Mobilität Kommentar: „Wir fahren elektrisch an die Wand“
Fast alle großen Autohersteller investieren Milliarden in die Elektromobilität, viele sehen in ihr ein Allheilmittel der Mobilitätsprobleme. Im Interview erläutert der Energiesparexperte Richard Chambers, wieso das aus seiner Sicht nicht so ist.
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Herr Chambers, Sie entstammen einer Familie von Automobilkonstrukteuren. Ihr Großonkel Jack konstruierte für Vauxhall 1902 das erste der Öffentlichkeit vorgestellte Automobil des Herstellers, 1904/1905 wurde das erste Chambers-Automobil vorgestellt. Wie beurteilen Sie die aktuellen Entwicklungen der Elektromobilität?
Das ist eine der größten Katastrophen unserer Zeit! Die E-Mobilität wird speziell hier in Deutschland als „Wunderheilmittel“ für alles erachtet, was im Umwelt- und Klimaschutz falsch läuft. Das ist sehr gefährlich, denn die Annahme, dass Elektrofahrzeuge ganz ohne CO2-Ausstoß auskommen, ist schlicht und ergreifend unwahr. Der ganze Elektro-Hype ist mir offen gestanden ein Rätsel.
Aber Elektrofahrzeuge sind doch emissionsfrei?
Das Problem ist die fehlende oder falsche Kommunikation an die Öffentlichkeit. Sehr viele Menschen wissen nicht, wie die Produktion von Elektroautos vonstattengeht, welche Materialien und gefährdeten Ressourcen dabei zum Einsatz kommen und dass diese in wenigen Jahren restlos verschwunden sein könnten. Frau Merkels Parole „eine Million Elektrofahrzeuge bis 2020“ ist ohnehin nicht mehr haltbar – und selbst wenn, hätten wir weiterhin die Emissionen der 50 Millionen anderen Fahrzeuge. Die Regierung und die großen Konzerne haben E-Mobilität als lukrative Möglichkeit der Profitmaximierung auserkoren und setzen nun alles daran, sie möglichst gut darzustellen – das soll für Otto-Normalverbraucher am besten mit Pro-Umwelt- und Schnäppchen-Argumenten funktionieren, die an der Wahrheit vorbei schleichen.
Dann ist die Emissionsfreiheit also nur ein Deckmantel?
Jein. Es ist vielmehr so, dass sich die Welt darauf geeinigt hat, Elektromobilität quasi als Patentlösung für sämtliche Umweltprobleme zu betrachten. Also wird massiv in diese Richtung investiert, geforscht und entwickelt. Und das, obwohl selbst bekennende E-Mobilitäts-Verfechter zugeben müssten, dass diese Technologie die eine oder andere Schwäche aufweist. Stichwort Emissionen: Es mag sein, dass ein fahrendes E-Auto wenig bis gar kein CO2 ausstößt, jedoch ist die Produktion äußerst schadstoffreich und für die Umwelt eine massive Belastung; von der Stromproduktion ganz zu schweigen.
Sie erwähnten vorhin bereits „gefährdete Ressourcen“?
Schon vor fast einem Jahrzehnt war absehbar, dass die Produktion von E-Autos unvermeidlich auf Ressourcen basiert, die nicht massenhaft verfügbar sind. Die Reaktionen der Preise auf die steigende Nachfrage haben dies indiskutabel bestätigt! Das Element Lithium, das beispielsweise für E-Autobatterien verwendet wird, hat eine unglaubliche Preissteigerung in sehr kurzer Zeit erfahren. Ähnlich verhält es sich bei Elementen wie Kupfer und Kobalt. Und das Recyceln dieser wertvollen Stoffe ist praktisch unmöglich – außer bei Kupfer!
Wieso dringen solche Argumente im Hinblick auf die Produktion von Elektrofahrzeugen nicht durch?
In der Öffentlichkeit wird der ohnehin schon länger vorherrschende Hass gegen den Verbrennungsmotor noch geschürt, indem das VW-Abgasthema und die Feinstaub-Debatte in deutschen Großstädten aufgebauscht werden. Solche Skandale sind ideal, um jede sachliche Diskussion zu unterbinden. Dabei wird vergessen, dass durch die Gewichtssteigerung der Fahrzeuge aufgrund der Batterien für E-Autos der Gummiabrieb der Reifen ebenso Feinstaub erzeugt. Die Regierung stellt sich gegenüber der Autoindustrie inzwischen auf den Standpunkt: Wir beschließen, ihr setzt es um und werdet dafür gefördert. So kann kein ehrlicher, auf Fakten und tatsächlicher Nachhaltigkeit basierender Diskurs stattfinden!
