Lean&Green Award 2016 Ressourceneffizient per „Energy Platform“
Im vergangenen Jahr erhielt das Werk Blaichach/Immenstadt der Robert Bosch GmbH den Sonderpreis des Lean & Green Management Awards – für die „intelligente Verknüpfung von Lean-Management und Ressourceneffizienz mit Industrie 4.0“. Neue Software soll jetzt dabei helfen, das Energiemanagement weiter zu verbessern.
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Bereits im Jahr 2007 formulierte die Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH das langfristige Ziel, die relative CO2-Emission um 20 Prozent bis zum Jahr 2020 zu senken. Zur Versorgung der Werke mit erneuerbarer Energie wurden seitdem zahlreiche Projekte umgesetzt. Das Werk im bayerischen Blaichach etwa wird von einem modernen Wasserkraftwerk gespeist. Rund drei Viertel der dort benötigten Energie erzeugt der Standort selbst. Darüber hinaus analysieren Energiebeauftragte den Energieverbrauch des Werkes. Mit diesen Informationen lässt sich dann der Verbrauch von Strom und Wärme verringern, indem etwa Energieverbraucher, die gerade nicht benötigt werden, abgeschaltet werden. Verbesserte die Bosch-Gruppe in den Anfangsjahren vor allem die Energieversorgungs- und Gebäudestruktur, nimmt sich das Unternehmen inzwischen sukzessive die Fertigung vor – heruntergebrochen auf die einzelnen Maschinen und Anlagen. Dabei dient die Energieeffizienz aber nicht nur dem ökologischen und sozialen Umfeld der Bosch-Gruppe, sondern ist auch ein Schlüsselfaktor, um Wettbewerbsvorteile zu erzielen. So hat das Unternehmen allein zwischen den Jahren 2007 und 2014 durch hauseigene Maßnahmen die Energiekosten um rund 530 Millionen Euro gesenkt.
Neues Softwaretool
Bislang wurde die Transparenz der Energieströme im Werk Blaichach durch die zentrale Leittechnik auf Gebäudeebene und für Großverbraucher sichergestellt. „Um weitere Potenziale zu erschließen, reichen die Erkenntnisse auf dieser Ebene jedoch nicht mehr aus“, erläutert Wilfried Mendler, Projektleiter Energiemanagement im Werk Blaichach. Es stelle sich beispielsweise die Frage, wie die Produktionskennzahlen den Energieverbrauch beeinflussen und wie sich diese Erkenntnisse verwenden lassen, um die Energienutzung zu optimieren. Die Antworten soll unter anderem das von Bosch Energy and Building Solutions entwickelte Softwaretool „Energy Platform“ liefern – Energiedatenerfassung, Monitoring und Analyse erfolgen online. Aktuell werden in einem Blaichacher Pilotgebäude die Energieverbräuche mit einem schlanken, anwendungsorientierten Ansatz erfasst und mit online verfügbaren Produktionsdaten verknüpft. Daraus lassen sich zusätzliche Einsparpotenziale ableiten, etwa im Abschaltmanagement und für die Verbesserung der Energieeffizienz von Fertigungsmaschinen und Prozessen.
Die Web-Applikation zeichnet sich durch ein komfortables User-Management aus: Berechtigungen und nutzerorientierte Einstellungen lassen sich einfach konfigurieren. Auch Tablets können ohne Anpassungen eingesetzt werden. Alle Verbrauchsdaten sind Online-Daten und werden ständig aktualisiert. In den Diagrammen können die Anwender zwecks einer schnellen Analyse die Zeitbereiche flexibel ändern. Auch Warn- und Alarmgrenzen lassen sich problemlos in die Online-Diagramme integrieren. Entsprechende Überwachungsroutinen informieren per Mail oder SMS die definierten Zielgruppen, falls es Abweichungen gibt. Die Navigation ist komfortabel über die Visualisierung von der Werksebene bis zur Maschinenebene möglich.
„Mit der Implementierung des vorgestellten Tools haben wir die Basis geschaffen, Energieverbräuche in Abhängigkeit von Fertigungsprozessen zu verstehen und daraus entsprechende Einsparpotenziale abzuleiten“, bekräftigt Mendler. Er hält Effizienzverbesserungen im zweistelligen Prozentbereich für realistisch, teilweise seien sie sogar schon umgesetzt. Die ersten Anwender beurteilen das neue Werkzeug ebenfalls als sehr nützlich – entsprechend gut ist die Akzeptanz. Künftig sollen noch Handlungsempfehlungen integriert werden. Weitere Schritte sind eine feinere Energieverbrauchsanalyse, die sogar unterschiedliche Produkte und Prozessschrittebenen berücksichtigt. Der Rollout des Tools im Werk Blaichach und im internationalen Fertigungsverbund für elektronische Bremsregelsysteme von Bosch ist bereits im Gange.
Vorreiter für Industrie 4.0
Das Bosch-Werk in Blaichach/Immenstadt zählt 3.300 Mitarbeiter. Gefertigt werden elektronische Bremsregelsysteme, wie ABS und ESP, sowie Einspritzkomponenten und Sensoren für die Antriebstechnik. Es ist im Bosch-Konzern das Leitwerk für ABS/ESP-Systeme und zugleich Vorreiter beim Thema Industrie 4.0. Sensoren erfassen zum Beispiel den Zustand von Maschinen. Bevor es zu einem Ausfall kommt, benachrichtigt eine Software die Instandhalter im Werk darüber, welche Teile getauscht und welche Wartungen durchgeführt werden müssen: Auf dem Smartphone der Mitarbeiter erscheinen Wartungshinweise. Reparaturzeiten lassen sich damit oft vermeiden oder zumindest reduzieren. Die Produktivität im Werk steigt. „Das Bosch-Werk Blaichach/Immenstadt hat bereits vor 15 Jahren begonnen, die weltweit mehr als 5.000 Maschinen und Anlagen des Fertigungsverbunds für elektronische Bremsregelsysteme miteinander zu vernetzen. Betrug der Vernetzungsgrad vor vier Jahren noch rund 60 Prozent, liegt er heute bei beachtlichen 98 Prozent. Von dieser langjährigen Erfahrung profitieren wir nun auch im Energiemanagement der Standorte“, erklärt Rupert Hoellbacher, technischer Werkleiter von Blaichach/Immenstadt.
Exakt für diese „intelligente Verknüpfung von Lean-Management und Ressourceneffizienz mit Industrie 4.0“ erhielt das Werk Blaichach/Immenstadt im Jahr 2015 den Sonderpreis des Lean & Green Management Awards der Beratungsunternehmen Growtth Consulting Europe und Quadriga Consult. „Die Vernetzung ermöglicht Vergleiche im internationalen Produktionsnetzwerk, die auch als Ausgangspunkt für „Green“-Verbesserungen genutzt werden können“, urteilte die Jury. Außerdem würden technische Innovationen stringent mit systematischen Verbesserungskreisläufen gekoppelt. Auf diese Weise habe sich das Werk ein sehr wettbewerbsfähiges Kostenniveau im internationalen Bosch-Fertigungsverbund für elektronische Bremsregelsysteme erarbeitet – und das am Hochlohnstandort Deutschland.
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