Ratgeber Fördermittel für F&E-Projekte: Darauf ist zu achten

Autor Sven Prawitz

Fördermittel für F&E-Projekte gibt es genug. Doch gerade kleine und mittlere Unternehmen sind mit dem wochenlangen Antragsprozess überfordert. Tipps für einen erfolgreichen Fördermittelantrag.

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Entwickler möchten an Produkten und Prozessen arbeiten. Doch auch die Zeit für einen Fördermittelantrag ist gut investiert.
Entwickler möchten an Produkten und Prozessen arbeiten. Doch auch die Zeit für einen Fördermittelantrag ist gut investiert.
(Bild: Mobileye)

Kostendruck durch die Kunden und eine Absatzkrise in den meisten Märkten lassen die Budgets vieler Unternehmen schrumpfen. Um die Innovationskraft der Industrie – allen voran der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) – nicht zu gefährden, haben Bund und Länder die bereits existierenden Fördertöpfe kräftig gefüllt.

Neu ist zum Beispiel eine Forschungszulage für F&E-Projekte, die in 2020 noch rückwirkend beantragt werden kann. Seit dem 1. Januar 2020 ist das Forschungszulagengesetz (FZulG) in Kraft. „Seit einigen Wochen kann man nun auch die Anträge dazu stellen“, sagt die selbstständige Beraterin Sabine Hentschel. Bei dieser Zulage können rückwirkend die eigene Forschung, Auftragsforschung und Eigenleistungen von Einzelunternehmern gefördert werden – vorausgesetzt sie wurden in 2020 gestartet. Gefördert werden 25 Prozent aus maximal vier Millionen Euro Projektsumme pro Jahr.

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Doch das ist die Ausnahme: Die meisten Zulagen müssen vor dem Projektstart beantragt werden, berichtet Hentschel. Immer wieder rufen Entwickler die Fördermittelexpertin an und berichten von ihrem neu entwickelten Produkt; fragen dann, welche Förderung sie nun dafür beantragen können. „Dann ist es zu spät.“

Tipps für einen erfolgreichen Fördermittelantrag

Wir sprachen mit Sabine Hentschel über die wichtigsten Anlaufstellen und Tipps für das Stellen von Förderanträgen.

Sabine Hentschel berät vor allem kleine und mittlere Unternehmen beim Beantragen von Fördermitteln für F&E-Projekte.
Sabine Hentschel berät vor allem kleine und mittlere Unternehmen beim Beantragen von Fördermitteln für F&E-Projekte.
(Bild: Hentschel)

Frau Hentschel, gibt es wegen der Coronakrise eigene Innovations-Fördertöpfe?

Die Frage kann ich nicht zuverlässig beantworten. In jedem Fall wurden die Gelder massiv aufgestockt und die Konditionen an einigen Stellen erweitert. Zum Beispiel für gewisse Töpfe, die eigentlich nur für KMUs zugängig sind. Sie werden nun auch für große Firmen zugelassen.

Sie sagen viele Förderungen adressieren KMUs. Ist das alles unter dem Dach des Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) zusammengeführt?

Nein, das ZIM ist nur ein Förderprogramm. Es wird häufig als die Mutter der Förderprogramme bezeichnet, da es das schon sehr lange gibt und für alle Technologiegebiete und Bundesländer offen ist. Zudem unterstützt es wahlweise Einzel- und Kooperationsprojekte oder Innovationsnetzwerke.

Wie kann ich mich in diesem großen Angebot an Förderstellen zurechtfinden?

Eine sehr wertvolle Hilfe, das richtige Programm zu finden, ist die Förderdatenbank des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Hier können sie über die Schnellsuche die Eckdaten des Unternehmens und Projektes eingeben. Sie erhalten so eine Auswahl der Förderprogramme, die für ihr Vorhaben in Frage kommen und vor allem eine hilfreiche Kurzübersicht zum jeweiligen Programm. Aber auch die Bundesregierung hat eine gute Übersicht.

Nach welchen Faktoren wählt man den richtigen Fördertopf?

Grundsätzlich gibt es fünf Kriterien: Unternehmensgröße, Projektsumme, Innovationsgrad des Vorhabens, ob man das Projekt mit Partnern angeht und das jeweilige Bundesland, in dem das Unternehmen angesiedelt ist.

Die wichtigsten Eckpunkte bei der Wahl des Förderprogramms

Laut Fördermittelexpertin Sabine Hentschel sind folgende Punkte bei der Wahl eines Fördermittelprogramms unbedingt zu beachten.

