserstoff verdünnt werden muss. Bei konkreter Explosionsgefahr hilft nur noch die Anlage abzuschalten.

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Von welchen Branchen könnten sich Autohersteller und Zulieferer erfolgreiche Vorgehensweisen beim Umgang mit Wasserstofftechnik abschauen?

Chemie und Energieindustrie. Auch Marine, Aeronautik und Aerospace, mit allen System- und Komponentenlieferanten. Vielleicht fliegen bald Serien-Kleinflugzeuge mit Wasserstoff. Wasserstoffflugzeuge gab es ja schon oder auch Motoren als Wasserstoff-Verbrenner. Wasserstoff wird beispielsweise bereits in der Nutzfahrzeugindustrie eingesetzt.

Gibt es Ersatzstoffe, mit denen man testen kann, um beispielsweise den Aufwand zu reduzieren?

Die spezifischen Eigenschaften des Wasserstoffs lassen sich beim Test durch andere Elemente nicht ersetzen. Daher braucht es eine gezielte Risikobewertung und Gefahrenanalyse mit entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen. Zudem würde ein Ersatzstoff wenig Sinn machen, weil die Produkte, die später mit Wasserstoff betrieben werden, dafür eine entsprechende Zulassung benötigen. (sp)

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