Produktion Umfrage: Wieviel Potenzial steckt in der Instandhaltung?

Autor / Redakteur: Thiemo Antonczyk* / Thomas Günnel |

Überspitzt formuliert, war die Instandhaltung lange Zeit ein Kostenfaktor, ohne den es leider nicht geht. Diese Einstellung ändert sich seit einiger Zeit grundlegend, wie eine Umfrage des Beratungsunternehmens Frontem Consulting zeigt.

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Wie wichtig ist die Instandhaltung für die Produktivität? Das Beratungsunternehmen Frontem Consulting hat dazu 136 Unternehmen befragt.
Wie wichtig ist die Instandhaltung für die Produktivität? Das Beratungsunternehmen Frontem Consulting hat dazu 136 Unternehmen befragt.
(Bild: Bosch)

Je größer die Anlagenintensität eines Unternehmens ist, desto bedeutender ist die Instandhaltung für den Unternehmenserfolg. Die Güte des Instandhaltungsmanagements beeinflusst einen erheblichen Teil der Produktionskosten unmittelbar oder mittelbar. „Zwar ist „Total Productive Maintenance“ (TPM) eines der Basismodule der Lean-Welt und damit schon seit Jahrzehnten im Blickfeld, doch stand dieses in Lean-Projekten bislang selten im Mittelpunkt. Beträchtliches Produktivitätspotenzial wurde lange Zeit nicht genutzt“, beschreibt Ivan Barjasic, Managing Director beim Beratungsunternehmen Frontem Consulting.

Effizient zu produzieren gelingt aber nur dann, wenn die Maschinen zuverlässig funktionieren. Jeder Störfall verursacht Zusatzkosten – wobei die Summe der Produktionsausfallkosten ein Vielfaches der direkten Instandhaltungskosten beträgt. Der Hebel den die Instandhaltung auf die Produktion hat ist groß – aber wie sind anlagenintensive Industrieunternehmen hier aufgestellt?

Ergebnisse der Umfrage

In einer Telefonumfrage bei 136 Unternehmen (D/A/CH/GB/HR) mit einem Umsatz von mehr als 100 Millionen Euro befragte das Beratungsunternehmen Frontem Consulting 317 Geschäftsführer und Vorstände, Werksleiter und Instandhaltungsleiter. Die Ergebnisse:

  • 88 Prozent der Befragten sehen im Bereich der Instandhaltung und des Anlagenmanagements große oder sehr große Produktivitätspotenziale für ihr jeweiliges Unternehmen.
  • 91 Prozent der Befragten rechnen der Instandhaltung im Rahmen der Zukunftsprojektion „Industrie 4.0“ eine noch größere Bedeutung zu als sie heute schon hat.
  • In 113 der 136 befragten Unternehmen wurden in den letzten fünf Jahren dezidierte Maßnahmen in Form von Projekten zur Performance-Steigerungen der Instandhaltung durchgeführt, davon knapp die Hälfte mit externer Unterstützung.
  • 120 der 136 befragten Unternehmen haben vor, kurz- bis mittelfristig starke Anstrengungen zu unternehmen, um die Performance der Instandhaltung deutlich zu verbessern. Die anderen Unternehmen sind mit dem bisher Erreichten zunächst zufrieden und streben eine kontinuierliche Verbesserung an.

Daneben sind die direkten Instandhaltungskosten laut Barjasic in Relation zum damit verbundenen Ergebnis meist zu hoch – vor allem, weil die Instandhaltungsstrategie und die Prozessorganisation nicht optimal sind. „Man arbeitet hart an der Lösung von Problemen, die gar nicht entstünden, würde man prinzipiell anders arbeiten,“ fasst es Barjasic zusammen.

Agieren statt reagieren

Den Weg zur Prävention beschreiten zwar die meisten Unternehmen, im betrieblichen Alltag sind ihre Maßnahmen jedoch zu oft noch reaktiv. Die Folge: Die entsprechenden Kapazitäten sind gebunden, und sie fehlen bei geplanten, präventiven Maßnahmen. Der Übergang vom ungeplanten, hektischen Reagieren in geplantes, systematisches Agieren bleibt dabei häufig auf der Strecke. „Dieser Zustand muss zwingend zugunsten der Prävention verändert werden“, sagt Barjasic, „Nichts ist teurer als durch Störfälle erzwungene Aktionen.“

Es gibt noch große Potenziale bei der Produktivität.

„Prävention“ per se ist aber nicht der Weisheit letzter Schluss, denn auch diese kann mehr oder weniger effizient gehandhabt werden. Während die reaktive Instandhaltung faktisch zu spät kommt, ist die präventive Instandhaltung grundsätzlich zu früh. Das Ziel ist daher, die Zeitspanne des zu frühen Eingreifens weitgehend zu minimieren – und sich so nah wie möglich an den Zeitpunkt heranzutasten, an dem ein kritisches Teil oder Modul ausfällt.

Die einzelnen Prozesse des Instandhaltungsmanagements sind häufig nicht ausreichend verzahnt. Zudem ist die Abstimmung mit anderen Bereichen, vornehmlich der Produktion, vielerorts verbesserungswürdig. Gegenseitige Schuldzuweisungen verhindern immer wieder das konstruktive Miteinander, laut Barjasic zeigt sich das häufig in Projekten.

„Viel ungenutztes Potenzial“

Der Weg zu „Maintenance Excellence“ ist bei vielen Unternehmen noch weit. Neue Entwicklungen und Möglichkeiten im Rahmen der Industrie 4.0, wie „Predictive Maintenance“ und „Mobile Maintenance“, finden deshalb häufig noch nicht die erforderliche Basis, um sie effizient umzusetzen. „Die positive Nachricht ist jedoch“, so Barjasic, „dass es noch große Potenziale bei der Produktivität gibt.“

Smart Factory Day

Wie vernetzen Automobilzulieferer und -hersteller ihre Werke? Welche Rolle spielen die Ausrüster – und welche grundlegenden Schritte sind dafür wichtig? Beim dritten Smart Factory Day treffen sich Produktionsexperten der Branche, um gemeinsam Antworten zu finden.

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Vorhandene Maschinen- und Anlagenkapazitäten auszureizen und gleichzeitig die Gesamtkosten der Instandhaltung zu senken ist laut Barasic das Ziel. Die EBIT-Wirksamkeit ist dabei entscheidend: Jede Maßnahme muss nachweislich mittel- oder unmittelbar zu diesem Ziel führen.

Thiemo Antonczyk, Associate Partner bei der Frontem Consulting, zuständig für den Bereich Digitalisierung

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