Europäischer Pkw-Markt Zum Vorkrisenjahr 2019 fehlen mehr als vier Millionen Autos

Von Andreas Wehner

Die Chipkrise hat die europäischen Automärkte fest im Griff. 2021 gingen die Pkw-Verkäufe im Vergleich zum schwachen Corona-Jahr 2020 weiter zurück. Deutschland entwickelte sich dabei unterdurchschnittlich. Eine Erholung ist insgesamt nicht in Sicht – auch wenn es in einigen Märkten aufwärts geht.

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(Bild: Grimm/»kfz-betrieb«)

Der Pkw-Absatz in Europa hat sich im vergangenen Jahr noch schwächer entwickelt als im Corona-Jahr 2020. 11,775 Millionen Neuzulassungen in den Staaten von EU und EFTA sowie in Großbritannien entsprachen einem Minus von 1,5 Prozent, wie der europäische Herstellerverband ACEA am Dienstag mitteilte.

Der neuerliche Rückgang ist vor allem auf die Chipkrise zurückzuführen, die insbesondere in der zweiten Jahreshälfte zu Produktionsengpässen und damit einer schlechten Neuwagenverfügbarkeit geführt hatte.

Über 20 Prozent Minus im Dezember

Wie stark der Chipmangel den Markt zuletzt beeinflusste, zeigt sich besonders an den Dezember-Zahlen. Im letzten Monat des vergangenen Jahren brachen die Neuzulassungen europaweit um 21,7 Prozent ein. Alle westeuropäischen Märkte lagen im Minus, der deutsche Markt hatte sich mit minus 26,9 Prozent sogar noch schwächer entwickelt.

Auch im Gesamtjahr fiel der Rückgang in Deutschland deutlich stärker aus, während andere große Märkte leicht zulegten. So verzeichnete Italien ein Plus von 5,5 Prozent, in Großbritannien stiegen die Neuzulassungen um 1,0 Prozent und in Frankreich um 0,5 Prozent. Im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019 fehlen europaweit jedoch mehr als vier Millionen Einheiten.

Experte: Allenfalls leichte Erholung 2022

Peter Fuß, Autoexperte beim Beratungsunternehmen EY, rechnet nicht mit einer schnellen Markterholung. Im Gegenteil: Für die erste Jahreshälfte erwartet er weitere Rückgänge. „Die Konjunkturaussichten haben sich zuletzt eingetrübt, denn Omikron führt zu neuen Unsicherheiten und Risiken – nicht zuletzt für die globalen Lieferketten“, so Fuß. Eine bessere Versorgung mit Halbleitern sei angesichts des hohen Bedarfs vorläufig auch nicht in Sicht.

„Erst in der zweiten Jahreshälfte könnte es zaghaft wieder aufwärts gehen“, prognostiziert der Experte. Im Gesamtjahr 2022 werde der Markt wenn überhaupt nur leicht wachsen, der Absatz sei dann immer noch weit vom Vorkrisenniveau entfernt. „Die Erholung verschiebt sich also auf 2023“, erwartet Fuß.

Weltweite Märkte entwickeln sich unterschiedlich

Auch außerhalb Europas zeigte die Chipkrise ihre Auswirkungen, allerdings in unterschiedlichem Ausmaß. So wuchsen in den USA die Light-Vehicle-Verkäufe (Pkw und Light Trucks) 2021 nach Angaben des Verbands des Automobilindustrie (VDA) um 3 Prozent auf 14,9 Millionen Fahrzeuge. Sie lagen damit aber weiterhin deutlich unter dem Vorkrisenniveau von rund 17 Millionen Fahrzeugen im Jahr 2019.

Der chinesische Pkw-Markt beendete das Jahr 2021 mit 21,1 Millionen Neuzulassungen beendet und ist somit um 7 Prozent gewachsen. Die Jahresbilanz fiel damit auch besser aus als im Vor-Coronajahr 2019. Hinter dem Rekordjahr 2017 blieb das Absatzvolumen aber weiter deutlich zurück.

In Japan ging der Absatz von fabrikneuen Pkw im vergangenen Jahr um knapp 4 Prozent auf 3,7 Millionen Fahrzeuge zurück. In Russland legten die Light-Vehicle-Verkäufe (Pkw und Light Trucks) im um 4 Prozent auf knapp 1,7 Millionen Einheiten zu. Auf dem indischen Pkw-Markt wurden 2021 über ein Viertel mehr Fahrzeuge verkauft als im Vorjahr (+27 Prozent). Mit einem Marktvolumen von 3,1 Millionen Neufahrzeugen wurde auch das bereits durch Krisen geprägte Jahr 2019 übertroffen. Der brasilianische Light-Vehicle-Markt (Pkw und Light Duty) beendete das Jahr 2021 knapp über dem schwachen Vorjahresniveau bei 2 Millionen Neuzulassungen.

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