Antriebsstrang Plug-in-Hybride: Wie sie effizient funktionieren
Plug-in-Hybride sind oft weniger effizient als erwartet. Um das zu ändern müssen die technischen Spezifikationen der Antriebe stimmen: weniger Komplexität, geringere Schleppverluste und eine optimale Rollenverteilung der beteiligten Antriebsquellen.
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Plug-in-Hybride (PHEV) sind quasi das Maximum an Komplexität, das Antriebstechnik für Pkws derzeit anzubieten hat. Im ungünstigsten Fall wird das Getriebe als Add-on-Lösung um eine E-Maschine (EM) ergänzt, der Verbrennungsmotor (VKM, Verbrennungskraftmaschine) bleibt unverändert, und dazu kommt eine mehr oder weniger schwere Batterie, um die rein elektrische Fahrbarkeit zu gewährleisten. Viele halten das Fahrzeuggewicht für den Grund, warum PHEVs im Hybridbetrieb in der Praxis oft nicht sonderlich sparsam sind.
Das dürfte allerdings nicht das Hauptproblem sein, denn Rekuperationsraten von 80 Prozent sind realistisch, und bei Konstantfahrt ist die Auswirkung des Gewichts gering. Nicht umsonst gibt es die Redensart „Gewicht rekuperiert gut“. Kritischer sind die Auswirkungen auf die Querdynamik, die für Px/P4-Allradlösungen sprechen, um das verfügbare Drehmoment von zwei angetriebenen Achsen fahrdynamisch nutzen zu können.
Ob man sich bei einem Parallelhybrid vorne für P2, P2.5 oder P3 entscheidet, ist eigentlich eine Entscheidung, die im engeren Sinne nichts mit der Hinterachse zu tun hat. Thierry Kalanquin von Valeo sagte auf dem letztjährigen CTI-Symposium in Berlin den schönen Satz: „Je weiter hinten im Getriebe die EM sitzt, desto besser der Wirkungsgrad.“
Schleppverluste reduzieren
Die Art der Parallelarchitektur ist also ein Ansatzpunkt für höhere Effizienz, aber es gibt noch weitere Systembremsen. Laut Walter Sackl, Director Product Management Driveline Systems bei Magna Powertrain, könnten dazu ausgerechnet die E-Maschinen gehören. Man stelle sich eine Konstantfahrt auf der Autobahn vor, bei der nur die VKM den Vortrieb übernimmt. Die EM, in vielen Fällen eine Synchronmaschine mit Permanentmagneten (PSM), wirkt dann prinzipiell als Bremse.
Um Verluste zu vermeiden, gibt es im Prinzip zwei Möglichkeiten: Entweder man wählt beispielsweise eine Asynchronmaschine (ASM), die ohne Schleppverluste arbeitet – sie ist aber hinsichtlich Package und Wirkungsgrad im Teillastbereich nachteilig. Oder man kombiniert eine kompakte PSM mit einer mechanischen Abkopplungsmöglichkeit, was aber bisher nur bei P4 praktiziert wird.
Aufgrund ihrer hohen Leistungsdichte kommen vorne üblicherweise PSMs zum Einsatz, damit der Motor-Getriebe-Verbund – bei Front-Quer-Einbau – möglichst kompakt bleibt. Walter Sackl sagt, dass die Möglichkeit zum Entkoppeln sogar wichtiger ist als eine Mehrgängigkeit für die EM.
Diesem Argument folgend würde bei vielen Anwendungen ein Gang genügen, für besonders lastintensive Anwendungen wie im Verteilerverkehr vielleicht auch zwei Gänge, idealerweise eigens ausgelegt auf die EM und nicht im selben Drehmomentpfad wie die VKM.
Eine offene Frage ist, bei welchen Architekturen sich eine Abkoppelung am einfachsten bewerkstelligen lässt. Bei P3 ist es vergleichsweise einfach. Bei P2 mit koaxial integrierter EM muss man wahrscheinlich etwas länger grübeln.
