SPD, Grüne, FDP Verbrenner-Aus, Tempolimit und Co. – das steht im Ampel-Koalitionsvertrag

SPD, Grüne und FDP haben am Mittwoch ihren Koalitionsvertrag präsentiert. Mehrere Seiten des Dokuments befassen sich mit Automobil-Themen.

Olaf Scholz (SPD) will sich in der Nikolauswoche zum nächsten Bundeskanzler wählen lassen.
Olaf Scholz (SPD) will sich in der Nikolauswoche zum nächsten Bundeskanzler wählen lassen.
(Bild: © Deutscher Bundestag / Henning Schacht)

„Wir wollen die 2020er Jahre zu einem Aufbruch in der Mobilitätspolitik nutzen und eine nachhaltige, effiziente, barrierefreie, intelligente, innovative und für alle bezahlbare Mobilität ermöglichen.“ Mit diesen Worten leiten die Vertreter der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP und damit der kommenden Bundesregierung ihre Vorhaben zum Thema Mobilität in ihrem Koalitionsvertrag ein.

Mobilität sei ein „zentraler Baustein der Daseinsvorsorge, Voraussetzung für gleichwertige Lebensverhältnisse und die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschafts- und Logistikstandorts Deutschland mit zukunftsfesten Arbeitsplätzen“. Dafür werde man die Infrastruktur ausbauen und modernisieren sowie Rahmenbedingungen für vielfältige Mobilitätsangebote in Stadt und Land weiterentwickeln, versprechen die Parteien.

Die Vorhaben im Detail

  • Infrastruktur: Die Ampelkoalition will nach eigener Aussage „wesentlich mehr in die Schiene als in die Straße investieren“. Bei Fernstraßen soll der Fokus stärker auf Erhalt und Sanierung liegen. Bei der Lkw-Maut soll es ab 2023 eine CO2-Differenzierung geben.
  • ÖPNV und neue Mobilitätsangebote: Ziel der Ampelkoalition ist es, die Fahrgastzahlen im öffentlichen Personennahverkehr „deutlich zu steigern“. Mobilitätsanbieter werden dazu verpflichtet, ihre Echtzeitdaten zu teilen. Neue Mobilitätsdienste und Carsharing sollen in eine langfristige Strategie für autonomes und vernetztes Fahren einbezogen werden.
  • Autoverkehr: Bis 2030 soll Deutschland zum Leitmarkt für Elektromobilität werden. Mindestens 15 Millionen E-Autos hierzulande peilt die Ampel-Koalition an. Zu einem möglichen Verbrenneraus heißt es: „Gemäß den Vorschlägen der Europäischen Kommission werden im Verkehrsbereich in Europa 2035 nur noch CO2-neutrale Fahrzeuge zugelassen – entsprechend früher wirkt sich dies in Deutschland aus. Außerhalb des bestehenden Systems der Flottengrenzwerte setzen wir uns dafür ein, dass nachweisbar nur mit E-Fuels betankbare Fahrzeuge neu zugelassen werden können.“ An anderer Stelle im Vertrag steht: „Schritt für Schritt beenden wir das fossile Zeitalter, auch, indem wir den Kohleausstieg idealerweise auf 2030 vorziehen und die Technologie des Verbrennungsmotors hinter uns lassen.“
    Bis 2030 sollen eine Million öffentliche Ladesäulen entstehen, vor allem Schnellladepunkte. „Wir setzen auf die Mobilisierung privater Investitionen. Wo wettbewerbliche Lösungen nicht greifen, werden wir mit Versorgungsauflagen, wo baulich möglich, die verlässliche Erreichbarkeit von Ladepunkten herstellen“, heißt es weiter.
    Ein Mobilitätsdatengesetz soll freien Zugang von Verkehrsdaten sicherstellen. Bei Fahrzeugdaten strebt die Ampel ein Treuhänder-Modell an, „das Zugriffsbedürfnisse der Nutzer, privater Anbieter und staatlicher Organe sowie die Interessen betroffener Unternehmen und Entwickler angemessen berücksichtigt“.
  • Elektroauto-Förderung: SPD und Grüne haben sich hier offenbar gegen die FDP durchgesetzt. Die E-Auto-Prämie wird vorerst in ihrer aktuellen Form bis zum 31. Dezember 2022 fortgeführt. Danach solle die Förderung so weiterentwickelt werden, „dass sie ab dem 1. Januar 2023 nur für KFZ ausgegeben wird, die nachweislich einen positiven Klimaschutzeffekt haben“. Das definiere sich über die elektrische Reichweite. Ab dem 1. August 2023 muss diese mindestens 80 Kilometer betragen, um Subventionen zu bekommen. Nach 2025 soll es dann gar keine Förderung mehr geben.
    Bei Plug-in-Hybriden will die Koalition durch eine Änderung in der Dienstwagensteuer den elektrischen Fahranteil erhöhen. PHEV sollen nur noch dann mit 0,5 Prozent versteuert werden können, wenn sie zu mehr als 50 Prozent elektrisch fahren. Ist das nicht der Fall, greift die Regelbesteuerung von einem Prozent. Wie genau eine solche Regelung umgesetzt werden soll, lässt sich dem Koalitionsvertrag allerdings nicht entnehmen.
  • Automobilstandort Deutschland: Von zentraler Bedeutung ist für die Ampelkoalition die Produktion und das Recycling von Batteriezellen in Deutschland. „Wir unterstützen die Transformation des Automobilsektors, um die Klimaziele im Verkehrsbereich zu erreichen, Arbeitsplätze sowie Wertschöpfung hierzulande zu erhalten“, heißt es in dem Papier. Auf Bundesebene soll eine Strategieplattform „Transformation Automobilwirtschaft“ entstehen, über die sich Mobilitätswirtschaft, Umwelt- und Verkehrsverbände, Sozialpartner, Wissenschaft, Bundestag, Länder und kommunale Spitzenverbände mit den zuständigen Bundesressorts austauschen können.
  • Verkehrsordnung: Ein generelles Tempolimit wird es nicht geben. Begleitetes Fahren soll künftig bereits ab 16 Jahren möglich sein. Das Monopol bei der Fahrerlaubnisprüfung will die Politik aufheben. In Nutzfahrzeugen sollen Notbrems- und Abstandsassistenten nicht mehr abgeschaltet werden dürfen.
  • Wasserstoff: Die Produktion von grünem Wasserstoff soll gefördert werden, auch hier soll Deutschland zum Leitmarkt werden. Mobilität und Brennstoffzellenfahrzeuge werden als Abnehmer nicht direkt angesprochen. Stattdessen heißt es: „Wir wollen den Einsatz von Wasserstoff nicht auf bestimmte Anwendungsfelder begrenzen. Grüner Wasserstoff sollte vorrangig in den Wirtschaftssektoren genutzt werden, in denen es nicht möglich ist, Verfahren und Prozesse durch eine direkte Elektrifizierung auf Treibhausgasneutralität umzustellen.“

Verkehrsministerium geht wohl an die FDP

Der Koalitionsvertrag muss bei SPD und FDP nun noch jeweils durch Parteitage und bei den Grünen durch eine Mitgliederbefragung gebilligt werden. In der Nikolauswoche will sich Olaf Scholz (SPD) dann im Bundestag als neuen Bundeskanzler wählen lassen.

Das Ministerium für Verkehr und Digitales wird künftig wohl von der FDP geführt. Wer den Ministerposten übernehmen soll, ist noch nicht bekannt. Als Favorit gilt Generalsekretät Volker Wissing.

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