Klimaschutz Wasserstoff: Bundesregierung will Produktionskapazitäten verdoppeln

Quelle: dpa/jr Lesedauer: 3 min

Berlin drückt beim Umgang mit Wasserstoff als klimafreundlichem Energieträger hierzulande aufs Tempo.

Die Bundesregierung will bis zum Jahr 2030 deutlich mehr Wasserstoff in Deutschland herstellen als ursprünglich geplant.
Die Bundesregierung will bis zum Jahr 2030 deutlich mehr Wasserstoff in Deutschland herstellen als ursprünglich geplant.
(Bild: Bosch)

Die Bundesregierung passt ihre Pläne bei der Erzeugung, dem Import und der Nutzung von Wasserstoff an. Dazu will sie ihr bisheriges Ziel verdoppeln: Bis zum Jahr 2030 sollten Erzeugungsmöglichkeiten in Deutschland von fünf Gigawatt entstehen – jetzt sollen es mindestens zehn Gigawatt sein. Das hat das Kabinett am Mittwoch (26. Juli) in Berlin mit Fortschreibung der „Nationalen Wasserstoffstrategie“ von 2020 beschlossen.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte, ungefähr ein Drittel des benötigten Wasserstoffs könne in Deutschland erzeugt werden, ungefähr zwei Drittel müssten importiert werden. Geplant ist noch eine Importstrategie. Dabei will die Regierung auf soziale und ökologische Standards im Herkunftsland achten.

Wasserstoff gilt angesichts fortschreitender Erderwärmung als Teil für klimaverträglicheres Wirtschaften, weil im Produktionsprozess keine Treibhausgase anfallen und er fossile Brennstoffe wie Gas oder Öl ersetzen kann. Allerdings ist für die sogenannte Elektrolyse, bei der Wassermoleküle in Sauerstoff und Wasserstoff zerlegt werden, viel Strom nötig.

Dieser soll nach dem Willen der Bundesregierung zunehmend aus erneuerbaren Energien kommen – aber auch auf Basis von Erdgas hergestellter Wasserstoff soll in einer Übergangszeit verwendet werden. Bei Umweltverbänden stößt das auf Kritik. Der Bundesverband der Deutschen Industrie dagegen erklärte, bis zur ausreichenden Verfügbarkeit von „grünem“ Wasserstoff sei die Industrie auf Alternativen angewiesen.

Klimaneutrales Deutschland bis 2045

Bis 2045 soll Deutschland klimaneutral werden. Es sollen dann nicht mehr Treibhausgase ausgestoßen werden als wieder gebunden werden können. Die bisherige Nationale Wasserstoffstrategie stammt aus dem Jahr 2020. Bereits in ihrem Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP ein „ambitioniertes Update“ des Papiers vereinbart.

Für das Jahr 2030 rechnet die Bundesregierung für Deutschland mit einem Wasserstoffbedarf von 95 bis 130 Terawattstunden, inklusive sogenannter Wasserstoffderivate wie Ammoniak, Methanol oder synthetischer Kraftstoffe – die zum Beispiel für den Transport per Schiff genutzt werden. Dem Papier zufolge dürfte bis 2030 ein Großteil mit dem Schiff kommen, danach sollen Pipelines eine Rolle spielen. Die Terminals zum Import von Flüssiggas (LNG), die derzeit an den deutschen Küsten entstehen, sollen später für Wasserstoff genutzt werden.

Bis 2030 soll Deutschland „Leitanbieter für Wasserstofftechnologien“ werden. Eine direkte staatliche Förderung für die Erzeugung des Energieträgers soll es aber nur für grünen Wasserstoff geben, der mit Hilfe von erneuerbaren Energien erzeugt wird. Wasserstoff und seine Derivate sind derzeit dem Papier zufolge noch nicht im großen Stil speicherbar, was angesichts geringer Verfügbarkeit und hoher Kosten auch nicht nötig sei. Vor allem in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts soll sich das aber ändern.

Wasserstoffnetz ist in Planung

Noch in diesem Jahr sollen die Fernleitungsnetzbetreiber Pläne für ein deutsches Wasserstoff-Kernnetz vorlegen, die durch die Bundesnetzagentur geprüft und bis 2032 umgesetzt werden. Daneben setzt die Bundesregierung den Schwerpunkt auf Verbindungen zu Nachbarländern und zu potenziellen Erzeugungsregionen in Skandinavien, Süd- und Osteuropa sowie zu Import-Knotenpunkten in Westeuropa. Sie hofft auch auf Verbindungen nach Nordafrika entweder über Frankreich, Spanien und Portugal, die „H2Med-Pipeline“, oder über Österreich und Italien.

Bis 2030 dürften Wasserstoff und seine Derivate der Strategie zufolge vor allem in der Industrie zum Einsatz kommen: insbesondere in der Chemie- und Stahlbranche, außerdem im Verkehr in Brennstoffzellen und als erneuerbarer Kraftstoff. Eine „breite Anwendung“ im Wärmebereich sei bis dahin nicht zu erwarten. Im Stromsektor soll Wasserstoff helfen, die schwankende Erzeugung aus erneuerbaren Energien auszugleichen.

Der CEO des Wasserstoff-Interessenverbandes Hydrogen Europe, Jorgo Chatzimarkakis, begrüßte die Ankündigungen der Regierung am Mittwoch: „Die Bundesrepublik wird auf dem Weltmarkt neben China der wichtigste Abnehmer von grünem Wasserstoff sein – diese Zukunft wird sich auch mithilfe von deutschen Technologien formen, die unter anderem im Bereich der Elektrolyseure Weltmarktführer sind.“

Chatzimarkakis wies zudem auf die hohen Kosten der Abregelung deutscher Stromnetze im vergangenen Jahr hin: „Aufgrund fehlender Möglichkeiten, erneuerbare Energie zu speichern, kostete das circa 4,25 Milliarden Euro – die notwendige Sektor-Kopplung wird zwar in der Strategie der Bundesregierung angerissen, aber die Brisanz dieser sehr stark gestiegenen Kosten ist nicht wirklich abgebildet.“ Wasserstoff sei der ideale Stromspeicher, um damit auch die Kosten der Abregelung zu reduzieren.

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So groß die Hoffnungen sind, die auf Wasserstoff ruhen: Auch für seine Produktion ist Energie nötig. Wo es möglich ist, solle erneuerbare Energie besser direkt und ohne den Umweg über Wasserstoff genutzt werden, schreibt das Umweltbundesamt. So lasse sich mehr fossile Energie ersetzen.

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