Zum Koalitionsvertrag VDA-Chefin Hildegard Müller: „Diese Aufgabe muss gelingen“

Von Claus-Peter Köth

In ihren Statements zum Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP sprechen die Verbände VDA und VDIK von einem ambitionierten Programm und mahnen eine rasche Umsetzung an. Harsche Kritik kommt von der E-Fuel Alliance.

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VDA-Präsidentin Hildegard Müller.
VDA-Präsidentin Hildegard Müller.
(Bild: VDA/Peter Himsel)

Zum Regierungsprogramm der neuen Koalitionsparteien erklärt Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA): „Die neue Koalition hat ein ambitioniertes Programm für die Transformation hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft und Gesellschaft vorgelegt. Diese Aufgabe muss gelingen, und dazu ist es wichtig, dass die Industrie in Deutschland weiterhin international wettbewerbsfähig bleibt.“

Die Mega-Aufgabe der neuen Regierung laute Infrastruktur. In fast allen Bereichen müsse Deutschland aufholen und deutlich besser werden. Konkret brauche es mehr Ladepunkte im privaten Umfeld, im Handel, an den Tankstellen und auf den öffentlichen Straßen. Andernfalls sei das Ziel der neuen Bundesregierung bis 2030 bis zu 15 Millionen vollelektrische Pkw auf Deutschlands Straßen zu sehen nicht zu erreichen.

Damit viele Arbeitsplätze in Deutschland erhalten bleiben, brauche es insbesondere bei den Zulieferern begleitende Förderungen für den Umstieg und die Unterstützung für die Transformation der Unternehmen. Außerdem müsse der Ausbau der Wasserstoffwirtschaft und das Hochfahren des Ökostromanteils in Deutschland bis 2030 auf 80 Prozent mit schneller Geschwindigkeit erfolgen.

Des Weiteren mahnt Müller einen raschen Ausbau der Produktion strategisch wichtiger Komponenten in Deutschland und Europa an: „Wir müssen unabhängiger von Asien und anderen Regionen werden. Auch Rohstoffpartnerschaften – inklusive der Erzeugung erneuerbarer Energien – müssen ganz oben auf der Agenda der neuen Regierung stehen.

VDIK fordert Verlängerung der Innovationsprämie

Reinhard Zirpel, Präsident des Verbandes der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK), fordert mehr Tempo: „Eine erste Analyse des Koalitionsvertrags zeigt, dass die künftige Regierung den Hochlauf der alternativen Antriebe und den Aufbau der nötigen Tank- und Ladeinfrastruktur fortsetzen und beschleunigen will. Daher ist die im Vertrag festgeschriebene Verlängerung der Innovationsprämie für E-Fahrzeuge in der bisherigen Höhe bis Ende 2022 sehr wichtig. Die neue Regierung sollte die entsprechende Verordnung als eine ihrer ersten Amtshandlungen noch vor Jahresfrist novellieren. So kann ein drohender Einbruch des E-Auto-Marktes abgewendet werden.“

Zu den Plänen der Ampel-Koalition, die Regelungen für Plug-In-Hybride zu verschärfen – Förderungen sollen künftig davon abhängen, ob die Fahrzeuge nachweislich mehr als 50 Prozent elektrisch bewegt werden –, sagt Zirpel: „Wir verfolgen gemeinsam das Ziel, die elektrischen Fahranteile von Plug-In-Hybriden deutlich zu steigern. Es kommt jedoch entscheidend darauf an, dass der Nachweis gegenüber den Behörden unkompliziert und bürokratiearm erfolgen kann.“

Vage Aussagen zur Bedeutung von E-Fuels

Noch konkretisiert und ausformuliert werden müssen laut Hildegard Müller die Aussagen zur Bedeutung von E-Fuels: „Nur mit E-Fuels können wir die Klimaziele erreichen, das gilt in Deutschland und vor allem weltweit. Wir brauchen jetzt ehrgeizige Quoten für E-Fuels, auch um den Fahrzeugbestand zu adressieren.“

Reinhard Zirpel dazu: „Der VDIK fordert seit jeher eine technologieoffene Bewertung und Nutzung aller Antriebstechnologien. Die internationalen Hersteller erreichen die CO2-Ziele auf unterschiedlichen Wegen. Dass die Ampel-Koalition diese Wege nicht versperrt, sondern offenhält, ist zu begrüßen.“

Der E-Fuel Alliance e. V. fordert rasch mehr Klarheit zu diesem Thema. „Der Koalitionsvertrag springt hinsichtlich eines möglichst schnellen industrialisierten Hochlaufs von synthetischen Kraftstoffen zu kurz. Zwar werden nicht definierte Quoten für die Schifffahrt und die Luftfahrt unterstützt und breite staatliche Programme für den Einstieg in die Wasserstoffwirtschaft angekündigt – aber bei den ganz entscheidenden Fragen im Hinblick auf die unmittelbar bevorstehenden Entscheidungsprozesse im Rahmen des Fit for 55-Pakets in Brüssel bleibt der Koalitionsvertrag vage, teilweise unverständlich oder unvollständig“, sagt Geschäftsführer Ralf Diemer.

Bei den CO2-Flottengrenzwerten für Pkws und Vans, bleibe es bei der unverständlichen Formulierung, dass „außerhalb des bestehenden Systems der CO2-Flottengrenzwerte nachweislich nur mit E-Fuels betankbare Fahrzeuge neu zugelassen werden können“. Diese Formulierung ergebe vor dem Hintergrund eines faktischen Verbrennerverbotes, das die EU-Kommission bis 2035 durch die CO2-Flottengrenzwerte vorschlägt – und die neue Koalition unterstützt – jedoch keinen Sinn, denn es werde dann regulatorisch keine solche Fahrzeuge mehr geben können.

„Es gibt ein europäisches Zulassungssystem für Neufahrzeuge. Wenn man Fahrzeuge mit E-Fuels will, dann müssen diese in den CO2-Flottengrenzwerten berücksichtigt werden. Diese Chance vergibt die designierte Bundesregierung“, kritisiert Ralf Diemer.

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