Zulieferer ThyssenKrupp: Restrukturierung der Geschäftsbereiche
Das Gerede um den Verkauf der Automotive-Sparte von ThyssenKrupp ist verstummt. Der Essener Konzern hat jetzt im Geschäftsbereich Components Technology die Automobil-Aktivitäten angesiedelt. Die Produkte kommen insbesondere in Premium-Fahrzeugen erfolgreich zum Einsatz. Das lässt auch die wirtschaftlichen Ziele wachsen.
Anbieter zum Thema

ThyssenKrupp hat sich restrukturiert. Im Geschäftsbereich Components Technology (CT), einer von insgesamt sechs „Business Areas“ des Konzerns aus Essen, sind jetzt die Automobil-Aktivitäten angesiedelt. „Wir sind weltweit gut unterwegs“, sagte Dr. Karsten Kross, Bereichsvorstand von Components Technology. Dabei helfe die Struktur von CT in vier Hauptabnehmer-Branchen: Pkw, Lkw, Baumaschinen und Windenergie. Wobei die Untergliederung in die Zuständigkeiten Chassis, Industrie und Powertrain zum Erfolg beiträgt.
So erwirtschaftete Components Technology im letzten Geschäftsjahr 2012/13 rund 14 Prozent des Konzern-Umsatzes und rechnet im Geschäftsjahr 2013/14 mit einem Umsatz von rund sechs Milliarden Euro. Ein ambitioniertes Ziel verfolgt der Bereich bei der EBIT-Marge, dem Verhältnis von Gewinn vor Zinsen und Steuern zu den Umsatzerlösen. Durch weitere Verbesserungen von Produktqualität und Kostenlage sowie durch Wachstum soll eine EBIT-Margen-Ziel von sechs Prozent bis acht Prozent erreicht werden, die aktuell mit vier Prozent etwa zwei Prozent bis drei Prozent unter dem Durchschnitt der Automobilzulieferer liege, erklärte Carsten Evers, der CFO des Geschäftsbereichs.
Starkes Wachstum in Asien und Nafta
Components Technology hat ein breites Produkt- und Kundenspektrum und verzeichnet ein starkes Wachstum in den Zukunftsmärkten Asien und Nafta. Wobei die Hightech-Komponenten und Systeme für die Automobilindustrie und den Maschinenbau von 28.000 Mitarbeitern an weltweit 80 Produktionsstandorten hergestellt werden. Beispielsweise gibt es für Automobile und Baumaschinen im Bereich Powertrain die Geschäfts-Einheiten Nockenwellen sowie Kurbelwellen & Motorkomponenten und im Bereich Chassis die Einheiten Lenkungen, Dämpfer, Feder & Stabilisatoren sowie Automotive Systems. Weltweit habe CT damit führende Marktpositionen erreicht, erklärte Kroos. „Bei Pkw sind neun von zehn Premium-Fahrzeugen mit unseren Komponenten ausgestattet, und in ein von drei Lkw-Motoren sorgt unsere Kurbelwelle für den Antrieb.“
„Im Premium-Segment, da finden wir unsere Heimat“, so Kross, verweist jedoch ebenso auf das weltweit breite Kundenspektrum, wo fast alle Automobilhersteller zu finden sind, zunehmend auch chinesische. Deshalb wird der Aufbau weitere Produktionsstandorte weltweit vorangetrieben. Mit sieben neuen Werken im Aufbau, eines davon in Deutschland, „sind wir auf der Überholspur“, betonte der Bereichsvorstand. ThyssenKrupp Components Technology betreibt in China bereits zehn Fertigungsstandorte mit mehr als 4.000 Mitarbeitern und erwirtschafteten im Geschäftsjahr 2012/13 dort einen Umsatz von rund 800 Millionen Euro. Im November startet nun ein neues Werk für die Nockenwelle-Produktion in China und noch in diesem Jahr ein weiteres in Mexiko.
