Entwicklung Sounddesign: Was tun ohne V8?

Von Tina Rumpelt

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Wie soll ein Auto klingen, das keinen Klang hat, weil es still und leise elektrisch fährt? Ein Einblick ins „Soundstudio“ für den E-Tron GT.

Audi-Sounddesigner Rudolf Halbmeir (links) und Stephan Gsell: „Wir mussten einen kontinuierlichen Ton finden, der unendlich wiederholbar ist.“
Audi-Sounddesigner Rudolf Halbmeir (links) und Stephan Gsell: „Wir mussten einen kontinuierlichen Ton finden, der unendlich wiederholbar ist.“
(Bild: Audi)

Stephan Gsell ist Sounddesigner. Er hat Elektrotechnik studiert, Klavierspielen zählt er zu seinen Hobbies. Die Stunden an den Tasten machen sich heute bezahlt: Er parliert ganz locker über Terzen, Frequenzen und Klangstrukturen. Gsell ist einer der Klangmeister des neuen Audi E-Tron GT. Der rein elektrisch fahrende Gran Turismo, entstanden auf der Plattform des Porsche Taycan, kommt 2021 auf den Markt und fällt damit als erster Audi unter die neuen Geräuschgesetze für Elektroautos.

EU-Vorschrift: E-Autos müssen „hörbar“ sein

Eine Verordnung des EU-Parlaments schreibt ein künstliches Warngeräusch für alle ab Juli 2021 neu zugelassenen Hybrid- und Elektrofahrzeuge sowie Brennstoffzellenautos verpflichtend vor. In den USA gilt eine ähnliche Pflicht. Das „Acoustic Vehicle Alerting System“, kurz AVAS, muss vom Anfahren bis Tempo 20 km/h und beim Rückwärtsfahren automatisch einen Verbrenner-ähnlichen Ton mit mindestens 56 dB(A) und maximal 75 dB(A) erzeugen. Warum nur bis Tempo 20? Weil ab höheren Geschwindigkeiten die Abrollgeräusche der Reifen auch künstlichen Motorenklang übertönen. Beim Beschleunigen soll sich die Tonlage von einer eher tiefen zu einer höheren Frequenz verändern.

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590 PS, sportlicher Auftritt: Wie klingt das?

Mit diesem Anforderungskatalog auf dem Tisch tauchte Stephan Gsell vor gut einem Jahr in die Welt der Töne und Klänge ein, um genau den Sound zu finden, der „die Identität des E-Tron GT verkörpert“, so der Sounddesigner. Der sportliche Viertürer, ausgestattet mit stolzen 590 PS, sollte im Alltagsbetrieb eher unaufdringlich klingen und dennoch akustisch seine Stärke zeigen. Es ist ein diffiziles Spiel mit den Frequenzen: Tiefe Töne implizieren Volumen und Kraft. So wie das satte Brummen eines Zwölf-Zylinder-Motors. Hohe Frequenzen erleichtern Passanten die Ortung der Klangquelle. Deshalb piepsen Lkws auf Rückwärtsfahrt.

Auf seiner Klangsuche sammelte Gsell vor allem technische Töne – etwa von Windrädern, Ventilatoren, Hubschrauber-Modellen. Er trug unzählige Tonaufnahmen zusammen, experimentierte am Synthesizer und mit Musikinstrumenten. „Wir mussten einen kontinuierlichen Ton finden, der unendlich wiederholbar ist.“

Klang-Mix aus 32 Tonspuren

Eine große Rolle spielte schließlich ein knapp drei Meter langes Metallrohr, etwa fünf Zentimeter im Durchmesser. „Den leicht flatternden Ton, den wir einfingen, als wir das Rohr vor einen Ventilator hielten, nutzten wir letztlich als Soundbasis“, erläutert Gsell. Es folgten viele Stunden im Soundlab. Das finale Ergebnis ist eine Mischung aus insgesamt 32 Tonspuren. Die Software für das Sounddesign entwickelten die Designer gleich mit, denn, „auf dem Markt fanden wir nichts, was unsere spezifischen Anforderungen erfüllen konnte.“

Surround-Geräuschkulisse gegen Aufpreis

Nun rauscht der E-Tron GT also heran. Zwei Steuergeräte agieren als Dirigenten der Soundkulisse. Der E-Sportler klingt fast wie ein echter Sportler, ein bisschen künstlich vielleicht und nicht ganz so sonor und brummig wie ein PS-starker Verbrenner. Aber es macht Spaß zuzuhören, wie der GT in Fahrt kommt. Ein Lautsprecher im Frontbereich außen gehört zur Serienausstattung. Wer Surround-Sound genießen will, kann einen zusätzlichen Lautsprecher im Heckbereich und im Fahrzeuginneren ordern – gegen Aufpreis.

Das Außengeräusch wird übrigens bis 60 km/h langsam ausgeblendet. Dann sind außen nur noch die Reifen „Sound-Maker“. Nur wer sich den Innenlautsprecher gegönnt hat, genießt den Genuss der akustischen Untermalung seiner Fahrt auch jenseits der Tempo-60-Marke.

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