Übersicht: Automobilzulieferer Was sind Automobilzulieferer? Grundlagen, Ranking und Beispiele

Aktualisiert am 04.08.2023 Von Sven Prawitz Lesedauer: 8 min

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Wer sind die Top-Automobilzulieferer in Deutschland und welche sind die weltweit größten? Definition, Beispiele, Trends und Branchenwissen – einfach erklärt und auf einen Blick!

Automobilzulieferer gibt es über kleine und mittelständische Unternehmen bis hin zu den Großkonzernen wie Bosch oder Conti: Definition, Branchenwissen, Trends und Top-100-Ranking.
Automobilzulieferer gibt es über kleine und mittelständische Unternehmen bis hin zu den Großkonzernen wie Bosch oder Conti: Definition, Branchenwissen, Trends und Top-100-Ranking.
(Bild: Brose)

Automobilzulieferer (englisch: Automotive Supplier) sind laut Definition: Unternehmen, die Güter herstellen, welche in den Fertigungsprozess eines Automobils eingehen beziehungsweise Bestandteil eines Automobils werden, sodass sie diese Güter direkt oder indirekt an einen Automobilhersteller, synonym Original Equipment Manufacturer (OEM), liefern.1

Das können einzelne Bauteile sein, etwa Schrauben, oder ganze Baugruppen, zum Beispiel vormontierte Türmodule. Automobilzulieferer sind also Teil einer Auto-Lieferkette.

Was macht ein Automobilzulieferer?

Beispiele für einzelne Bauteile sind Schrauben, Lager, Dichtungen oder Bleche. Baugruppen wiederum sind zum Beispiel die E-Achse. Diese Baugruppe hat unter anderem Bosch auf der IAA vorgestellt – Autophorie hat sich die E-Achse angeschaut:

Alexander Fraß, Autor von „Automobilzuliefererindustrie in Deutschland“, grenzt den Begriff Automobilzulieferer weiter folgend ein:

„Zulieferer der Automobilindustrie können in zwei Hauptgruppen aufgeteilt werden. Automobilzulieferer im ,engeren Sinne' sind jene Unternehmen, die direkt automobilspezifische Teile und Komponenten an einen OEM liefern. Automobilzulieferer im ,weiteren Sinne' sind Unternehmen, die nicht-automobil-spezifische Leistungen in die Wertschöpfungskette einbringen.

Die werden jedoch in der Regel nicht in die Automobilwirtschaft gezählt, da ansonsten eine große Anzahl von Unternehmen – trotz des sehr geringen Wertschöpfungsanteils – zugehörig wäre.“

Erklärt: Die Zulieferpyramide in der Automobilindustrie (Tier-1, Tier-2, Tier-3)

Automobilzulieferer lassen sich also nach ihrer Wertschöpfungsstufe differenzieren. Dafür dient die Zulieferpyramide.

Die Zulieferpyramide ist die hierarchische Ordnung der Lieferanten eines OEM (Original Equipment Manufacturer, also Erstausrüster) – bis hin zum Endprodukt, also dem Fahrzeug. Dieser Autohersteller steht an der Spitze der Pyramide. Die Lieferkette von Teilelieferanten über Komponenten-, System- und Modullieferanten bis zum Erstausrüster stellt die Pyramide dar.

Eine systematische Übersicht der Zuliefererpyramide.
Eine systematische Übersicht der Zuliefererpyramide.
(Bild: Automobil Industrie)

Als Tier-1-Lieferant (engl. Tier = Ebene oder Rang) wird dabei ein Zulieferer bezeichnet, der den OEM direkt beliefert; darunter folgen dann in der Lieferkette Tier-2- und Tier-3-Lieferanten. Zulieferer, die in der Lieferantenhierarchie unten stehen, können trotzdem Ebenen überspringen und so zum Beispiel den OEM – also den Hersteller – direkt beliefern.

Ranking der Top-Automobilzulieferer

»Automobil Industrie« und die Unternehmensberatung Berylls Strategy Advisors führen eine exklusive Liste mit den größten Autozulieferern weltweit, die jährlich aktualisiert wird.

Wer ist der größte Automobilzulieferer?