Welchen Rat können Sie als Energiesparexperte geben?
Zentral ist es, dass nun vermehrt an einem Strang gezogen wird! Sprich: Medien, Experten, Wissenschaftler, Regierungsmitglieder und Großkonzerne müssen viel klarer kommunizieren und zudem zugeben, dass die Wirkung von E-Mobilität für den Umweltschutz de facto minimal ist. Die Möglichkeit eines umfassenden Diskurses muss unbedingt gegeben sein; ein Diskurs, an dem alle teilnehmen und sich informieren können – auch mit dem Anspruch, korrekte, wahrhaftige und konkrete Informationen zu bekommen. Alternativen und eventuell sogar tatsächlich umweltschonendere Maßnahmen sollten aufgezeigt werden und die Forschung und Weiterentwicklung darf nicht bereits nach der Erschließung einer möglichen Alternativtechnologie zum Verbrennungsmotor versiegen. Gute Ingenieure für die sinnvolle Weiterentwicklung der Verbrennungsmotoren oder die Erschließung neuer Antriebslösungen werden weiterhin gebraucht, denn denen gehört – zusammen mit CO2-neutralen Kraftstoffen – die Zukunft. Blinder Aktionismus und Fortschritt rein um des Fortschritts Willen hat bisher noch nie dazu geführt, die Welt besser, sicherer oder auch umweltfreundlicher zu gestalten.
Gibt es eine mögliche Alternative zur E-Mobilität, in die künftig investiert werden sollte?
Wasserstoff! Ohne Zweifel ist Wasserstoff – ergänzt um die richtige Technik – die für die Welt „nachhaltigste“ Lösung der Energiefrage. Dennoch wird diese Technologie derzeit allerhöchstens hinter vorgehaltener Hand erwähnt, da die schwierige Handhabung des hochentzündlichen Gases durchaus ein Problem darstellt. Je nachdem, welche Eigenschaften und welche spezifischen Anforderungen die Fahrzeugtypen, beispielsweise Pkw, Bus oder Schiff kennzeichnen, wurden seit den 70er Jahren vor allem zwei Speichermethoden eingesetzt und getestet: Entweder musste der Wasserstoff in speziellen Druckbehältern mit mehr als 600 bar komprimiert werden – was ein hohes Sicherheitsrisiko bedeutet. Oder der Wasserstoff musste in flüssiger Form in vakuumisolierten Behältern auf unter minus 200 °C herunter gekühlt werden. Bei Stillstand des Fahrzeugs wird die Temperatur nicht gehalten und so verflüchtigt sich der Treibstoff.
Dann bringt diese Technik doch auch einige Probleme mit sich?
Selbstverständlich – vom jetzigen wissenschaftlichen Standpunkt aus betrachtet gibt es natürlich noch einige Dinge, die am Wasserstoffantrieb verbessert und weiter erforscht werden müssen. Das Ganze steckt noch in den sprichwörtlichen Kinderschuhen. Die Grundidee ist allerdings eine sehr gute – deutlich umweltfreundlicher und ressourcenschonender als das Elektroauto es jemals sein könnte. Es muss in Zukunft in diese Alternativtechnologie investiert werden. Mittlerweile gibt es in Deutschland ungefähr 30 Wasserstofftankstellen und im Zuge der recht prestigeträchtigen Aktion „H2 Mobility“ haben sich sogar einige sehr namhafte Automobilkonzerne dieser guten Sache angenommen und siehe da: Toyota hat es bereits vorgemacht und ein wasserstoffbetriebenes Auto auf den Markt gebracht. Aber das reicht noch nicht. Man darf gespannt sein, was bis zur „Vollendung“ der Aktion im Jahre 2023 passiert.
Und was tun wir inzwischen?
Selbstständig denken und nicht einfach alles glauben, was uns von oberster Stelle erzählt wird. Viele scheinen zu denken, dass die Ressourcen auf unserem grünen Planeten endlos sind und dass die Probleme, die durch Emissionsausstoß und Profitgier entstanden sind, von selbst wieder verschwinden. Sollen sich doch andere darum kümmern, oder? Dabei wird vergessen – oder verdrängt – dass die Umwelt uns alle betrifft. Leider scheint es gerade in Deutschland schwierig zu sein, für umweltfreundliche Ideen Rückhalt zu finden – aktuell betrachtet die Politik den Umweltschutz nur durch das Guckloch Braunkohle. Es sei denn natürlich, sie finden auch bei großen Konzernen und der Regierung entsprechenden Zuspruch, allerdings geschieht das nur, wenn diese Stellen nicht um ihre Einnahmen oder gar Profitmaximierung fürchten müssen. Daran sollten wir wirklich alle gemeinsam arbeiten.
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