Fahrbericht Alfa Romeo Stelvio: Es soll bergauf gehen

Autor Jens Scheiner |

Es geht einfach nicht ohne – das hat jetzt auch Alfa Romeo begriffen und mit dem Stelvio das erste SUV der Firmengeschichte gebaut. Mit dem neuen Hochbeiner soll es nicht nur mit den Absatzzahlen bergauf gehen, sondern mit Allradantrieb und 280 PS auch im Gelände.

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Der Alfa Romeo Stelvio ist das erste SUV der Marke und soll den Italienern im beliebten Segment der Mittelklasse-SUV neue Kunden bringen.
Der Alfa Romeo Stelvio ist das erste SUV der Marke und soll den Italienern im beliebten Segment der Mittelklasse-SUV neue Kunden bringen.
(Bild: Jens Scheiner)

Ob Sportwagenschmiede, Volumenhersteller oder Premiumanbieter – alle verbindet eine Gemeinsamkeit: Ein SUV im Portfolio. Wer in diesem Segment allerdings gefehlt hat war Alfa Romeo. Bis jetzt, denn mit dem Stelvio soll es mit der italienischen Traditionsmarke wieder bergauf gehen und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Denn dank des Allradantriebs sollen selbst Gebirgspässe wie der nach dem SUV benannte Passo dello Stelvio –italienisch für den Gebirgspass Stilfser Joch – zum Kinderspiel werden. Mit den Würzburger Weinbergen waren unsere Testfahrten zwar nicht so anspruchsvoll wie auf dem höchsten Gebirgspass Italiens, dafür haben wir das SUV auf seine Alltagstauglichkeit getestet. Denn hier soll der Stelvio nicht nur mit guter Rundumübersicht punkten, sondern gleichzeitig als Kombi-Ersatz dienen.

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Obwohl der Stelvio auf der gleichen Plattform wie die Giulia aufbaut und das markentypische Gesicht mit dem dreieckigen Schild des „Scudetto“ sowie die flach gezeichneten Scheinwerfer trägt, zieht das SUV mehr Blicke auf sich als die Sportlimousine. Das ist auch nicht verwunderlich, denn mit einer Länge von 4,68 Meter, einer Breite von 1,90 Meter und einer Höhe von 1,67 Meter ist der Stelvio eine weitaus imposantere Erscheinung. Die sanften Linien der Seitenpartie, das leicht abfallende coupé-förmige Dach sowie das ausgeprägte Heck, das in Zügen an den Porsche Macan erinnert, unterstreichen diesen Eindruck. Die 20-Zoll-Alufelgen und die elegante Farbe „Rosso Competizione“ runden den Italo-Look des Alfa ab. Rein optisch braucht sich der Italiener also nicht vor der deutschen Konkurrenz aus Ingolstadt oder Stuttgart verstecken.

Infotaimentsystem hinkt hinterher

Und auch die Inneneinrichtung wirkt mit glattem Leder und dunklem Holz im Vergleich zu den älteren Alfa-Romeo-Modellen hochwertiger und besser verarbeitet, kommt hier aber nicht ganz an den Audi Q5 oder Mercedes GLC heran. Gleiches gilt für das Infotainmentsystem: In unseren Testwagen war zwar der große 8,8-Zoll-Bildschirm eingebaut, allerdings fehlt die Touchfunktion. Stattdessen steuert man das Infotainmentsystem über den berührungssensitiven Drehdrücksteller „Rotary Pad“ mit Handschrifterkennung, der sich in der Mittelkonsole befindet. Das Menü ist einfach gehalten, nicht verschachtelt und die Steuerung ist intuitiv. Die Buchstabenerkennung auf dem „Rotary Pad“ hat allerdings nicht einwandfrei funktioniert, ebenso das Navigationssystem. Es reagierte für unseren Geschmack zu langsam und auch die alternative Routenführung bedarf noch eines Updates. Die Anbindung mit dem i-Phone hat auch etwas länger gedauert als bei der Konkurrenz, hat aber anschließend einwandfrei funktioniert.

