Antriebsstrang Synthetische Kraftstoffe: Audis Forschung zu E-Fuels

Autor / Redakteur: Ampnet/hrr / Maximiliane Reichhardt

Beim letzten Lauf zur Deutschen Tourenwagenmeisterschaft 2019 chauffierte Audi ausgewählte Gäste um den Hockenheimring. Die beiden Renntaxis hatten es in sich – und zwar im Tank. Darin war erstmals ein synthetischer Kraftstoff, der die CO2-Emissionen um rund 30 Prozent reduzieren soll.

Anbieter zum Thema

Synthetisch hergestelltes Benzin: Audi und die Global Bioenergies S.A. haben erstmals eine große Menge E-Fuels hergestellt. Im Bild: Eine Probe des regenerativ erzeugten Kraftstoffes.
Synthetisch hergestelltes Benzin: Audi und die Global Bioenergies S.A. haben erstmals eine große Menge E-Fuels hergestellt. Im Bild: Eine Probe des regenerativ erzeugten Kraftstoffes.
(Bild: Audi)

In die Tanks von Rennwagen fließt Hochleistungskraftstoff, der eine spezielle Qualität haben muss. Im Rahmen des Pilotversuches beim DTM-Finale testete Audi einen neuen Kraftstoff, den Aral hergestellt hat. Seine Besonderheit: Er besteht zur Hälfte aus hochwertigen erneuerbaren Komponenten, die aus Abfallstoffen gewonnen werden. Trotzdem erreicht er in seinen Eigenschaften die Qualität des Kraftstoffs „Aral Ultimate 102“, wie er in der Rennserie seit 2005 vorgeschrieben ist.

CO2-Emissionen bis 2025 um 30 Prozent reduzieren

„Audi hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, die fahrzeugspezifischen CO2-Emissionen bis 2025 sukzessive um rund 30 Prozent zu reduzieren“, sagt Ulrich Baretzky, Leiter Entwicklung Motor bei Audi Motorsport. „Die Elektromobilität spielt dabei natürlich eine wichtige Rolle. Aber wir haben weltweit noch einen großen Bestand an Pkw mit klassischen Verbrennungsmotoren, die uns noch viele Jahre erhalten bleiben werden. Mit dem Einsatz von Low-Carbon-Kraftstoffen könnte man bei diesen Fahrzeugen sehr schnell eine spürbare CO2-Reduktion erreichen, ohne technische Veränderungen vornehmen zu müssen."

Es gibt weltweit noch viele Verbrennungsmotoren, die uns noch viele Jahre erhalten bleiben werden.

Seit Jahren forscht der Autohersteller an alternativen Kraftstoffen für den Serieneinsatz. Eigenständige Projekte befassen sich mit der Herstellung von E-Gas, E-Diesel und E-Benzin. Beim synthetischen „Audi E-Benzin“ erreichte das Unternehmen Anfang vergangenes Jahres ein wichtiges Zwischenziel. Erstmals entstand gemeinsam mit Partnern eine für erste Motorentests ausreichende Menge des regenerativ erzeugten Kraftstoffs. In Zusammenarbeit mit der Global Bioenergies S.A. in Leuna (Sachsen-Anhalt) entstand die größte, bis dato jemals hergestellte Menge an E-Benzin, eine Charge von 60 Litern.

E-Benzin: Ein schadstoffarmer Kohlenwasserstoff

„Der neue Kraftstoff hat viele Vorteile. Er ist unabhängig von Erdöl, kompatibel zur vorhandenen Infrastruktur und bietet die Perspektive eines geschlossenen Kohlenstoffkreislaufs“, sagt Reiner Mangold, Leiter Nachhaltige Produktentwicklung bei Audi. Beim E-Benzin handelt es sich im Wesentlichen um flüssiges Isooktan, eine farblose, flüssige Substanz, die chemisch zur Gruppe der gesättigten, verzweigten Kohlenwasserstoffe (Alkane) gehört. Derzeit entsteht es in zwei Verfahrensschritten aus Biomasse.

