Sportwagen Fahrbericht BMW M3 und M4: Die alte Schule

Autor / Redakteur: Jens Meiners / Thomas Günnel

BMW stellt mit dem M3 und seinem in M4 umbenannten, zweitürigen Schwestermodell ein Baumuster vor, das bislang als Musterbeispiel für die klassische Schule der Hochleistungsfahrzeuge gelten konnte. Bleibt die Baureihe ihrem Ansatz treu?

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Mit dem M3 und seinem Schwestermodell M4 stellt BMW zwei betont sportliche Modelle vor.
Mit dem M3 und seinem Schwestermodell M4 stellt BMW zwei betont sportliche Modelle vor.
(Foto: BMW)

Skepsis scheint angebracht, denn das Auto ist gewachsen und BMW kehrt auch hier vom Saugmotor ab. Immerhin hatte die M GmbH ausreichend Entwicklungszeit, ist doch seit dem Produktionsstopp des Vorgängers fast ein Jahr verstrichen. Die Testfahrten in Südportugal und auf der berühmten Rennstrecke von Estoril haben die Zweifel ausgeräumt: Dieser M3 übertrifft die Erwartungen bei weitem. Die Änderungen unter dem Blech sind so umfassend, dass man beinahe von einem eigenständigen Fahrzeug sprechen könnte.

Fahrbericht: BMW M3 und M4
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Der beste Turbo überhaupt?

Der S55-Motor des M3/M4 ist zwar vom Massenmotor N55 abgeleitet, er kostet aber in der Herstellung locker das doppelte – und spielt in Sachen Leistungscharakter in einer eigenen Liga. Der direkteingespritzte Dreiliter-Reihensechszylinder wird von zwei Mitsubishi-Turboladern aufgeladen und liefert von 1.850 bis 5.390 U/min stolze 550 Nm Drehmoment. Bei dieser Drehzahl erreicht er dann sein Leistungsmaximum von 431 PS (317 kW), das dann auf einem Plateau bis 7.300 U/min anliegt. Erst bei 7.600 U/min läuft der Motor in den Begrenzer - und profiliert sich damit als echtes Hochleistungsaggregat.

In der Praxis liefert der Motor, was die Leistungsdaten versprechen; gleichzeitig distanziert er sich deutlich vom Vorgängermodell mit seinem 4,0-Liter-V8-Sauger. Er startet auf einer turbo-unterstützten Drehmomentwelle und baut viel rascher Tempo auf als bisher. Bei entsprechend hartem Fahrstil im Sport- und Sport-Plus-Modus gibt es kein Turboloch mehr, weil die Lader auf einer „Luftsäule“ mit hoher Drehzahl weiterrotieren. Die motorische Drehzahlreduzierung wird dabei durch Zylinderausblendung dargestellt. Der Effekt wird für 1-2 Sekunden aufrechterhalten – ausreichend, um bei schnellem Gasgeben sofort wieder mit vollem Druck zu beschleunigen. Die Agilität des S55-Motors ist damit unter Turbomotoren unerreicht.

Schluss bei 250 km/h oder 280 km/h

Abgeregelt wird wahlweise bei 250 km/h oder bei 280 km/h; ohne künstlichen Begrenzer könnten beide Modelle 300 km/h überschreiten. Diese Angaben erscheinen in Anbetracht der geradezu brutalen Beschleunigung bis knapp über 200 km/h – mehr war bei den Testfahrten nicht auszufahren – völlig glaubhaft. Weniger realistisch ist der angegebene Durchschnittsverbrauch von 8,3 Litern pro 100 Kilometer – ein Wert, der nur dann zu erreichen ist, wenn sich der Fahrer am Gasfuß in erbarmungsloser Askese übt.

Der Handschalter ist perfekt

BMW bietet den M3 und den M4 mit einem Sechsgang-Schaltgetriebe von ZF oder einer „nassen“ Siebengang-Doppelkupplungs-Automatik von Getrag an. Die Auswahl fällt nicht leicht, denn das DKG sorgt für nochmals bessere Beschleunigung: Der Spurt von 0 auf 100 km/h dauert damit statt 4,3 Sekunden nur noch 4,1 Sekungen. Und die Gänge sind so enggestuft, dass der Motor, wenn er ausgedreht wird, nach dem Hochschalten wieder direkt am Leistungsmaximum agiert. Anders als viele Konkurrenzgetriebe merkt sich das Getrag-Getriebe genau, wie oft beim Hinauf- oder Herunterschalten an den Schaltpaddeln gezogen wurde, und es enthält sich im manuellen Modus auch jeglicher störender Eingriffe: Der Motor dreht bis in den Begrenzer, und er bietet auch keine Kickdown-Funktion. Für das Fahren am Limit sind das perfekte Voraussetzungen.

Die Wahl für Puristen

Trotzdem ist der Handschalter die Wahl für Puristen – nicht zuletzt deshalb, weil das neue ZF-K-Getriebe nochmals leichter als das G-Getriebe des Vorgängermodells ist. Damit wächst das Gewichtsdelta zwischen Schalt- und Doppelkupplungsgetriebe auf 40 Kilogramm – ein stolzer Wert gerade in einem Segment, das auf Leichtbau größten Wert legt. Da das automatische Getriebe zudem 3.900 Euro Aufpreis kostet, sollte der Handschalter der geneigten Kundschaft eine Überlegung wert sein. BMW rechnet trotzdem nur mit einem Anteil von 15 bis 20 Prozent. Überflüssig finden wir übrigens die Funktion, mit der die Maschine beim Herunterschalten auf die Anschlussdrehzahl gebracht wird – und das Klangbild enttäuscht ein wenig. Der Reihensechszylinder ist akustisch stets präsent und klingt sportlich-aggressiv, der seidenweiche Klangteppich der Sechszylinder-Saugmotoren in den Vorgängergenerationen E36 und E46 fehlt ihm hingegen.

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