Unangefochten liegt Bosch im Jahr 2021 mit 45 Milliarden Euro Umsatz (Unternehmensbereich Mobility Solutions) auf Platz eins, gefolgt von Denso (41,7 Milliarden Euro) und Continental (38,2 Milliarden Euro). Den Erfolg der großen Drei sichert die Tatsache, dass weltweit wohl nur sehr wenige Autos produziert werden, die ganz ohne Bauteile der Top Player von den Bändern laufen – ganz egal, ob es sich um künstige Einstiegsmodelle oder Luxuslimousinen, E-Autos oder konventionell angetriebene Modelle handelt.

Bosch, Continental und Denso sind mittlerweile so umsatzstark, dass eine Änderung der Platzierungen oder eine Verdrängung aus den Top-Positionen in den kommenden Jahren kaum vorstellbar scheint. Trotzdem: Die Transformation der Industrie läuft mit hohem Tempo, und der Verkauf von Unternehmensteilen mittels großer M&A-Transaktionen ist Tagesordnung. Analysten erwarten, dass Zulieferer wie Hyundai Mobis, Aisin oder Valeo allerdings aufschließen werden.

Der größte Zusammenschluss der vergangenen Monate ist die Übernahme Hellas durch das etwa doppelt so große Faurecia (nach Umsatz) gewesen. Beide Unternehmen bilden nun den Top-10-Zulieferer Forvia. Welchen Platz der Konzern einnehmen wird, zeigt das Top-100-Ranking, das wir im Juni 2023 veröffentlichen werden.

Autozulieferer in der Krise: Wie schlimm ist es?

Die Pandemie hat die Zulieferer in eine tiefe Krise gestürzt. Der Nachfrageeinbruch hat die finanziellen Polster der Unternehmen schmelzen lassen, die Verschuldung liegt Analysen zufolge auf Rekordniveau. Bereits im ersten Halbjahr 2020 gab es in der Autobranche mehr Insolvenzanträge als im gesamten Jahr 2019.

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Am häufigsten haben Gießereien, Kunststoffteilehersteller und Oberflächenveredler solche Anträge gestellt. Zugleich fordert der Strukturwandel in der Branche hohe Investitionen in neue Technologien.

Zu den bekannten Unternehmen, die einen Antrag auf Insolvenz stellen mussten gehören Borgers, Dr. Schneider, Rüster oder Veritas (das von türkischen Investoren übernommen wird).

Neben Veritas gibt es weitere Beispiele, die einen neuen Investor finden konnten: die Bolta-Werke, Ibeo oder der Maschinenbauer Ontec, der nun Lead heißt.

Welche Automobilzulieferer gibt es in Deutschland?

Das Ranking der zehn größten Automobilzulieferer in Deutschland – nach Bosch und Conti folgt ZF Friedrichshafen auf Platz drei. Beheimatet sind viele der Unternehmen im Süden Deutschlands: In Baden-Württemberg haben die meisten großen Zulieferer ihren Hauptsitz, gefolgt von Automobilzulieferern in Bayern (vgl. Liste).

Wer liefert was bei den Automobilzulieferern? Beispiel: Der Audi A4

Zerlegt man das Auto in die unterschiedlichen Fahrzeugbereiche, lässt sich an einem Beispiel – nehmen wir den Audi A4 – gut erklären, welche Teile und Baugruppen von Zulieferern hergestellt werden. Diese Teile und Baugruppen sowie die Zulieferer sind nur beispielhaft ausgewählt – natürlich stecken noch viele weitere in dem Fahrzeug.

1. Fahrerassistenz und Sicherheit

Zur Fahrerassistenz und Sicherheit gehören auch die Bereiche Car-IT und Connectivity. Es geht also um das Unterstützen des Fahrers, Infotainment und Bedienung, Navigationssysteme und Telematik, das vernetzte Fahrzeug (Car-2-X) oder um Cloud Computing. Beim Thema Sicherheit spielen neben Fahrerassistenzsystemen auch Rückhaltesysteme und Airbags, Simulation und automatisiertes Fahren eine Rolle – auch wenn letzteres beim hier gewählten A4 noch keine Rolle spielt; sondern erst dann, wenn er nächstes Jahr neu aufgelegt erscheint.