Ebenfalls in der Mittelkonsole befindet sich der DNA-Schalter mit den drei Fahrwerkseinstellungen „normal“, „dynamisch“ und „sparsam“. Dabei ändert sich die Performance von Motor, Automatikgetriebe, Allradsystem, ESP und Lenkung. Ein merklicher Unterschied ist allerdings nur im „Dynamic“-Modus erkennbar. Denn damit hängt das knapp zwei Tonnen schwere SUV sportlicher am Gas, die serienmäßige ZF-Achtgangautomatik übersetzt wesentlich schneller und die Lenkung wird merklich direkter. Da hilft es, dass die gut konturierten Sitze den Fahrer bei spitzen Kurven in den Würzburger Weinbergen stabil im Sattel halten. Ebenso wie das gut ausbalancierte Fahrwerk, das die groben Gitter über den Wassergräben sowie die Schlaglöcher der teilweise heruntergekommenen Wege der Weinberge gut wegfedert. Bei normalen Straßenverhältnissen wie beispielsweise auf der Autobahn wird der Allradler nur über die Hinterachse angetrieben. Erst bei Schlupfaufbau wird die Vorderachse mit Drehmoment mit bis zu 50 Prozent versorgt.

Hoher Verbrauch bremst Fahrfreude

Insgesamt steht dem 2,0 Liter Reihenvierzylinder-Benziner mit Turboaufladung ein maximales Drehmoment von 400 Nm zur Verfügung. Die 206 kW/280 PS treiben den Stelvio in 5,7 Sekunden auf Tempo 100. Bis zu einer Geschwindigkeit von 180 km/h sind Unterhaltungen mit den Fondpassagieren noch möglich, jenseits der 180 km/h artet die Plauderei in Geschrei aus. Apropos verstehen: Nicht nachvollziehbar ist der angegebene Normverbrauch von kombinierten 7,0 Litern auf 100 Kilometern. Zwar haben wir das SUV fünf Minuten im „Dynamic“-Modus getrieben, dennoch waren wir die meiste Zeit im „Eco-Modus“ unterwegs, der Verbrauch lag trotzdem nie unter elf Liter. Lediglich bei kurzen Stadtfahrten, vornehmlich in Tempo-30-Zonen haben wir es geschafft, dass beim Durchschnittsverbrauch eine neun vor dem Komma stand.

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Mit einem Wendekreis von 11,75 Metern ist das SUV nur bedingt stadttauglich, aber mit einem Ladevolumen von 525 bis 1.600 Litern passt dann doch der ein oder andere Großeinkauf in den Kofferraum. Trotz der erhöhten Sitzposition ist die Sicht wegen des flachabfallenden Daches nach hinten sehr eingeschränkt, was Rangieren aus engen Parklücken schwieriger macht. Gut, dass die Italiener den Stelvio mit einigen Assistenzsystemen wie einer Rückfahrkamera, Kollisionswarnsystem mit automatischer Notbremsfunktion – der auch Fußgänger erkennt – sowie Spurhalteassistent und Totwinkelwarner ausgestatten. Mehr Assistenten, ein größeres Aggregat und zusätzliche Sonderausstattung bedeuten gleichzeitig auch höhere Kosten. Mit 52.250 Euro war unser Testwagen wahrlich kein Schnäppchen aber in der Grundausstattung und mit dem 110 kW/150 PS starken Diesel, gibt es den Stelvio bereits für 39.800 Euro.

Alfa Romeo ist mit dem Stelvio ein stilsicherer SUV gelungen, dass in Sachen Style der Konkurrenz in nichts nachsteht. Allerdings müssen die Italiener ihr Infotainmentsystem noch einmal gründlich überarbeiten. Denn ohne Touch- oder Wischbewegungen, wie es die Mitbewerber bereits anbieten, lassen sich künftige Kunden kaum überzeugen.

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