Fahrbericht McLaren P1: Von 0 auf 300 in 16,5 Sekunden

Autor / Redakteur: Benjamin Bessinger/SP-X / Michael Ziegler |

Mit Autofahren hat dieses Auto nicht mehr viel zu tun: Wer beim McLaren P1 aufs Gas tritt, fühlt sich wie ein Astronaut beim Raketenstart. Aber nicht nur die Fahrleistungen des Tieffliegers mit den Formel1-Genen sind überirdisch. Auch der Preis ist leider nicht von dieser Welt.

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Nicht umsonst steht das Kürzel P1, das McLaren für sein neues Top-Modell gewählt hat, in der Formel 1 für die Pole Position.
Nicht umsonst steht das Kürzel P1, das McLaren für sein neues Top-Modell gewählt hat, in der Formel 1 für die Pole Position.
(Foto: McLaren)

P1 – dieser Name ist Programm. Nicht umsonst steht das Kürzel, das McLaren für sein neues Top-Modell gewählt hat, in der Formel 1 für die Pole Position. Und nirgendwo anders gehört der Tiefflieger hin, dessen Auslieferung jetzt für den bescheidenen Preis von 1.067.000 Millionen Euro aufwärts so langsam beginnt – glaubt zumindest Projektleiter Paul McKenzie, der sein millionenschweres „Baby“ schlicht den schnellsten Sportwagen der Welt nennt. Zwar gibt es ein paar wenige Autos mit mehr Leistung und mehr Top-Speed, räumt der Brite freimütig ein. Doch auf einer Rennstrecke lasse sich kein anderer Sportwagen derart schnell über die Ideallinie scheuchen wie die Karbonflunder, in die 50 Jahre Formel1-Know-How eingeflossen sind, sagt McKenzie. „Und das ist es schließlich, worauf es bei einem Sportwagen ankommt.“

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Wer an die bis zu 1.200 PS und die maximal 415 km/h des Bugatti Veyron denkt, dem mag es schwerfallen, Mister McKenzie zu glauben. Und auch der neue Porsche 918 Spyder und der LaFerrari verdienen sicherlich ihren Platz in der ersten Startreihe. Doch wer einmal am Steuer des P1 gesessen hat, sieht die Vollgaswelt mit anderen Augen und erlebt eine Fahrt, die mit Worten kaum zu beschreiben ist: Die Beschleunigung ist von derart explosiver Kraft, dass der Blick kaum mehr erfassen kann, was da beim elektronisch kontrollierten Kavalierstart vor den schmalen Seitenfenstern vorbei fliegt. 0 auf 100 in 2,8 Sekunden, nach 6,8 Sekunden auf 200 km/h, weitere 9,7 Sekunden später zeigt der Tacho 300 und wenn die Elektronik bei Tempo 350 die Reißleine zieht, ist der P1 immer noch bestens bei Puste – so müssen sich Astrotauten fühlen, wenn ihre Rakete ins All geschossen wird.

Mit Naturgesetzen nicht erklärbar

Und dabei ist die Straßenlage so gottverdammt stabil, dass man seinem Physiklehrer nachträglich nochmal die Leviten lesen möchte. Trägheit der Masse, Erdanziehung, Fliehkraft – solche Märchen, lieber Herr Lehrer, können sie anderen erzählen. Mit Naturgesetzen ist das, was der allein über die Hinterräder angetriebene P1 auf einer Rundstrecke inszeniert, jedenfalls nicht mehr zu erklären. Viel zu schnell schießt er durch die Kurven, viel zu eng nimmt er die Kehren und viel zu fest haftet er auf dem Kurs, wenn man ihm die Sporen gibt, sich immer näher ans vermeintliche Maximum heran tastet und der Grenzbereich partout nicht kommen will. Selbst die Traktionskontrolle und das Stabilitätsprogramm machen dabei noch einen gelangweilten Eindruck, so selten müssen die elektronischen Helfer ein paar Strippen im Sicherheitsnetz ziehen.

Möglich machen das ein extrem aufwändiges Fahrwerk und eine noch ausgefeiltere Aerodynamik. „Keine Linie dient hier nur der Optik, die Form folgt allein der Funktion“, sagt McKenzie und zeigt stolz auf die ausgeklügelten Kanäle, durch die heiße Luft aus den Kühler strömt und Motor oder Bremsen ihre kalte Luft ansaugen. Während sich unter der Hülle aus Karbon und Aluminium die Dämpfer auf Knopfdruck verstellen lassen und die Bodenfreiheit im Race-Mode um ganze fünf Zentimeter abgesenkt wird, bewegen sich spezielle Flaps im Unterboden und aus dem Heck hebt sich bis zu 30 Zentimeter weit ein riesiger Flügel. So schneidet der P1 durch den Wind wie ein Formel 1-Rennwagen. Von unten saugt er sich förmlich am Asphalt fest als kämen die Reifen von Pattex. Von oben lasten bei 300 km/h allein auf dem Heckflüge 600 Kilo Abtrieb und sorgen dafür, dass der P1 nicht den Abflug macht. Kein Wunder, dass man Runde um Runde schneller wird und noch immer keinen Kontakt mit dem Kiesbett machen muss.

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