Neue Mobilität Leichtbau: Wie der Staat die Technologien fördert

Autor / Redakteur: Peter Königsreuther / Thomas Günnel

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat die Innovationskraft des Leichtbaus erkannt – und will ihn fördern. Elisabeth Winkelmeier-Becker, Parlamentarische Staatssekretärin im BMWi, erklärt die Hintergründe.

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Elisabeth Winkelmeier-Becker ist Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie.
Elisabeth Winkelmeier-Becker ist Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie.
(Bild: R. Schwerdtel)

Frau Winkelmeier-Becker, das Bundeswirtschaftsministerium sieht im Leichtbau noch viel offenes Potenzial. Wie wollen Sie das freisetzen?

Zunächst einmal sehen wir den Leichtbau als Querschnittstechnologie und Innovationstreiber. Dies ist gleichzusetzen mit Dynamik und stetiger Entwicklung. Es ist kein Geheimnis, dass Leichtbau „Made in Germany“ hier ganz vorne mit dabei ist. Insbesondere in den umsatzstarken Branchen Automobil-, Metall- und Elektroindustrie, Luft- und Raumfahrt sowie Maschinenbau bestimmt er unmittelbar die zukunftsorientierte Weiterentwicklung. Im internationalen Vergleich sind deutsche Unternehmen aufgrund ihrer breit aufgestellten technischen Kompetenz und der exzellenten Vernetzung zudem sehr gut aufgestellt. Dennoch gibt es auch noch Entwicklungsbedarfe, die wir decken müssen. So reicht aus heutiger Sicht der klassische Werkstoffleichtbau nicht mehr aus, Stichwort: Materialsubstitution. Benötigt werden vielmehr intelligente Multimaterial-Konzepte. Dazu sind Entwicklungen in allen Werkstoffklassen sowie bezüglich der Herstellungsverfahren erforderlich, denken Sie etwa an die additive Fertigung. Wir erwarten uns aus der branchenübergreifenden Zusammenarbeit wichtige Impulse und wolle diese in besonderem Maße fördern. Weiterhin spielt die Digitalisierung eine Schlüsselrolle zur Beschleunigung der Entwicklung hin zu ganzheitlichen, effizienteren Prozessen. Auch hier will das BMWi mit der Leichtbauinitiative unterstützen, insbesondere mit dem Technologietransfer-Programm Leichtbau.

Mit welchen konkreten Maßnahmen fördert das BMWi den Leichtbau?

Unser Technologietransfer-Programm Leichtbau, abgekürzt TTP LB, wird in den kommenden zehn Jahren rund 300 Millionen Euro für konkrete Leichtbauprojekte zur Verfügung stellen. Gefördert werden die drei Schwerpunkte Digitalisierung und Automatisierung, Nachhaltigkeit und Recycling sowie innovative Konstruktionsprinzipien. Außerdem unterstützen wir Leichtbauprojekte, die durch Ressourceneffizienz sowie dem Einsatz neuer Konstruktionstechniken und Materialien zur Einsparung von Treibhausgasemissionen beitragen. Das Programm richtet sich gleichermaßen an KMUs, OEMs sowie Hochschul- und Wissenschaftseinrichtungen. Die Höhe der Zuschüsse variiert je nach Projekt zwischen 15 und 80 Prozent. Ich lade alle interessierten Unternehmen und Institutionen ein, ihre Ideen und Innovationen für den Leichtbaustandort Deutschland einzubringen und sich mit ihren Skizzen und Anträgen am TTP LB zu beteiligen.

Wie wollen Sie den Leichtbau stärker ins öffentliche Bewusstsein rücken?

Hier sehe ich vor allem zwei wesentliche Punkte: Erstens ist Leichtbau eine Querschnittstechnologie, die in vielen Branchen eine wichtige Rolle spielt und immer mehr an Bedeutung gewinnt – etwa im Transformationsprozess der Mobilität. Zweitens ist Leichtbau ein Enabler, der hilft unsere Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsziele zu erfüllen. Das öffentliche Interesse an diesen Themen ist hoch, was bereits dazu geführt hat, dass der Leichtbau intensiver wahrgenommen wird. Mit unterschiedlichen Instrumenten wollen wir das künftig noch verstärken, zum Beispiel im Rahmen des Forums Leichtbau oder dem Lightweighting Summit.

Leichtbau-Gipfel

Mehr zum Thema Leichtbau und Materialien? Gibt es beim »Leichtbau-Gipfel« im Vogel Convention Center in Würzburg. Dort zeigen Experten in Fachvorträgen, Sessions und Live-Vorführungen, welche Schlüsselfunktion der Leichtbau im Automobilbau einnimmt. Interaktive Formate, innovative Exponate in der Ausstellung und intensives Netzwerken – die ganze Welt des Leichtbaus an zwei Tagen. Diskutieren und gestalten Sie mit!

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Leichtbau als Enabler der Elektromobilität, das sehen nicht alle so. Wie lauten Ihre Argumente?

Je leichter ein Fahrzeug ist, desto weniger Energie wird für die Beschleunigung gebraucht. Das ist einfache Physik! Von daher sollte der Leichtbau, unabhängig vom Antrieb, eher an Bedeutung gewinnen. Gerade bei batteriebetriebenen Fahrzeugen wird er eine Schlüsselrolle bei der Optimierung von Zuladung und Reichweite einnehmen. Diesen Effekt wollen wir mit dem TTP LB weiter stärken, indem wir die breite industrielle Anwendung von Leichtbautechnologien fördern. Dies sollte dann auch mit Kostensenkungen bei der Herstellung und Verarbeitung von leichten Materialien einhergehen.

Wo muss noch die meiste Arbeit investiert werden, um den Leichtbau aufzuwerten?

Nachhaltigkeit und Recycling stellen die Leichtbauakteure vor große Aufgaben. Gerade die Steigerung der Kreislauffähigkeit und die Entwicklung und Optimierung von Recyclingkonzepten für Leichtbaumaterialien sind unabdingbar, um über den gesamten Lebenszyklus tatsächlich einen Beitrag zur Energie- und Ressourceneffizienz zu erreichen. Auch hier greift das TTP LB unterstützend ein. Gerade haben wir einen Prozess zur Erarbeitung von Eckpunkten für eine Leichtbaustrategie des BMWi beendet. Damit wollen wir den Wirtschaftsstandort Deutschland stärken und zum internationalen Leitanbieter für Leichtbautechnologien ausbauen.

Die Fragen stellte Peter Königsreuther

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