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Guter Abrollkomfort dank Dämpferstufen
Die verbesserte Schnittstelle zwischen Fahrer und Fahrzeug in Form stärker konturierter Seitenwangen an den Sportsitzen mag in der Wirkung zwar unwesentlich erscheinen, erfüllt unterm Strich aber denselben Zweck wie eine Leistungsspritze. Schließlich hängt es vom perfekten Eingebundensein ins System ab, ob der technische Fortschritt auch dort abgebildet werden kann, wo er sichtbar werden soll: auf der Strecke und auf der Uhr. Wer Zweifel an der Wirksamkeit dieses Optimierungsprogramms hegt, könnte sich auf den ersten Kilometern im neuen GT3 fast bestätigt fühlen.
War schon der Vorgänger mit Klimaanlage, Sound- und Navigationssystem sowie angemessenem Abrollkomfort zu einem vergleichsweise höflichen Mitstreiter bei der alltäglichen Aufgabenbewältigung gereift, schafft es der Neue, die sonst üblicherweise mit großem Sporttalent einhergehenden, negativen Konsequenzen völlig außen vor zu lassen. Rütteln auf schlechter Wegstrecke oder knüppelharte, stumpfe Schläge auf Querfugen sind hier nicht zu verzeichnen. Der Abrollkomfort des mit zwei Dämpferstufen perfekt konditionierten und nun auch mit speziellen Helferfedern an der Hinterachse ausgerüsteten Fahrwerks unterscheidet sich zumindest in der Normalstufe subjektiv kaum von dem eines 911 Carrera S – trotz der um 20 Millimeter kürzeren Federwege und entsprechend tieferer Schwerpunktlage.
Motorsportsound satt
Die Fahrgeräusche sind weniger dominant als beim Vorgänger. Dass selbst die früher üblichen, rasselnden Leerlauf-Geräusche von Seiten des Getriebes – hervorgerufen durch das nunmehr entfallene Einmassenschwungrad – kaum mehr durchdringen, ist zwar ein Zeichen erhöhter technischer Reife, könnte von der Hardcore-Fraktion aber auch als Verlust an professioneller Rennsport-Atmosphäre angesehen werden. Aber keine Bange: Der mit 13,3:1 extrem hoch verdichtete, mit Titanpleuel, Trockensumpfschmierung und variabler Ventilsteuerung antretende Sauger ist akustisch in der Lage, jeden Ansatz von Enttäuschung aus der Hirnwindung zu blasen, sobald sich die Auspuffklappen öffnen.
Es ist ein ergreifendes Konzert, das in seiner wunderbaren Klarheit zunächst angenehm verhalten beginnt, dann ab 4.500 U/min mit plötzlich anschwellendem Timbre Spannung aufbaut und schließlich gegen 9.000 Umdrehungen in einem furiosen Akt tonaler Aggressivität für Gänsehaut am ganzen Körper sorgt. Ein gellender Schrei – aber keiner, der Angst macht, sondern einer, der nach Befreiung klingt. Aber er kann auch leise. Er brüllt beim Kaltstart nicht ungeniert los, wie in Sportwagenkreisen heute vielfach üblich. Auch wenn man ihn weniger artgerecht bewegt, das heißt im Schneckentempo ausführt, zeigt sich der GT3 so anstellig wie jeder andere Elfer.
Damit steht selbst ausgedehnten Urlaubstouren nichts im Wege. Weder seitens des Antriebs, dem trotz einer Literleistung von 125,1 PS/L beste Laufkultur bescheinigt werden kann, noch aufgrund ermüdender oder gar Handschweiß fördernder Fahrwerkseigenschaften. Darüber hinaus stellt der Zweisitzer ein Gepäckraumvolumen von 385 Liter zur Disposition – 125 davon im vorderen Kofferabteil und 260 Liter im Luftraum hinter den umlegbaren Sitzlehnen. Ein 90-Liter-Tank ist anstelle des serienmäßigen 64-Liter-Behältnisses erhältlich. Der Aufpreis hier: überraschend bescheidene 119 Euro.
Hinterachslenkung sorgt für ausreichend Stabilität
Der Umstand, dass sich noch kein GT3 zuvor so sicher und lässig in Richtung Höchstgeschwindigkeit treiben ließ, könnte in diesem Kontext fast als Hinweis auf einen Bruch mit tradierten Porsche-Werten angesehen werden. Der satte, unbeirrbare Geradeauslauf ist aber nicht, wie man vielleicht vermuten könnte, die Folge eines um Längen gewachsenen Radstands oder das Resultat eines um das Dreifache angewachsenen aerodynamischen Abtriebs. Die Zauberformel lautet: Hinterachslenkung.
Wie schon bei anderen aktuellen Elfern-Typen auch, wirkt sich diese Technik sowohl positiv sowohl auf den Geradeauslauf aus, als auch auf die Handling-Eigenschaften. Schon im Parkhaus fällt auf, mit welcher Eleganz und Lässigkeit sich selbst ein verkappter Rennwagen wie der 911 GT3 mittels der mitlenkenden Hinterachse zwischen massiven Säulen und parkenden Autos hindurch manövrieren lässt. Der Lenkwinkel der Hinterräder wird über elektromechanische Aktuatoren je nach Tempo um bis zu 1,5 Grad in beide Richtungen variiert. Unterhalb von 50 km/h schlagen die Vorder- und Hinterräder in die entgegengesetzte Richtung ein, ab 80 km/h lenken die Räder beider Achsen in dieselbe Richtung, wodurch sich die Stabilität bei hohem Tempo, etwa bei schnellen Spurwechseln oder erzwungenen Ausweichmanövern deutlich erhöht. Der Effekt ist nicht nur erstaunlich – er macht geradezu sprachlos.
Aus dem Zusammenwirken zwischen dem neu abgestimmten PASM – jenem variablen Dämpfersystem, das die Aufbaubewegungen der Karosserie unter allen Umständen auf ein Minimum reduziert – den dynamischen Motorlagern, die die hinter der Hinterachse liegende Masse in Form des Vier-Liters-Boxers in ihrer Wirkung kompensiert und besagter Allradlenkung stellt sich einen Vertrauensvorsprung ein, der tatsächlich zu neuen Großtaten in Sachen Fahrdynamik, ergo: Rundenzeiten, Anlass gibt. Wir sehen der Verifikation dieser Annahme mit Spannung entgegen.
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