„Wir sind mit unseren Produkten und Innovationen in den aller neusten Pkw-Plattformen vertreten.“ Kroos wies weiter auf die ansehnlichen Stückzahlen hin, die im laufenden Geschäftsjahr weltweit gefertigt werden: 30 Millionen Schraubenfedern, 25 Millionen Lenksäulen, 20 Millionen Nockenwellen, 15 Millionen Stabilisatoren und zehn Millionen geschmiedete Kurbelwellen für Pkw und Lkw, mit denen CT zu den größten Schmiedeunternehmen der Welt gehört.
Entwicklungsschwerpunkt „Steer-by-wire“
„Wir setzen auf Hightech, auch in Asien“, verwies Kross mit Blick auf den Forschungs- und Entwicklungs-Aufwand des Konzerns. ThyssenKrupp erhöhte im Geschäftsjahr 2014/15 gegenüber 2010/11 dafür die Investitionen um 30 Prozent auf über 700 Millionen Euro. „Und ein großer Teil davon nutzt Components Technology“, so Kroos weiter. So ist unter anderen die „Steerby-Wire“-Technologie, die auch für das (hoch)automatisierte Fahren benötigt wird, als Entwicklungs-Schwerpunkt positioniert. Diese Lenkung, ohne durchgehende mechanische Verbindung zwischen Lenkrad und Lenkgetriebe, wird zukünftig viel neue Lenk- und Assistenz-Funktionen ermöglichen, die die Sicherheit und den Komfort des Autofahrens weiter erhöhen.
Mit „Steer-by-Wire“ fährt ein von CT modifizierter kleiner Sportwagen als Versuchsträger, gebaut aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff (CFK). Der Roding, hergestellt von Stangl & Co aus Roding in der Oberpfalz, nahe Cham, bietet den Ingenieuren im Verbund mit Testfahrten und Prüfständen eine umfassende Entwicklungsumgebung für die „Steerby-Wire“-Technologie und schließt eine Lücke. Denn Konzepte und Funktionalitäten können nicht allein am Computer simuliert oder am Prüfstand getestet werden.
Elektromechanische Lenkung geht an den Markt
Des Weiteren läuft die Markteinführung der neu entwickelten elektromechanischen Lenkung „Column-EPS“ – auch in China. Dieses EPS-System ist speziell für die hohen Akustik- und Bauraumanforderungen im Cockpit ausgelegt. Generell verbraucht das EPS 0,3 bis 0,5 Liter pro 100 Kilometer weniger Kraftstoff als eine hydraulische Lenkung. Und das EPS ist zukunftsträchtig, weil nur mit ihm Assistenzsysteme wie Einparkhilfe, Spurhalteassistent etc. zu verwirklichen sind.
Schon seit 2010 wird das „Rack-EPS“ von der Geschäfts-Einheit Steering der ThyssenKrupp Presta Mülheim GmbH im Werk an der Ruhr gefertigt. Es ist einer von 13 weltweiten Standorten der Geschäfts-Einheit Lenkung, in dem letztes Jahr 1.400 Lenkgetriebe produziert wurden, sowohl mechanische und hydraulische als auch elektromechanische Lenkungen. Das „Rack-EPS“ ist ein Lenkgetriebe, bei dem die Unterstützungskraft auf die Zahnstange wirkt. Bei der angewendeten Bauform sind Servomotor und Steuergerät parallel zur Zahnstange angeordnet. Über einen Zahnriementrieb wird die E-Motorleistung für die Lenkung auf einen Kugelgewindetrieb übertragen, das die Zahnstange und damit die Räder bewegt. Diese Art des EPS bringt es mittlerweile auf 30 „Rack-EPS“-Versionen für Premium-Fahrzeuge. Etwa 700.000 Einheiten laufen in Mülheim jährlich vom Band. „Und das im letzten Jahr mit einer Null-Fehler-Qualität“, versicherte Thomas Lau, Geschäftsführer des Werks.
(ID:43031455)