Fahrbericht Chevrolet Corvette Stingray: Neue Generation mit Mittelmotor

Von SP-X

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Die Corvette ist ein Mythos, der in Europa sieben Generationen lang nicht wirklich zog. Die achte Auflage macht vieles anders. Reicht das, um es mit der europäischen Konkurrenz aufzunehmen?

Der neuen Corvette wird weiterhin der Nachsatz „Stingray“ (Stachelrochen) angehängt.
Der neuen Corvette wird weiterhin der Nachsatz „Stingray“ (Stachelrochen) angehängt.
(Bild: Chevrolet)

Fast zwei Jahre nach dem Marktstart in den USA kommt die achte Generation der Corvette jetzt auch offiziell nach Europa. Eine wenige Exemplare konnte der aufmerksame Betrachter allerdings schon auf deutschen Straßen bewundern – als importierte US-Exemplare. Der neuen Corvette wird weiterhin der Nachsatz „Stingray“ (Stachelrochen) angehängt, aber das ist fast schon das Einzige, was beim Wechsel auf die achte Generation geblieben ist.

Nie zuvor seit der Erstvorstellung im Jahr 1953 waren die Veränderungen größer. Okay, der Zweisitzer wird auch weiterhin von einem Achtzylinder (Small Block) angetrieben und die wie immer glasfaserverstärkte Kunststoffkarosserie ist genauso gesetzt wie das herausnehmbare Targadach des Coupés. Ansonsten aber ist vieles anders, einiges sogar völlig neu.

Mittelmotor unter Fiberglashaube

Erstmals findet sich etwa der V8 nicht mehr unter einer langen Motorhaube, das Aggregat mit einer Leistung von 354 kW/482 PS sitzt nun hinter dem Fahrer. Dort ist es zudem spektakulär unter einer durchsichtigen Fiberglas-Haube zu sehen, allerdings nur beim Coupé. Diese Änderung hat Auswirkungen auf das Design des Sportwagens. So ist das Armaturenbrett, und mit ihm Fahrer und Beifahrer, um 42 Zentimeter nach vorne gerückt. Die Fronthaube wird logischerweise kürzer, fällt von der großen Windschutzscheibe steil zum flach angeordneten Kühlergrill ab und wird durch vier Karosseriefalzen geprägt.

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Die im Vergleich dazu höher positionierten, relativ mächtigen Scheinwerfer laufen im Stil der Zeit seitlich in den Kotflügeln aus. Insgesamt erinnert die Vorderansicht ein klein wenig an Ferrari, zumal, wenn der Stachelrochen rot lackiert ist.

Hinten fällt der Blick links und rechts auf je zwei mächtige Endrohre, darüber sitzen große Luftauslässe. Während die flach stehende Windschutzscheibe sehr groß ausfällt, sind die Seitenfenster eher klein geraten und die Heckscheibe ist sogar regelrecht winzig. So winzig, dass der Fahrer für eine bessere Sicht nach hinten einen Kamera-Rückspiegel nutzen kann. „Normale“ Sicht ist aber auch möglich.

Corvette V8: In 3,5 Sekunden auf Tempo 100

Eine Corvette wird gekauft wegen des hemmungslosen Designs, aber wohl vor allem wegen des Antriebs. Hinter dem Rücken des Fahrers arbeitet der Achtzylinder mit seinem fast schon archaischen Hubraum von 6,2 Litern. Das Drehmoment von 613 Newtonmetern wird direkt an die Hinterachse geleitet. Erstmals kommt zur Kraftübertragung ein achtgängiges Doppelkupplungsgetriebe zum Einsatz.

Ein Blick in die Daten und zu den Fahrwerten: Die 296 km/h Spitze und die 3,5 Sekunden Spurtzeit glauben wir gerne, auch ohne, dass wir eine Chance zur Überprüfung hatten; die 12,1 Liter Durchschnittsverbrauch aber eher weniger. Wer Corvette fährt, muss dem Tankwart Umsatz gönnen können und den CO2-Ausstoß ignorieren. Beziehungsweise sich auf wenige Genusskilometer im Jahr beschränken.

Denn Spaß macht die Corvette allemal, sogar mehr Spaß als je zuvor. Der optisch seit fast 60 Jahren in ihrer Zeit immer schicke Chevrolet, hat von Generation zu Generation auch als Sportwagen gewonnen, ohne aber in seinen Fahreigenschaften an den europäischen Ikonen wie Ferrari oder Porsche kratzen zu können. Zu sehr war das Modell stets auf amerikanische Straßen, amerikanische Tempolimits und amerikanische Fahrertypen ausgelegt.

Auf trockenen Straßen überzeugend

Ganz ist auch die neue Corvette jetzt noch nicht in der alten Welt angekommen. So zeigte sich das in Europa serienmäßige Performance-Fahrwerk auf Kurvenfahrt dem mächtigen Drehmoment nicht immer gewachsen und tendierte vor allem bei Nässe zum Ausbrechen, was allerdings durch das ESP schnell unterbunden wurde. Die Lenkung dagegen ist vielleicht allzu spitz ausgelegt, was das Fahrzeug überaus nervös reagieren lässt.

Die Brembo-Bremsen überzeugen, könnten dem Fahrer aber durchaus noch mehr Rückmeldung vermitteln. Immer dabei sind ein elektronisches Sperrdifferential und ein spezielles Kühlsystem sowie Hochleistungsreifen von Michelin, vorn: 245/35 ZR 19, hinten: 305/30 ZR 20.

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Trotzdem überzeugt der Amerikaner, vor allem im Vergleich zum Vorgänger, vor allem wenn die Straße trocken ist. Der bärige Small Block entwickelt stets mehr als genug Leistung und Drehmoment, auch aus dem Drehzahlkeller, die aufmerksame Doppelkupplung lässt kaum Raum für Kritik. Trotz des dank Kunststoff-Chassis geringen Gewichts (1.530 kg) werden allerdings Praxisverbräuche von weiter über 14 Litern die Regel sein.

Zu den positiven Überraschungen zählt der Innenraum, der zwar eng, aber deutlich wertiger ausfällt, als in US-Modellen noch vor wenigen Jahren. Das Cockpit ist selbstverständlich digital eingerichtet, ein zwölf Zoll großer Bildschirm beherbergt das Infotainment-System. Ob das oben und unten abgeflachte Lenkrad sein musste, haken wir unter Geschmackssache ab.

Supersport-Version gegen Aufpreis

Die in Kentucky gebaute Corvette kostet in der US-Ausführung dort ab 60.000 Dollar. Die europäischen Versionen bieten an Ausstattung einiges mehr und sind zudem auf unsere Straßenverhältnisse angepasst. Trotzdem ist der Aufpreis gewaltig: knapp 87.000 Euro werden für das Coupé fällig, das Cabriolet kostet nochmals 7.000 Euro extra. Im Vergleich zu Porsche, Ferrari oder Lamborghini bleibt die Corvette trotzdem ein Schnäppchen.

Und wem der Preis oder die Leistung zu gering sind: Ende Oktober schiebt Chevrolet die Supersport-Version Z06 nach, mit etwas hubraumschwächerem, aber modernerem Motor und kolportieren 650 PS.

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