Optimal geglüht Alles unter Kontrolle

Redakteur: Jens Badstübner

Das heutige Motorsteuergerät dürfte bald ausgedient haben, denn in Zukunft wird geregelt und nicht nur gesteuert. So genannte Brennraumdrucksensoren sollen den Verbrennungsprozess

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Das heutige Motorsteuergerät dürfte bald ausgedient haben, denn in Zukunft wird geregelt und nicht nur gesteuert. So genannte Brennraumdrucksensoren sollen den Verbrennungsprozess transparent und damit regelbar machen. Dies gilt für Benzin-, Diesel- und künftige, so genannte DiesOtto-Motoren.

Bereits 2002 startete Beru mit der Entwicklung einer Drucksensor-Glühkerze. Entwicklungsziel war kein eigenständiger Brennraumdrucksensor, sondern die Kombination mit der Glühkerze. Schließlich sollte das neue Produkt innerhalb der Motorenfertigung sowie -montage genauso einfach zu applizieren sein wie herkömmliche Glühkerzen.

Da Beru sensortechnisches Neuland betrat, holte man sich erfahrene Partner an Bord: Sensata Technologies, vormals Texas Instruments, sowie den Steckerspezialisten Hirschmann Automotive.

Zunächst galt es, aus vier Sensortechnologien die beste auszuwählen. In ausgiebigen Tests wurden Ionenstrom-Mess-Sensoren, optische Drucksensoren, piezo-elektrische sowie piezo-resistive Sensoren geprüft und bewertet. Dabei zeigte sich, dass piezo-resistive Sensoren die besten Werte erreichten hinsichtlich Genauigkeit, Signalstabilität, Ausgangssignalqualität, statische Druckerfassung sowie in Bezug auf Kosten und Robustheit. Zudem hat sich die Technik in anderen Anwendungen im Auto schon zigtausendfach bewährt hat.

Extrem schlecht schnitt die Ionenstrom-Messung ab. Optische Drucksensoren hingegen scheiterten an den Kosten und der fehlenden Robustheit und die piezo-elektrischen Sensoren schwächelten bei Signalstabilität und statischen Druckmessungen.

Seit 2005 hat Beru unter dem Namen Pressure-Sensor-Glow-Plugs (PSG) Glühkerzen mit integriertem Brennraumdrucksensor im Programm. Ende 2007 startete in Ludwigsburg die Kleinserienfertigung der Glühkerzen, die Audi und VW noch in diesem Jahr im Drei-Liter-V6-Motor der Modelle A4, Q7 sowie Touareg BlueTDI für den US-Markt einsetzen wollen.

Grund sind die scharfen Abgasgrenzwerte in den USA, die den Einsatz der gegenüber konventionellen Glühkerzen etwa achtmal teureren aufwendigen Sensorik erzwingen. Zudem lassen sich mit den Pressure-Sensor-Glow-Plugs auch unterschiedliche Kraftstoffqualitäten kompensieren. Das ist gerade bei den schwankenden Qualitäten in den USA wichtig.

Doch die volle thermodynamische Kontrolle über den Brennraum bietet noch sehr viel mehr. So lässt sich damit auch das Luft-Management bei der Abgasrückführung (AGR) in Kombination mit einer Turbo- bzw. Kompressor-Aufladung optimieren. Der bisher dazu notwendige Luftmassensensor könnte entfallen und statt zwei würde künftig nur noch ein Stickoxidsensor vonnöten sein. Der SCR-Kat kann dann kleiner bauen, denn eine umfassende Brennraumkontrolle benötigt keine großen Reserven bei den Abgaskomponenten.

Und das ist noch nicht alles: Die totale Brennraumkontrolle erleichtert das Downsizing, also kleinere Motoren mit höherer Leistung, ebenso wie die Kompensation von gröberen Fertigungstoleranzen.

Des Weiteren eignet sich die piezo-resistive Brennraumdrucksensorik auch für Benzin- und künftige DiesOtto-Motoren. Beim letztgenannten Konzept soll die Zündung in bestimmten Lastbereichen analog zum Diesel eigenständig erfolgen, allein über die Komprimierung des Gas-Luftgemisches, statt mittels Zündkerze eine zu heiße Flammenfront (über 1 500 °C) zu erzeugen. Dieses Konzept verringert die Stickoxidbildung erheblich. Damit der Prozess stabil verläuft, sind unbedingt Brennraumdrucksensoren für jeden Zylinder erforderlich.

Zukünftig will Beru die Eigenresonanzen der PSG von derzeit 5 kHz auf über 15 kHz erhöhen. Außerdem will der Lieferant bereits 2009 eine PSG mit Keramik-Heizkörper herausbringen. Keramik-Glühkerzen bieten Vorteile hinsichtlich Korrosionsfestigkeit, Kaltstarteigenschaften sowie eine höhere Lebensdauer.

Nach eigener Einschätzung ist Beru in Sachen Brennraumdrucksensoren den Wettbewerbern Bosch, SiemensVDO oder der kleinen US-amerikanischen Firma Optrand um mindestens zwei Jahre voraus. Bosch hat alle Entwicklungen hinsichtlich Ionenstrom- sowie Piezo-Messsensoren komplett eingestellt. SiemensVDO arbeitete bis vor kurzem noch an der Serienreife seiner piezo-elektrischen Sensoren und Optrand an der Serienreife seiner optischen Drucksensoren.

In Schweigen hüllt sich die Kistler Instruments AG, Winterthur. Die Schweizer fertigen Messzündkerzen und Messglühkerzen in unterschiedlichen Baugrößen, Elektrodenausführungen und mit diversen Wärmewerten für Labor- und Prüfstände. Doch noch fehlt den Schweizern der Zugang zur Großserie. Kistler will ebenfalls mit piezo-elektrischen Glühkerzensensoren reüssieren. Nach eigenen Angaben hat man bereits einen Partner gefunden, der die Serienapplikationen produzieren wird.

SiemensVDO hat sich Federal Mogul zum Partner erkoren. Gemeinsam arbeiten die beiden Zulieferer seit 2003 an der Entwicklung und nunmehr Serieneinführung der Glow-Plug-Integrated-Pressure-Sensoren, kurz GPPS. Die Signalstabilität über die Sensor-Lebensdauer beträgt weniger als +/- 3,5 Prozent. Zum Vergleich: Beru garantiert heute +/- 2 Prozent Signalstabilität und will künftig unter +/- 1 Prozent kommen.

Robert Ruthenberg

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