Übersicht: Für diese Bereiche des Audi A4 stellen Automobilzulieferer Komponenten und Baugruppen zur Verfügung.
Übersicht: Für diese Bereiche des Audi A4 stellen Automobilzulieferer Komponenten und Baugruppen zur Verfügung.
(Bild: Automobil Industrie/Audi)

Die Auflage von 2015 hat zum Beispiel ein Sicherheitssystem, dessen Frontkamera Valeo liefert. Verschiedene Systeme, zum Beispiel Spurwechsel- und Querverkehrsassistenten benötigen einen Radar, der von Bosch kommt.

2. Innenraum

Über die geschwungene Front der Instrumententafel von Magna verläuft ein Band mit integrierten Luftausströmern, das nur durch die Instrumente unterbrochen wird. Das Bauteil stammt von Dr. Schneider. An der Sitzanlage ist Lear beteiligt; Schock Metall liefert rollgeformte Spezialprofile und Führungssysteme für das Ablage- und Gepäckraumpaket, das es optional zu kaufen gibt.

3. Karosserie

Der A4 hat gegenüber seinem Vorgänger deutlich abgespeckt; auch, weil die vorderen Federbeindome hochintegrierte Aluminiumgussteile sind. Verstärkungen und Stanzteile liefert Magna. Strukturteile kommen unter anderem von Gestamp, TRW ( gehört seit Mai 2015 zu ZF Friedrichshafen) liefert wiederum Verschlussdeckel und Modulhalter.

4. Fahrwerk

Die Hinterachse des A4 kommt von Gestamp, die Radlager liefert LuK.

5. Infotainment und Elektronik

Zur Unterhaltung im Fond steht ein Tablet zur Wahl. Ein Tegra-40-Prozessor von Nvidia treibt das System an. Das Bordnetz für den A4 liefert Kromberg & Schubert.

6. Powertrain

Die Getriebesteuerung kommt von Continental. Wiederum Hirschvogel Automotive fertigt unter anderem Radnaben und Getriebewellen sowie für die Dieselaggregate Rails und Injektorkörper.

Wichtige Trends für die Automobilzulieferer

Die Zulieferer stellen sich zunehmend auf die Elektrifizierung der Mobilität sowie die Themen Konnektivität und autonomes Fahren ein. Den Großen gelingt dies unter anderem, indem sie ganze Geschäftsbereiche abspalten, die langfristig nicht mehr ins Portfolio passen, und dort zukaufen, wo Lücken im künftigen Angebot zu schließen sind.

Ein Beispiel ist das Joint Venture von Continental mit Osram, das für innovative Licht- und Lasertechnik für autonome Fahrzeuge stehen soll. Ziel ist, intelligente Licht- und Sensorsysteme für die Mobilität der Zukunft zu entwickeln. Sie sollen die Kommunikation der Robo-Autos (C2C) untereinander, aber auch mit anderen Verkehrsteilnehmern sicherstellen (C2X).

Welche Bedeutung Licht – das wichtigste Fahrerassistenzsystem überhaupt – künftig haben wird, zeigt auch die Übernahme des österreichischen Beleuchtungsspezialisten ZKW für 1,1 Milliarden Euro durch den Elektronikriesen LG. Es handelt sich um den größten Übernahmedeal des koreanischen Konzerns, von dem mehr als 9.000 Mitarbeiter weltweit betroffen sein werden.

M&A bei Automobilzulieferern

In den vergangenen drei Jahren lag die Anzahl der Übernahmen in der Mobilitätsbranche bei etwa 25 Unternehmen pro Monat. Das hat die Automobilberatung Berylls analysiert. Durch die Coronakrise ist die Zahl dieser Transaktionen um die Hälfe eingebrochen. Im nächsten halben Jahr wird sich das kaum ändern. Die Preise der Unternehmen sind gefallen; wer als Gesellschafter nicht verkaufen muss, wird dies kaum tun.

Die Mehrheit der Käufer bilden laut Berylls aktuell Finanzinvestoren, schließlich legen Unternehmen gerade ihren Fokus auf das Krisenmanagement. Insolvenzen oder Sanierungen treiben die Konsolidierung des Markts künftig stark voran. Und nicht zuletzt leiden auch junge Unternehmen und Start-ups, da Risikokapitalgeber vorsichtiger handeln.