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Elektromobilität: Definition, Fahrzeuge und Zukunft
Synchronmaschine mit Permanentmagneten versus Asynchronmaschine
Front-Quer-Architekturen kommen derzeit wie gesagt um PSMs kaum herum, denn Leistungsdichte und Wirkungsgrad sind im Vergleich am besten. PSMs haben ihren höchsten Wirkungsgrad von über 90 Prozent unter hoher Last, bei Teillast sinkt er auf circa 80 Prozent.
Beim ASM dagegen fällt der Wirkungsgrad in der Teillast erheblich ab. Man könnte also sagen: Bei viel Platz und ständig hohen Lasten ist eine ASM sinnvoll – und für hohe Leistungsdichte bei breitbandig gutem Wirkungsgrad die PSM. Interessanterweise nutzt übrigens Tesla beim Model 3 an der Hinterachse eine kleine PSM und an der Vorderachse ein ASM. Er wird hier also als dynamische Ergänzung eingesetzt, der PSM als effizienter Hauptantrieb.
Sackl nennt dieses Prinzip „komplementäre Effizienz“. Bei der Betrachtung eines Hybridantriebs kann zum Beispiel die hocheffiziente PSM für Dynamik sorgen, die VKM kommt bei annähernd stationärem Betrieb und abgekoppelter EM zum Einsatz. In diesem Fall wird man wahrscheinlich auch hinten auf eine (abkoppelbare) PSM setzen, denn bei rein elektrischer Fahrt und somit geringer Leistungsanforderung würde bei einer ASM der Wirkungsgrad zu sehr abfallen.
Torque Vectoring für agiles Fahrgefühl
Der komplementäre Ansatz lässt sich auch bei einer Betrachtung über zwei Achsen anwenden, wobei viele Spielarten möglich sind. Zum Teil wird es dabei aber auch um fahrdynamische Fragen gehen. Wie vorher erwähnt ist die eigentliche Herausforderung, trotz des hohen Fahrzeuggewichts eine subjektive „Leichtfüßigkeit“ zu erhalten. Es bietet sich somit an, über die achsindividuell ansteuerbaren Antriebsaggregate ein Torque Vectoring zu realisieren.
Nicht jeder Kunde wird jedoch ein Allradfahrzeug kaufen. Es bleibt die Herausforderung, leistungsfähige Hybridantriebe anzubieten, die sowohl deutlich zu weniger CO2 beitragen, als auch der Kosten-Nutzen-Betrachtung des Endkunden standhalten. Auch das seit einigen Jahren bekannte Konzept des Dedicated Hybrid Drive (DHT) passt hierbei ins Konzept.
Rollenverteilung zwischen den Antrieben
Kernelement der Definition ist ein Getriebeaufbau, bei dem die E-Maschine/n absolut notwendig für die Funktion ist/sind. Die dominante Rolle der EM ermöglicht wiederum eine Reduktion der Ganganzahl für den Verbrennungsmotor, weil dieser weniger dynamische Aufgaben übernimmt und trotz weniger Gängen nah an seinem Bestpunkt betrieben werden kann.
Die Anforderungen entsprechen auch hier der Komplementär-Logik: Die EM deckt leistungsdicht die dynamischen Phasen ab und steht mit hohem Wirkungsgrad für rein elektrisches Fahren zur Verfügung. Der Verbrennungsmotor „trägt nur ins Ziel“, auch das birgt Potenzial für weniger Komplexität, in jedem Fall aber für seine Auslegung als komplementärer Partner der E-Maschine.
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Elektromobilität
Kommentar: „Irrweg batterieelektrische Autos?“
Kurz: Weniger Gewicht ist immer anzustreben. Aber die eigentlichen großen Anforderungen bestehen darin, Komplexität und Kosten zu verringern, Systembremsen zu eliminieren und für eine optimale Rollenverteilung der Antriebsaggregate zu sorgen.
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