  • Unternehmensgröße
  • Bei vielen Förderprogrammen ist die Unternehmensgröße der Antragsteller klar begrenzt. Oftmals ist diese über die sogenannte KMU-Grenze definiert: kleine und mittlere Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten, einem Jahresumsatz von höchstens 50 Millionen Euro oder einer Bilanzsumme von maximal 43 Millionen Euro.
  • Projektsumme
  • In vielen Programmen ist die maximal förderbare Projektsumme begrenzt. Bei kleineren Projekten sollten man sich an den Angeboten der Bundesländer orientieren.
  • Innovation Ihres Projektes
  • Es reicht nicht aus, wenn das Produkt oder Verfahren, nur im eigenen Portfolio neu ist. Eine Recherche zum Stand der Technik und den Wettbewerbern ist absolut notwendig. Dies gilt für Mitbewerber weltweit, nicht nur in Deutschland! Das Vorhaben muss eine neue Idee beinhalten oder eine wesentliche Weiterentwicklung eines bestehenden Produktes sein.
  • Einzel- oder Kooperationsprojekt
  • Führen sie als Antragsteller das Projekt alleine durch oder in Kooperation mit einem anderen Industrieunternehmen bzw. einer Forschungseinrichtung? Für Kooperationsprojekte gibt es mehr Fördermöglichkeiten und in der Regel höhere Zuschüsse.
  • Bundesland, in dem Ihr Unternehmen angesiedelt ist
  • Für die Programme der einzelnen Bundesländer können sich nur Unternehmen bewerben, die ihren Firmensitz beziehungsweise einen Entwicklungsstandort in dem jeweiligen Bundesland haben. Einzelne Programme sind sogar nur auf gewisse Regionen ausgelegt.

Das klingt alles sehr aufwändig. Unterstützen die Fördermittelgeber die Interessenten beim Stellen eines Antrags?

Ja, Interessenten sollten das persönliche Gespräch mit dem Projektträger suchen, bevor sie mit der Ausarbeitung des Antrags starten. Viele Projektträger wünschen sich das sogar. In einem Telefonat oder persönlichen Gespräch können sie vorab klären, ob ihr Vorhaben wirklich in den Rahmen passt. Häufig erhalten Interessenten dabei wertvolle Tipps und Infos für die Antragstellung.

Wie wichtig ist es, vor dem Projektstart den Fördermittelantrag zu stellen?

Sehr wichtig, sonst verlieren sie ihren Förderanspruch! Der Antrag muss vor Projektbeginn gestellt werden. Für den Projektstart gibt es zwei Varianten. Entweder darf man mit dem Tag der Antragstellung auf eigenes Risiko oder erst mit der Bewilligung starten.

Klingt als müssten Entwickler sehr viel Zeit für diesen Prozess einplanen

Ja, ein Fördermittelantrag kostet Zeit, vor allem beim ersten Mal. Für die Recherche des richtigen Programms benötigen sie einige Wochen. Dann nochmal zwei bis vier Wochen für die Ausarbeitung der Antragsunterlagen. Mit etwas Routine geht das später viel schneller. Was aber immer bleibt, ist die Bewilligungsphase. Die kann zwischen drei aber auch bis zu sechs Monate in Anspruch nehmen.

Welche Programme sind besonders schnell?

Ausnahmen gibt es hier nur bei den kleinen Programmen, wie zum Beispiel den Innovationsgutsscheinen von Bayern Innovativ. Hier dauert eine Bewilligung im Idealfall circa zwei Wochen.

Worauf ist im Antrag zu achten?

Gefördert werden nur Forschungs- und Entwicklungsprojekte mit einem erheblichen technischen Risiko. Antragsteller sollten die Herausforderungen also nicht kleinreden. Risiken sollten klar herausgearbeitet und Lösungsansätze aufgezeigt werden.

Das heißt, die Risiken müssen auch bei den Kosten dargestellt werden?

Richtig. Denn es können nur Mittel abgerufen werden, die im Antrag berücksichtigt wurden. Generell sollte man sollte hier nicht zu knapp kalkulieren.

Muss man sich nach all der Arbeit mit einer Absage zufriedengeben?

Manchmal werden auch gute Anträge abgelehnt, weil das Projekt missverständlich oder ungenügend dargestellt wurde. Da hilft es, ein Gespräch mit dem zuständigen Prüfer zu führen: Formulieren sie einen Widerspruch oder reichen sie einen neuen Antrag ein.

Zur Person

Sabine Hentschel ist seit mehr als acht Jahren als Expertin für Fördermittel im Bereich Forschung und Innovation tätig. Sie unterstützt Unternehmen dabei, Förderungen erfolgreich zu beantragen. Als Trainerin und Interim-Managerin steuert Hentschel Veränderungsprojekte und begleitet Unternehmen im digitalen und kulturellen Wandel.

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