Zulieferer Verbände in Aufruhr: „OEMs verkennen, dass es um Zuliefererexistenzen geht“
Drei Verbände, die vor allem mittelständische Zulieferer vertreten, schlagen Alarm: Weil Autobauer ihre Bedarfe nicht kommunizierten, fehlt gerade jegliche Planungsgrundlage. Wie brisant die Lage der KMU aktuell ist.
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Drei Verbände kritisieren in einer gemeinsamen Mitteilung Autobauer und Systemlieferanten. Da sich beide Gruppen mit ihren Planungen für das nächste Jahr zurückhalten, herrsche eine große und sogar existenzbedrohende Unsicherheit bei den Unternehmen, heißt es am Mittwoch (8. September) vom Industrieverband für Blechumformung (IBU), dem Industrieverband Massivumformung (IMU) und dem Deutschen Schraubenverband (DSV).
„Der Markt ist in Aufruhr. Die aktuelle Situation hat für viele unserer Mitgliedsunternehmen hohes Dramapotenzial“, sagt IBU-Geschäftsführer Bernhard Jacobs. „Marktmächtige OEMs spielen ihre Position aus. Sie verkennen dabei, dass es um die Existenzen von mittelständischen Zulieferunternehmen geht – und damit auch um ihre eigene Lieferkette.“ Die Situation führe zu erheblichen Dispositionsproblemen und hohen Zusatzkosten. Banken reagierten zögerlich bei Zwischenkrediten, die Mittelständler benötigen, um den Stahleinkauf zu finanzieren.
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Gegenüber »Automobil Industrie« sagt Jacobs, dass die Zulieferer normalerweise im ersten Halbjahr die Kundenverhandlungen abschließen und diese nur vereinzelt in den Herbst hinein stattgefunden hätten. Umso höher der Preisunterschied, desto mehr Entscheidungshierarchien seien auf Kundenseite beteiligt. „Das Geschäftsgebaren ist insofern deutlich anders, als das es für die Unternehmen einen gewaltigen Unterschied macht, ob sie Materialpreise von 30 Euro je Tonne oder von 300 Euro je Tonne weiterreichen müssen. Wenn ein Unternehmen 10.000 Tonnen im Jahr verarbeitet, ist dieser Unterschied von einem mittelständischen Unternehmen nicht zu tragen.“
„Das Beschaffungsrisiko für Stahl liegt nach Herstelleransicht beim Zulieferer“
Die Zwickmühle dabei: Die Vormateriallieferanten erwarteten nun die Mengenordern für das nächste Jahr, ohne dabei Preise nennen zu wollen. Die Automotive-Kunden wiederum „schweigen, ignorieren Gesprächswünsche und verschieben zudem kurzfristig Abrufe – aufgrund chipmangelbedingter Produktionsstopps. Das alles torpediert jede Planung“, heißt es in dem gemeinsamen Statement. Sie fordern die Autobauer auf, den Dialog mit den Zulieferern zu suchen. Vor allem zwei Autobauer, welche die Verbände allerdings nicht nennen wollen, fallen negativ auf.
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Die hohen Stahlpreise und Rohstoffengpässe verschärften die Situation, heißt es weiter. Außerdem unterstütze die Regierung die EU-Marktabschottung, die den Import aus Drittländern einschränkt. Umso wichtiger seien für die Planungssicherheit der Mittelständler verlässliche Preis- und Mengenabsprachen mit den Einkäufern ihrer Automotive-Kunden. Die Verbände kritisieren dabei auch, dass Autobauer kurzfristig Abnahmen verschieben würden. Sie beriefen sich dabei auf höhere Gewalt wegen des Halbleitermangels.
„Das Beschaffungsrisiko für Stahl liegt nach Herstelleransicht beim Zulieferer. Entsprechend liegt das Beschaffungsrisiko für Chips beim Automobilproduzenten“, sagt hingegen Jacobs vom Industrieverband für Blechumformung.
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Die Verbandsvertreter kritisieren dabei auch das Geschäftsgebaren bei den Preisen. Wenn Kunden überhaupt auf die „berechtigte Forderung nach Preiserhöhung“ eingingen, dann nur verspätet oder anteilig.
„Die Stornierung oder die Verschiebung von kurzfristig fälligen Einteilungen seitens der Kunden führen für unsere Mitgliedsunternehmen zusätzlich zu einem erheblichen Mehraufwand, der in keiner Kalkulation abgebildet ist“, sagt Hans Führlbeck, Geschäftsführer des DSV.
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