Wichtige Übernahmen der vergangenen vier Jahre: Tenneco kauft Federal Mogul. Calsonic Kansei löst Magneti Marelli aus dem FCA-Konzern raus. Der chinesische Zulieferer Joyson schließt 2018 die Übernahme des insolventen Airbag-Zulieferers Takata. GKN wird vom Finanzinvestor Melrose übernommen. ZF hat den Bremsenspezialisten Wabco gekauft.

Autohersteller fordern günstigere Preise

Der Druck auf die Lieferanten seitens der Autohersteller, aber auch von den Systemlieferanten, bleibt auf einem hohen Niveau, die Schärfe im Umgang nimmt deutlich zu. Das sind Ergebnisse der Studie „Die Preissenkungs-Forderungen der Automobilhersteller“. Tier-1-Zulieferer verlangten im Jahr 2019 demnach im Schnitt vier Prozent Nachlass, insgesamt forderten Einkäufer 3,6 Prozent Rabatt. Um den Lieferanten zu drohen, setzen der Studie zufolge die meisten Unternehmen auf ein günstigeres Zweitangebot aus Fernost. Außerdem forderten Einkäufer gerne dazu auf, die Kalkulation zu präsentieren – ein sogenannter „Cost Break Down“.

Start-ups als Automobilzulieferer

Die Bedeutung kreativer Start-ups, die die künftige Mobilität maßgeblich mitprägen wollen, wächst. Ihr Umsatz in Euro mag weit unterhalb der Top-100-Schwelle von 2,6 Milliarden Euro liegen, ihr Einfluss in der Zuliefererindustrie nimmt gleichwohl sprunghaft zu. Die Top Ten der Silicon Valley Start-ups, wie Smartdrive, Greenroad, lytx, Inthinc, NuTonomy, Cruise etc., die für kamerabasierte Systeme, Fahreraufmerksamkeit und automatisiertes Fahren stehen, konnten bislang laut aktueller M&A-Studie von Berylls Strategy Advisors über 800 Millionen Euro an Geldern einsammeln. Die Top-15-Start-ups für Carsharing wurden mit rund 700 Millionen Euro gefördert.

In den vergangenen drei Jahren haben alleine die fünf großen deutschen Automobilzulieferer Bosch, Conti, ZF, Mahle und Schaeffler über 40 Unternehmen aus der Start-up- und Hightech-Szene übernommen oder sie mit Risikokapital gefüttert. Darunter sind Unternehmen wie Deep Map, Ceres Power, 2getthere, Xtronic, Nikola oder Here Technologies.

Jobs, Gehalt und Karriere in der Branche der Automobilzulieferer

Warum bei einem Automobilzulieferer arbeiten? Zulieferer spielen eine zunehmend wichtigere Rolle und gerade die Großen wie Bosch treten mit neuen Geschäftsmodellen – vor allem im Hinblick auf neue Mobilitätskonzepte – in Konkurrenz zu den Herstellern. Aber auch im Mittelstand spielen zahlreiche Automobilzulieferer in puncto Innovation ganz vorne mit. Ob als Ingenieur, Projektmanager oder Sales-Spezialist – die breite Palette der Arbeitgeber in der Zulieferbranche bietet Bewerbern viele Möglichkeiten, sich ihrer Qualifikation entsprechend einzubringen. Hier finden Sie eine Übersicht über den Gehaltscheck der Auto- und Zulieferindustrie:

Im großen Gehaltsreport 2018 finden Sie außerdem detaillierte Infos zu Gehaltsstrukturen der Automobilzulieferer. Vorneweg: 72.000 Euro beträgt das Jahresbruttogehalt (mittleres Einkommen mit variablem Anteil). Beim Einkommen spielt natürlich die Berufserfahrung eine große Rolle. Wer unter 30 ist, bekommt durchschnittlich 48.700 Euro, die über 60-Jährigen im Mittel hingegen 88.650 Euro.

Weitere Quellen zu Automobilzulieferern

1. Unser Themenkanal Hersteller & Zulieferer: tagesaktuelle News, Fachbeiträge und Insiderwissen

2. Unsere Mediathek: Studien und monatlich aktualisierte M&A-Transaktionen der Automobilzulieferer

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1 David Braun (2012): Von welchen Supply-Chain-Management-Maßnahmen profitieren Automobilzulieferer?

(ID:45229561)