Semcon/Stolfig Group Die B-Säule aus Magnesium
Gemeinsam mit der Stolfig Group hat Semcon eine B-Säule aus Magnesium entwickelt und mit einer der stärksten B-Säulen aus hochfestem Stahl verglichen. Das Ergebnis: Die Magnesium-Säule kann nicht nur gleichziehen, sondern schneidet sogar besser ab.
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Anfang des Jahres 2011 entschied Semcon gemeinsam mit der Stolfig Group, in nur sechs Monaten ein Konzept einer B-Säule aus dem Magnesium-Werkstoff ME100 (damals noch mit der Bezeichnung MnE21) zu entwerfen. Der Grund für diese Eile: Das Konzept sollte als Handmuster auf der IAA 2011 zu sehen sein. Als Benchmark wurde die B-Säule eines Aluminiumfahrzeugs der Oberklasse aus warmumgeformtem, höchstfestem Stahl gewählt, obwohl oder gerade weil die Beteiligten wussten, dass eine Aluminium-B-Säule verworfen worden war.
Start des Projektes im Jahr 2011
Die Idee, eine solch stark beanspruchte B-Säule aus leichtem Magnesium zu fertigen, erregte viel Aufmerksamkeit. Daher entschloss sich Semcon Ende des Jahres 2011, eine Konzeptreifung und -absicherung durchzuführen. Im Fokus standen die Package-Kompatibilität, die funktionale Bewertung sowie die Serienreife in drei bis fünf Jahren. Unter dem Aspekt, die künftigen Prototypen auch in der Komponente testen zu können, wurden fünf quasi-statische und zwei dynamische Ecklastfälle definiert, die in Simulation und Komponentenversuch mit identischen Randbedingungen möglich sind. Um nicht mit dem Automobilhersteller in Konflikt zu geraten, wurde zwar die Geometrie der Benchmark-Säule zu 100 Prozent abgebildet, die Materialeigenschaften aber durch ähnliche Materialeigenschaften „entfremdet“. Es wurden gemeinsam folgende Innovationsbausteine identifiziert:
Bionisches Fließpressteil:
Durch den CO2-schonenden Warm-in-Warm-Prozess lassen sich komplexe Umformungen einfach durchführen. Der Bauraum kann an den kritischen Stellen (Schloss, Scharniere, Schweller, Dachrahmen) maximal und wirtschaftlich genutzt werden. Dazu wird ein großer ME100-Gussbolzen auf ein kleineres Strangpress-Vorprofil umgeformt und erhält so die besseren Eigenschaften einer Knetlegierung. Im zweiten Schritt wird das über 450 °C warme Vorprofil in ein spezielles Presswerkzeug eingelegt und in die typische „Knochenform“ einer B-Säule fließgepresst. Im Dachrahmen und Schweller wird es am stärksten flach und in die Breite gedrückt, wodurch Material im thixotropen Zustand seitlich verdrängt wird. Die Metallstruktur folgt dabei fächerförmigen Fließfronten, daher die Bezeichnung „ionisch“. Der entstehende „Quellrand“ wird beschnitten. Das Ergebnis ist ein günstiges, sehr formtreues ME100-Innenteil mit optimaler Querschnittsverteilung und besseren Festigkeitseigenschaften als ein Gussteil.
Monoblockbauweise:
Unter anderem aus Kompatibilitätsgründen (z. B. Dichtungsflansch) werden ein Blechinnenteil und ein -schließteil verwendet. Um die zwei Blechschalen und das Fließpressteil ohne Kompromisse zu fügen, wird die sehr gute Schweiß- und Klebbarkeit sowie das Potenzial des Warm-in-Warm-Verfahrens kombiniert. Die etwa 150 °C warmen Bauteile werden mit einem Karosseriekleber beschichtet und in Lehren an den Rändern bzw. in Teilen der Fläche geschweißt. Das Ergebnis ist eine vollflächige Verbindung an allen Berührstellen. Durch die fehlende Gefügeumwandlung und den damit stark reduzierten Verzug bei ME100, in Verbindung mit der schnellen Schweißbarkeit bei geringem Energieeinsatz, ist eine komplexe B-Säule ohne Fügekompromisse in Monoblockbauweise machbar.
Massivverschraubung:
Die massiven Wandstärken ermöglichen eine Direktverschraubung mit selbstfurchenden Schrauben. Unter Beibehaltung des Serieneinstellprozesses wurde ein Konzept entwickelt, das die Steifigkeit der Tür- und Schlossanbindung deutlich verbessert. Die Konstruktion von 2011 wurde grundlegend überarbeitet und auf die Möglichkeiten des ME100-Prozesses optimiert. Für Werkstoffe wie ME100 mit verhältnismäßig kleinem E-Modul (~44 kN/mm2) braucht man grundsätzlich Querschnittshöhe. Da dies für die gewählte Geometrie oberhalb der Türbrüstung nicht möglich ist, wird dort je ein einfaches Stahlprägeteil als Ober- und Untergurt direkt auf das Fließpressteil geklebt. Der Dachdrück- bzw. Seitencrash-Widerstand verbessert sich dadurch signifikant.
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