Analyse Stellantis im Check: Märkte, Synergien, Elektromobilität
Seit Samstag steht das FCA-PSA-Bündnis Stellantis. Auf Konzernlenker Carlos Tavares warten große Baustellen. Analysten haben sich die Potenziale und Schwachstellen genauer angesehen.

Im neuformierten Stellantis-Autokonzern mit Marken wie Opel, Peugeot, Fiat oder Alfa Romeo sollen Fabriken in Italien leistungsfähiger werden. „Sie können das schaffen“, sagte der Vorstandsvorsitzende Carlos Tavares am Dienstag (19. Januar) bei einer Online-Pressekonferenz. Er nannte als Beispiel den deutschen Hersteller Opel, den er in den vergangenen Jahren mit harter Hand saniert hatte.
Tavares bestätigte außerdem frühere Aussagen, wonach fusionsbedingt keine Werke geschlossen werden sollen. „Der Zusammenschluss von PSA und FCA ist ein fantastischer Schutzschild gegen soziale Probleme in den beiden Unternehmen“, antwortete der 62-Jährige auf eine Frage zu einem möglichen Jobabbau. So werde es die Größe des neuen Unternehmens erlauben, Automodelle profitabel herzustellen, die es sonst nicht gegeben hätte.
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Die Groupe PSA und Fiat Chrysler (FCA) liegen nun im Stellantis-Verbund hinter Volkswagen, Toyota und Renaul-Nissan-Mitsubishi auf Platz vier im weltweiten Vergleich. Der Konzern führt 14 Marken und beschäftigt etwa 400.000 Menschen.
Stellantis werde in den nächsten Jahren die CO2-Grenzwerte einhalten, sagte Tavares. Analysten von IHS Markit kommentieren anlässlich der am Samstag vollendeten Megafusion, der neue Groß-OEM müsse trotzdem einen „gewissen Weg zurücklegen, um zu anderen Autobauern aufzuschließen, die sich schon stärker auf dem Weg zu nachhaltigerer Mobilität aufgemacht haben“. Mit mehr Entwicklungsressourcen und Zeit hätte die neue Allianz jedoch die Möglichkeit, in diesem Feld an Bedeutung zu gewinnen.
Stellantis: Chancen im Einkauf
Gleichwohl erwarten Experten, dass der erfahrene Sanierer Tavares den Rotstift bei Produktionskapazitäten und unrentablen Produkten großzügig ansetzen dürfte. Dank des erwarteten Sparpotenzials durch den Zusammenschluss könnte es dennoch für einige der Marken die Möglichkeit geben, ihr Produktportfolio nochmal deutlich zu erweitern, heißt es in einer Analyse von IHS Markit weiter. Die Größe schaffe zum Beispiel neue Chancen beim Einkauf. Für das breite Markenportfolio spreche, dass viele der Marken regional funktionieren und so nicht für alle Märkte angefasst werden müssten.
Im Detail rechnen die Analysten von IHS Markit im laufenden Jahr mit einem Absatz von sieben Millionen Fahrzeugen von Stellantis, im Jahr 2025 könnte dieser bei gut acht Millionen Stück liegen. Dabei machen die ehemaligen FCA-Marken knapp 58 Prozent des Verkaufserfolgs aus, heißt es weiter. Die Top-Konzernmarken, prognostizieren die Analysten, werden Fiat, Jeep, Peugeot und Citroën. Damit könnte der Konzern nicht nur zu anderen Autobauern aufschließen, sondern auch bei Forschung und Entwicklung vorne mitspielen.
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Welche Regionen und Märkte wichtig werden
IHS Markit prognostiziert, dass der größte Markt von Stellantis im Jahr 2025 Europa sein wird. Nordamerika sehen die Analysten dabei auf Platz zwei, die aber potenziell mehr oder ähnliche Umsätze liefern wird. China wiederum schätzen die Analysten weiterhin als vergleichsweise schwach ein: Demnach machen das chinesische Festland, Hongkong und Taiwan selbst im Jahr 2025 nur um die drei Prozent des weltweiten Stellantis-Umsatzes aus.
Die Analysten erwarten außerdem, dass diejenigen Fahrzeuge, die in Europa noch auf FCA-Plattformen stehen, auf PSA-Architekturen umgestellt werden: Die CMP- und EMP2-Plattformen könnten den ehemaligen FCA-Marken Hilfestellung für die Elektrifizierung bieten. Das betrifft beispielsweise Fiat, möglicherweise auch Alfa Romeo.
Stellantis und die Elektromobilität
Stichwort Elektrifizierung: Die Konzernflotte von derzeit 29 Modellen mit reinem E-Antrieb oder Plug-in-Hybride soll bis Ende des Jahres auf 39 wachsen. Ab 2025 soll es in jeder neuen Modellreihe mindestens ein elektrifiziertes Modell geben. Bislang sind vor allem die Marken der PSA-Gruppe – Peugeot, Citroën, Opel und DS – stark in Sachen E-Autos, während die Technik bei den FCA-Marken – darunter Fiat, Jeep und Alfa Romeo – noch selten anzutreffen ist.
Gerade für Marken wie Alfa oder Fiat mit ihren alternden Produktpaletten sieht Tavares eine Chance in der neuen Konzern-Konstellation. Neue Modelle könnten sich durch Volumeneffekte eher lohnen als zuvor. Aus diesem Grund will Stellantis zumindest vorerst keine Marken abwickeln – sie seien das Kapital des Konzerns. Genaue Pläne teilt Tavares aber noch nicht mit.
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Märkte und Absatzzahlen
Vor der Coronakrise setzten FCA und PSA zusammen mehr als acht Millionen Fahrzeuge ab und erzielten einen Jahresumsatz von knapp 170 Milliarden Euro. Nur noch Volkswagen, Toyota und der französisch-japanische Renault-Nissan-Verbund waren 2019 größer.
Tavares räumte ein, der Auftritt auf dem Zukunftsmarkt China sei bisher enttäuschend verlaufen. „Wir schließen kein Szenario aus“, fügte er hinzu, ohne dabei ins Detail zu gehen. Experten hatten bemängelt, dass Stellantis nur schwach in Asien aufgestellt ist.
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