Neue Mobilität Start-up Urmo: Die letzte Meile ist elektrisch

Autor Svenja Gelowicz

Münchner Maschinenbaustudenten denken das Segway neu: Mit ihrem elektrifizierten Board namens Urmo wollen sie urbane Mobilität besser machen – durch Leichtbau wird das Kleinstfahrzeug alltagstauglich.

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Das Team rund um Jakob Karbaumer (2. v. li.) und Felix Ballendat (re.). Ihr Ziel: urbane Mobilität besser machen – mit einem alltagstauglichen Leichtbau-Hoverboard für die letzte Meile.
Das Team rund um Jakob Karbaumer (2. v. li.) und Felix Ballendat (re.). Ihr Ziel: urbane Mobilität besser machen – mit einem alltagstauglichen Leichtbau-Hoverboard für die letzte Meile.
(Bild: Urmo)

Felix Ballendat, 28, hat 2012 einen BMW Z3 auf E-Antrieb umgerüstet: Das Auto schaffte den TÜV und 200 Kilometer Reichweite. Der Maschinenbaustudent, mittlerweile kurz vor dem Masterabschluss, lernte den Beruf CNC-Techniker im Flugzeugbau und baute sich währenddessen in der Garage seiner Eltern eine Werkstatt auf; von der Drehbank bis zur Fräsmaschine ist er gut ausgestattet. „Ich wollte damals schon zeigen, was Elektromobilität kann“, sagt Ballendat. Während seines Studiums hat er in Kalifornien bei Tesla am Model 3 mitgearbeitet; sein Geschäftspartner Jakob Karbaumer, 23, war bei BMW und dem kroatischen E-Sportwagenhersteller Rimac.

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Hoverboard für die letzte Meile

Beide bezeichnen sich als „mobilitätsverrückt“ – und sie teilen eine Vision: Ein Kleinstfahrzeug für die Stadt, genauer gesagt: für die sogenannte letzte Meile – also zum Beispiel von zu Hause zur U-Bahn, dort zusammenklappen auf die Größe eines Aktenkoffers, dann am nächsten Bahnhof wieder aufklappen. Dafür haben sich die beiden ein E-Board ausgedacht. „Wir haben uns sehr detailliert mit Elektromobilität auseinandergesetzt. Wie funktioniert ein E-Antrieb, was heißt es einen zu bauen; wir haben einen eigenen entwickelt“, erzählt Jakob Karbaumer.

Segway macht es vor

Beide sind überzeugt: Das perfekte Fahrzeug für die Stadt ist kein Auto – auch nicht mit E-Antrieb. Denn selbst ohne lokale Emissionen braucht es zu viele Ressourcen in der Herstellung, nimmt zu viel Platz weg. Ihre Lösung: selbstbalancierende Kleinstfahrzeuge. „Diese Idee ist nicht unsere, das hat Segway schon vor 20 Jahren erfunden – eine solide Technik. Aber: Wir haben sie alltagstauglich gemacht“, sagt Felix Ballendat. Und dafür basteln Ballendat und Karbaumer bereits seit zwei Jahren an ihrem „Urmo“. Alltagstauglich meint: große Reifen, ein einfacher und bereits patentierter Klappmechanismus zum Transportieren – und vor allem wenig Gewicht. Das Board wiegt nur 6,5 Kilogramm. „Leichtbau macht den Urmo erst möglich“, sagt Karbaumer. Das erreicht Urmo zum einen mit Kohlefasern, die Bauteile sollen in der Serie im C-SMC-Verfahren hergestellt werden.

Reichweite: 20 Kilometer

Zum anderen haben die beiden ein hoch integriertes System ausgetüftelt. „Die Leichtbaustrategie wirkt nicht nur im Bauteil, sondern vor allem im Gesamtkonzept. Das Fahrzeug funktioniert nur wegen der hohen Entwicklungstiefe“, fasst Karbaumer zusammen. Jede Komponente wurde so entwickelt, dass sie zur nächsten passt, alles sei auf das Nötigste reduziert. Muss man Hoverboardfahren nicht erst ausreichend üben? Das Fahrzeug steuert der Fahrer, indem er das Gewicht entsprechend verlagert; das kann anfangs schwierig sein. Laut Ballendat kommen die Leute mit dem Prototyp gut klar, eine fünfminütige Testfahrt reiche. Die optionale, zusammenklappbare Haltestange sei eher eine psychologische Komponente – um die Barriere in den Köpfen der Fahrer zu überwinden.

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Das elektrische Kleinstfahrzeug schaffe 20 Kilometer Reichweite und eine Geschwindigkeit von 15 km/h. Über eine Crowdfunding-Kampagne wollen die beiden ihre erste Kleinserie finanzieren, rund 1.800 Euro soll der Urmo für Privatpersonen kosten – langfristig wollen sie das Fahrzeug unter 1.000 Euro anbieten. Das Ziel: Kundenfeedback, den Proof of Market, um im nächsten Schritt eine Bewertung aufrufen zu können – und natürlich die Erkenntnisse der Kleinserie für das Volumen mitnehmen.

Die Industrialisierung des Urmo

Fertigungspartner für die Endmontage hat Urmo bereits, in Gesprächen mit Zulieferern befinden sie sich aktuell. Die Batteriezellen kauft sich Urmo aktuell aus China ein. „Wo kriegen wir die Bauteile her, wie lange dauert das, die Kostenplanung: Das sind gerade wichtige Themen für uns“, erzählt Karbaumer. Generell fehle die Man­power. Dafür heuert Urmo gerade einen dritten Gründer an, der dann die Rolle des CFO einnehmen soll. Apropos gründen: Felix Ballendat und Jakob Karbaumer finanzieren ihr Start-up bislang privat; dabei helfen auch Preisgelder und Förderungen der Hochschule München sowie des Strascheg Center for Entrepreneurship.

Die Unternehmensgründung ist noch für dieses Jahr geplant, dafür hoffen die beiden auf ein Stipendium. Pläne für die Zukunft haben sie auch; die Kleinstfahrzeuge sollen irgendwann mal im Sharing-Modell angeboten werden – dafür müsse der Urmo aber noch robuster werden. Und sonst? „Wir wollen neue Produkte entwickeln, Mobilität neu denken. Das ist zwar gerade die Standardantwort, aber: Wir wollen auch mal in die Luft“, sagt Felix Ballendat. 

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