Automobilhistorie Citroën GS Birotor: Französischer Wankel-Mut

Autor / Redakteur: Mario Hommen/SP-X / Thomas Günnel

Mit dem GS Birotor wollte Citroën einen weiteren Meilenstein der technischen Innovation setzen. Doch das Projekt scheiterte – die anschließende Vernichtungskampagne überlebten nur wenige Exemplare.

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Auch Citroën versuchte sich am Wankelmotor: mit dem GS Birotor. Das Projekt scheiterte – heute existiert in Europa wahrscheinlich nur noch eine knappe Handvoll der Modelle.
Auch Citroën versuchte sich am Wankelmotor: mit dem GS Birotor. Das Projekt scheiterte – heute existiert in Europa wahrscheinlich nur noch eine knappe Handvoll der Modelle.
(Bild: Citroën)

Der Autohersteller Citroën war immer auch bestrebt, sich mit unkonventionellen und innovativen Technikkonzepten einen Namen zu machen. Vor allem in den 1960er- und 70er-Jahren pflegten die Franzosen mit besonderer Hingabe ihr Image als Innovator. Nichts schien zu abwegig, um auch als Großserienlösung in Frage zu kommen. Dabei konnte Citroën einige Erfolge feiern, musste aber auch gnadenlose Flops verdauen. Zur letzten Kategorie gehörte auch der fast vergessene und später dann sogar unerwünschte GS Birotor.

In den vom technischen Fortschritt besessenen „Roaring Sixties“ setzte auch der Wankelmotor zum vermeintlich großen Karrieresprung an. Allen voran der deutsche Autohersteller NSU wollte mit den kompakten, leichten und vibrationsarmen Motoren nach den Sternen greifen. Eindrucksvollster Vertreter dieser neuen Ära war der ab 1967 angebotene Ro 80, der seiner Zeit als weit voraus galt. In diesem Jahr vereinbarten NSU und Citroën unter dem Namen Comotor eine Wankelmotor-Kooperation, die ursprünglich die Produktion von gemeinsam entwickelten Modellen mit Kreiskolbenmaschinen vorsah.

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Zuviel Verbrauch in der Ölkrise

Als zwei Jahre später NSU von VW geschluckt wurde, endete auch das Joint-Venture. Die gemeinsam von Citroën und NSU im Saarland geplante Comotor-Fabrik haben die Franzosen deshalb im Alleingang realisiert. Ende 1972 startete dort die Produktion des neue Wankelmotors Typ KKM 624, bei dem es sich um eine Weiterentwicklung der Maschine aus dem Ro 80 handelte. Das Zweischeiben-Aggregat mit gut einem Liter Hubraum leistete immerhin 79 kW/107 PS und 137 Newtonmeter Drehmoment. Erstmalig zum Serieneinsatz kam der KKM 624 in der Mittelklasse-Limousine Citroën GS im Jahr 1973. Das neue Topmodell der Baureihe erhielt den Namenszusatz Birotor, der als Schriftzug das Heck zierte.

1973 war allerdings ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt für das vergleichsweise durstige Wankelkonzept. Auch der Birotor gab sich mit rund 13 Liter Durchschnittsverbrauch alles andere als bescheiden, was Kunden angesichts der überraschend einsetzenden Ölkrise und dem damit einhergehenden Benzinpreisschock abschreckte. Der GS Birotor, so faszinierend seine Antriebstechnik auch sein mochte, wurde ein Ladenhüter.

Nur 847 verkaufte Exemplare

Lediglich 847 Exemplare konnte Citroën bis 1975 verkaufen. Als dann Peugeot bei Citroën das Ruder übernahm, zogen die neuen Herren kurzer Hand einen Schlussstrich unter das wirtschaftlich wenig zukunftsträchtige Comotor-Projekt. Im Jahr 1976 wurde die eigentlich für 1.000 Mitarbeiter gedachte Fabrik schließlich abgewickelt. Der KKM 624 konnte danach noch einmal als Antrieb für das Motorrad Van Veen OCR 1000 für Aufsehen sorgen. Mit lediglich 40 verkauften OCR 1000 blieb auch hier der Wankelmotor eine wirtschaftliche Randerscheinung.

Apropos Ökonomie: Citroën wollte einen endgültigen Schlussstrich unter das glücklose Wankel-Experiment ziehen und kaufte den größten Teil der GS Birotor von den Kunden zurück, um sich so der Verpflichtung zur Ersatzteilversorgung zu entledigen. Einige Exemplare sind dennoch in Kundenhand verblieben, in Europa sind es angeblich nur noch vier Stück.

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