Crashtest Zu Besuch im Skoda-Crashzentrum in Úhelnice

Quelle: sp-x |

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Seit 50 Jahren katapultiert Skoda Autos gegen die Wand. Aktuell zählt das Crashzentrum der VW-Tochter zu den am besten ausgestatteten Anlagen weltweit. Ein Ortstermin.

Das Testzentrum von Skoda in Úhelnice gehört zu den modernsten Anlagen dieser Art weltweit.
Das Testzentrum von Skoda in Úhelnice gehört zu den modernsten Anlagen dieser Art weltweit.
(Bild: Skoda)

Aus heutiger Sicht wirkt der Premieren-Film geradezu rührend: Ein Skoda 100 L wird von einem dampfbetriebenen „Raketenwagen“ auf atemberaubende 48,3 km/h beschleunigt und gegen eine starre Barriere katapultiert. Das Ergebnis ist nach aktuellem Stand furchterregend. Zum Zeitpunkt des ersten Crashtests im früheren Ostblock vor einem halben Jahrhundert läutete er eine Zeitenwende ein. Und seitdem hat sich viel getan.

Aktuell gehört das 180 Meter lange Testzentrum von Skoda im Örtchen Úhelnice nahe dem Stammsitz in Mladá Boleslav zu den modernsten Anlagen dieser Art weltweit. Es war ein weiter Weg von der ersten, akribisch gefilmten Kaltverformung eines Skoda-Modells, bei der nicht nur die Windsschutzscheibe komplett davonflog, sondern auch der vorne eingebaute und vorsichtshalber mit Wasser gefüllte Tank platzte wie ein angepiekster Luftballon. Nichtsdestotrotz wurde damit das vor 50 Jahren gesetzte Ziel erreicht: Die Standards für eine Zulassung des 100 L in Frankreich erfüllte der geschrottete Wagen locker.

Rund 300 Crashs pro Jahr

Dem erfolgreichen Start folgten viele weitere Crashs mit Skodas und den Produkten weiterer Ostblock-Marken wie Wartburg, Trabant oder Dacia. Die Messmethoden und -geräte wurden nach und nach verfeinert, die Anlagen modernisiert. Erst 2020 brachte Skoda das Zentrum auf den heutigen Stand. Seitdem sind dort Tests nach den aktuellen Vorgaben des European New Car Assessment Programme (Euro NCAP) sowie sämtlicher weiterer internationaler Crashtest-Referenztests möglich.

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Rund 300 Crashs gehen in Úhelnice pro Jahr über die Bühne. Die Kandidaten werden dazu entweder von einem elektrischen Antriebssystem auf bis zu 120 km/h beschleunigt und gegen Widerstände aller Art gefahren. Oder zwei Autos bis zu einem Gewicht von 3,5 Tonnen knallen mit jeweils 65 km/h gegeneinander. Außerdem sind noch alle weiteren vorstellbaren Arten von Quer- oder Seitenaufschlägen gegen mobile und feste Barrieren möglich.

Ingenieure müssen Anforderungen vorausahnen

Interessanter Aspekt bei der Arbeit der Crash-Experten: Sie arbeiten schon etwa drei bis vier Jahre vor der Markteinführung an einem neuen Modell. Doch die Vorgaben etwa bei Euro NCAP werden alle zwei Jahre aktualisiert und verschärft. Sprich: Die Ingenieure müssen die gestiegenen Anforderungen vorausahnen und in ihren Lastenheften fixieren. Und dabei geht es nicht um Peanuts. So stieg die Anforderung an die Karosseriesteifigkeit durch geänderte Test-Parameter zuletzt um 70 Prozent. Ein Quantensprung und eine massive Herausforderung für die Konstrukteure.

Beispiel Fabia: In der aktuellen, vierten Generation liegt der Anteil der drei härtesten Stahlsorten bei 40 Prozent. Beim Vorgänger kamen gerade mal 15 Prozent Mehrphasen-, ultrahochfester und pressgehärteter Stahl zum Einsatz.

Crashtests mit handgebauten Prototypen

Sicherheit kostet. Dieser Leitsatz gilt auch im Skoda-Crashzentrum. Rund 100 Karossen eines neuen Modells werden gezielt verformt, ehe es die Produktionsfreigabe erhält. Bei jeweils etwa 15 Exemplaren handelt es sich um handgebaute Prototypen. Einzelpreis: rund eine Million Euro. Flankiert werden die realen Crashs von Computer-Simulationen, die immer und immer wieder Verbesserungen im Detail nachvollziehen.

Rund 150.000 dieser virtuellen Crashs werden für jedes neue Modell absolviert. Dabei geht es etwa um die Funktion der diversen Sensoren zur Airbag-Auslösung, der Assistenzsysteme und um die Sicherheit von Rückhaltesystemen für Kinder, um die Optimierung der Außenhülle für Zusammenstöße mit Fußgängern und Rad- oder Motorradfahrern.

Crashtest-Dummies im Einsatz

Unverzichtbare Mitarbeiter in Úhelnice sind die Crashtest-Dummies. Vier Kinder- und neun Erwachsen-Puppen sind im Einsatz. Sie sind so weit wie möglich dem menschlichen Skelett, den Muskeln und Sehnen nachgebildet und gespickt mit hochempfindlichen Sensoren. Nach acht bis zehn Crashs werden sie auf Kur geschickt, zur Neukalibrierung. Auch hier sind die Anforderungen in den letzten zwei Jahren massiv gestiegen: Statt 56 Messpunkten pro Puppe sind es jetzt 110. Was den Preis je Dummy schlagartig von 120.000 auf knapp 580.000 Euro steigerte.

Die korrekte Sitzposition der Puppen bei den Tests wird mit Hilfe von Fotogrammmetrie überprüft. Statische und On-board-Hochgeschwindigkeitskameras mit HD-Auflösung dokumentieren jede auch noch so kurze Sequenz. Für die optimale Ausleuchtung der Szenerie gibt es ein LED-System mit einer Lichtstärke von 100.000 Lux. Und für die elektrische Mobilität steht in einer eigenen Halle ein Überflutungsbecken parat – falls ein E-Auto-Crash allzu hitzige Folgen haben sollte.

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Fahrzeugsicherheit ist nicht nur überlebenswichtig für die Auto-Insassen. Gute Noten bei Crashtests sind auch ein entscheidendes Verkaufsargument. Und hier können Radek Urbis, Leiter Entwicklung Fahrzeugsicherheit bei Skoda, und seine Mitarbeiter nachweislich punkten: Seit 2008 erreichte jeder neue Skoda bei Euro NCAP die Bestnote von fünf Sternen, dreimal gab es sogar die Bewertung „Klassenbester“.

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