Software Überblick: Diese Betriebssysteme gibt es für das Auto
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Oft liest man von Betriebssystemen der Autohersteller. Doch das eine OS (operating system) gibt es nicht. Stattdessen eine Zahl von speziellen Systemen, die je nach Anwendungsfall eingesetzt werden.

Die Softwarestrategien der Autohersteller sind unterschiedlich, und der Kampf um Hardware- und Softwareplattformen im Fahrzeug ist noch nicht entschieden. Einige große Unternehmen ziehen es beispielsweise vor, ihr eigenes Betriebssystem zu entwickeln. Dieser Ansatz ist zwar der teuerste und zeitaufwändigste, denn es ist sehr mühsam, ein ganzes Ökosystem aufzubauen, bietet aber die volle Kontrolle über die künftige Nutzung und potenzielle Gewinne.
Gleichzeitig lässt sich der Trend beobachten, dass Open-Source-Software und gemeinschaftlich entwickelte Systeme genutzt werden, um den Entwicklungsaufwand für jeden Beteiligten gering zu halten und von einem offenen, standardisierten und leistungsfähigen System zu profitieren. Hier müssen Autohersteller für ihr individuelles Geschäftsmodell und Szenario die passende Lösung finden – dabei gilt es, das gesamte Ökosystems vom Chip bis zur Cloud zu berücksichtigen.
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Betriebssystem und Zonensteuergeräte
Insgesamt ist das Betriebssystem im Auto nur eine der vielen ineinander greifenden Komponenten im gesamten IT-Ökosystem, das es braucht, um im digitalen Cockpit eine High-End-Benutzererfahrung ebenso zu ermöglichen wie sichere Funktionen für assistiertes und autonomes Fahren.
Um benötigte Rechenleistung bereitzustellen und gleichzeitig Komplexität zu reduzieren, werden E/E-Architekturen immer weiter zentralisiert, zonenspezifische High-Performance Computer (HPC) sorgen dabei für die Integration von eingebetteten Steuergeräten, Aktuatoren und Sensoren. Außerdem ist die Virtualisierung eine Schlüsseltechnik, um mehrere Betriebssysteme auf eingebetteten Hardwareressourcen zu betreiben. Diese Fähigkeit ist entscheidend, um Infotainment- und Sicherheitsfunktionen voneinander zu trennen.
Übersicht der Auto-Betriebssysteme
Das Ökosystem der verfügbaren Auto-Betriebssysteme umfasst eine große Vielfalt von Lösungen, die jeweils eigene Vorteile und Herausforderungen sowie Hardwareanforderungen und Nutzungsmöglichkeiten mit sich bringen, so dass eine Entscheidung sorgfältig abgewogen werden muss. Hier ein Überblick:
- Android Automotive kann wohl als das umfassendste Betriebssystem bezeichnet werden, weil es die Vorteile von Open Source mit vielen wertvollen Vorteilen kombiniert, darunter ein Bluetooth-Stack, Mediaplayer, ein HMI-Framework, eine Multidisplay-Unterstützung sowie der Zugang zu Google Automotive Services und dem Google Play Store.
- Automotive Grade Linux (AGL) wird üblicherweise als Basis für einen Connected-Car-Software-Stack verwendet. In diesem Projekt arbeiten Automobilhersteller, Zulieferer und Technologieunternehmen zusammen, um einen skalierbaren Open-Source-Software-Stack für vernetzte Autos zu entwickeln. Mit Linux als Kernstück verspricht die AGL-Plattform eine schnelle Entwicklung und Prüfung von Prototypen und Lösungen für vernetzte Fahrzeuge in einer offenen Gemeinschaft.
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Software
MB.OS: Das kann das Betriebssystem von Mercedes
Berücksichtigt man außerdem die gesamte automobile E/E-Architektur mit ihren verschiedenen Subsystemen, kommen noch weitere Betriebssysteme ins Spiel, die als unabhängige Subsysteme innerhalb des HPC-Ökosystems entwickelt und verwendet wurden und werden. Dazu gehören:
- Apex OS: Ein Betriebssystem, das speziell für Mobilität, Smart Machines und IoT entwickelt wurde. Es ist nach dem Automotive Functional Safety Standard ISO 26262 und Automotive Safety Integrity Level ( ASIL) D zertifiziert.
- Autosar Classic und Adaptive: Diese Betriebssysteme erfüllen sowohl Sicherheits- als auch Hochleistungsanforderungen. Sie eignen sich für Multicore-Anwendungen ebenso wie für die intensive Nutzung von Hardware-Beschleunigern wie Neural Network Accelerators und digitale Signalprozessoren.
- FreeRTOS wurde speziell für Mikrocontroller und kleine Mikroprozessoren entwickelt und ist unter MIT-Lizenz frei verfügbar.
- Green Hills Integrity basiert auf einer Partitionierungs-Architektur, um Sicherheit, Zuverlässigkeit und Leistung zu verbessern. Integrity nutzt Hardware-Speicherschutz, um eingebettete Anwendungen zu isolieren und zu schützen. Darüber hinaus bietet Green Hills Software vorintegrierte Middleware-Pakete an, die nahtlos mit den fortschrittlichen Echtzeit-Betriebssystemfunktionen von Integrity zusammenarbeiten und diese optimal nutzen.
- QNX von Blackberry ist ein leistungsfähiges, proprietäres Kernbetriebssystem für eingebettete Systeme, das nach ISO 26262 vorzertifiziert ist.
- Nvidia Drive OS wurde speziell für sicherheitskritische Anwendungen entwickelt und bietet Dienste wie Secure Boots, Sicherheitsdienste, eine Firewall und Over-the-Air-Updates (OTA). Es ist das Referenz-Betriebssystem und der zugehörige Software-Stack für autonome Fahrzeuganwendungen, die auf Drive-AGX-basierter Hardware laufen.
- SAFERTOS ist ein hochleistungsfähiges Echtzeitbetriebssystem mit geringem Platzbedarf, das nach ISO 26262 ASIL D vorzertifiziert ist.
- Wind River VxWorks basiert auf einer erweiterbaren, zukunftssicheren Architektur, die es erlaubt, schnell auf sich ändernde Marktanforderungen und technische Entwicklungen zu reagieren. Das System unterstützt C++17, Boost, Rust, Python, Pandas etc. mit einer Edge-optimierten, OCI-konformen Container-Engine.
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Wie die Übersicht zeigt, gibt es auch unter den Software-Betriebssystemen im Auto Generalisten und Spezialisten. Sie bieten den OEMs vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten, aber machen die Auswahl und die Entscheidung – gerade mit Blick auf den langen Lebenszyklus eines Fahrzeugs – nicht unbedingt einfacher. Systeme, die einen Open-Source-Ansatz verfolgen, also für alle verfügbar sind, oder direkt – wie im Falle von Autosar – von einer Gemeinschaft entwickelt wurden, um gemeinsame Standards zu setzen, sorgen für offene und leistungsfähige Lösungen im Markt, von denen alle profitieren können. (sp)
* Adam Konopa ist Technology Director Automotive bei Intellias
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