Im ersten Schritt produziert Global Bioenergies in einer Demonstrationsanlage gasförmiges Isobuten (C4H8), eine hochentzündliche Substanz, die schwerer ist als Luft. Das Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische Prozesse (CBP) in Leuna wandelt es im zweiten Schritt mit Hilfe von zusätzlichem Wasserstoff in Isooktan (C8H18) um. Dieses ist schwefel- und benzolfrei und verbrennt deshalb besonders schadstoffarm.

Als hochreiner synthetischer Kraftstoff mit sehr guter Klopffestigkeit erlaubt es das E-Benzin, Motoren höher zu verdichten und so ihre Effizienz zu steigern. Mittelfristig wollen die Projektpartner den Herstellungsprozess so modifizieren, dass er ohne Biomasse auskommt – dann sollen regenerativ hergestellter Wasserstoff und CO2 als Ausgangsstoffe genügen.

E-Gas seit dem Jahr 2013

Für Audi sind die E-Fuels mehr als ein Forschungsgegenstand in Labors: Seit 2013 bietet die Volkswagen-Tochter das erneuerbare Audi E-Gas auf dem Markt an. Es stammt unter anderem aus der eigenen Power-to-Gas-Anlage in Werlte im Emsland. Kunden tanken ihr Audi-G-Tron-Modell an jeder beliebigen CNG-Tankstelle und bezahlen dafür den regulären Preis. Audi sichert die grüne Eigenschaft und damit die entsprechende CO2-Reduktion, indem das Unternehmen die berechnete Menge in Form des E-Gases wieder ins Erdgasnetz einspeist.

Auch im Programm: E-Diesel

Zum Portfolio gehört auch E-Diesel. In Dresden hat der Partner Sunfire von Ende 2014 bis Oktober 2016 dafür eine Pilotanlage betrieben. Wie in Werlte lieferte Ökostrom die Energie, als Rohstoffe dienten auch dort Wasser und CO2. Das Endprodukt war das sogenannte Blue Crude, das sich zu E-Diesel veredeln ließ. Aktuell plant Audi Produktionskapazitäten in Laufenburg im Schweizer Kanton Aargau. Dort sollen in einer neuen Pilotanlage jährlich rund 400.000 Liter E-Diesel entstehen.

Die dafür notwendige Energie liefert erstmals ausschließlich Wasserkraft. „Beim Projekt in Laufenburg können wir durch eine neue Technologie die Produktion von E-Diesel effizient in kompakten Einheiten und damit wirtschaftlicher gestalten. Dazu bietet die Pilotanlage die Möglichkeit zur Sektorenkopplung, also zur Kombination der Energiebereiche Strom, Wärme und Mobilität, und macht erneuerbare Energie speicherbar“, sagt Mangold.

Der E-Diesel hat das Potenzial, herkömmliche Verbrennungsmotoren nahezu CO2-neutral zu betreiben. Für seine Entstehung transformiert die Power-to-Liquid-Anlage überschüssigen Strom aus Wasserkraft zu synthetischem Treibstoff. Das funktioniert nach einem chemischen Prinzip: Der vor Ort im Wasserkraftwerk produzierte Ökostrom erzeugt aus Wasser mittels Elektrolyse Wasserstoff und Sauerstoff. Im nächsten Schritt reagiert der Wasserstoff mit CO2, hier kommt eine neuartige und sehr kompakte Mikroverfahrenstechnik zum Einsatz. Das CO2 kann aus der Luft oder biogenen Abgasen gewonnen werden und ist wie bei allen E-Fuels von Audi die einzige Kohlenstoffquelle.

Es entstehen langkettige Kohlenwasserstoffverbindungen. Diese werden im letzten Verfahrensschritt in das Endprodukt E-Diesel sowie in Wachse getrennt, die in anderen Industriezweigen verwendet werden. Der Baubeginn der Anlage in Laufenburg ist bislang noch nicht erfolgt, da sich einer der Partner zurückgezogen hat. Audi verfolgt das Projekt nach eigenen Angaben aber weiter und diskutiert derzeit die weitere Vorgehensweise.

(ID:46307045)