China Market Insider Wie China die deutschen Autohersteller rettet

Von Henrik Bork*

Anbieter zum Thema

Drei Automobilhersteller setzen momentan viele SUVs und Luxuslimousinen ab. Der Troika gelingt es sogar, den Vorsprung zur Konkurrenz auszubauen.

Mit dem Format „China Market Insider“ berichtet die »Automobil Industrie« regelmäßig über den chinesischen Automobilmarkt.
Mit dem Format „China Market Insider“ berichtet die »Automobil Industrie« regelmäßig über den chinesischen Automobilmarkt.
(Bild: Deposit Photos)

Chinas Konsumenten retten die deutsche Autoindustrie gerade aus der Coronakrise. Genauer gesagt: Chinas Luxuskonsumenten. Sie strömen zur Zeit in die Autohäuser und kaufen SUV und Luxuslimousinen, als hätte es nie eine Krise gegeben. Besonders die Troika Mercedes-Benz, BMW und Audi dominieren in China den Luxusmarkt, und sie können ihren Vorsprung gegenüber anderen Herstellern zur Zeit sogar noch weiter ausbauen.

Rund 35 bis 50 Prozent ihrer unternehmensweiten Profite erzielen deutsche Autohersteller schon jetzt in China.

Eine lange Schlange und Wartezeiten von zwanzig Minuten beobachtete ein Reporter des chinesischen Nachrichtenportals iyiou.com vor ein paar Tagen in einer Mercedes-Dealership. 70 bis 80 Interessenten kommen pro Tag, und an jedem Wochenende werden zwischen fünf und zehn Autos verkauft. Den „gleichen Enthusiasmus“ entdeckte der Reporter in den Ausstellungsräume von BMW und Audi. Die deutschen Automobilhersteller können sich auf China verlassen. Vor allem Mercedes-Benz, BMW und Audi dominieren in China den Luxusmarkt und sie können ihren Vorsprung gegenüber anderen Herstellern zur Zeit sogar noch weiter ausbauen.

Coronakrise trifft Einkommensgruppen unterschiedlich

Im April dieses Jahres verzeichneten die Verkäufe von Luxusmarken in China ein Wachstum von 21 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Gleichzeitig wuchs der gesamte Fahrzeugmarkt nur um vier Prozent, doch selbst diese Zahl täuscht noch. Das positive Wachstum in China so kurz nach der Coronakrise ist vorwiegend vom Verkauf von größeren Nutzfahrzeugen getrieben. Der Verkauf von Personenkraftwagen liegt insgesamt noch immer niedriger als im Jahr zuvor. Umso erstaunlicher ist die Verkaufsbonanza der deutschen Luxushersteller. Chinesische Marktkenner erklären das zum Teil damit, dass die Coronakrise auch in China einkommensschwächere Bevölkerungsschichten härter getroffen hat als die Reichen.

„Unseren Beobachtungen zufolge hat der Virusausbruch mehr die Menschen mit geringem Einkommen getroffen und die mit mittleren und hohem Einkommen eher wenig“, sagt Luo Lei vom Verband der chinesischen Autohändler. Wer es sich leisten kann, der mag jetzt in Corona-Zeiten auch in China nicht mehr U-Bahn fahren. Der öffentliche Transport ist sichtbar leerer als zuvor. Ein Teil des Verkaufserfolges für Luxuswagen dürfte zwar auf aufgestauten Bedarf aus den Wochen des Lockdowns zurückzuführen sein, doch sind die Prognosen auch für die kommenden Monate noch positiv.

Mercedes-Benz, BMW und Audi dominieren Luxusmarkt

„China hat die deutschen Automobilhersteller vor mehr als einem Jahrzehnt aus der globalen Finanzkrise gerettet, und auch jetzt können sie sich wieder auf China verlassen“, schreibt das Autoportal „Renmin Jiaotong Wang“. Besonders das Trio „BBA“, also Benz, BMW und Audi profitiert von diesem Trend. Gemeinsam halten die drei deutschen Luxushersteller beinahe 70 Prozent am chinesischen Markt für Luxuslimousinen. Den drei deutschen Marktführern kommt dabei ihre breit gefächerte Produktpalette im Luxussegment zugute und besonders ihr offenbar für die chinesische Kundschaft attraktive Angebote bei SUV und Sedans. Andere Marken wie Cadillac, Lexus, Jaguar, Land Rover oder Infiniti verkauften sich unterschiedlich gut, landeten aber insgesamt weit abgeschlagen hinter dem „A-Team“ aus Deutschland.

Nur Mercedes-Benz, BMW und Audi hatten in den ersten vier Monaten dieses Jahres jeweils mehrere Modelle auf dem chinesischen Markt, von denen pro Monat mehr als 5.000 Exemplare verkauft werden konnten. Die Mercedes E-Klasse war mit 42.000 das bestverkaufte Luxusauto von Januar bis April in China, während der Audi Q5L mit 35.000 Exemplaren der meistverkaufte SUV war.

Abhängigkeit der deutschen Industrie mit Corona gewachsen

So erfreulich all diese Zahlen für die betroffenen Unternehmen und auch für deutsche Zulieferer sind, so bedeuten sie zugleich, dass die Abhängigkeit der deutschen Industrie von China seit der Coronakrise noch weiter gewachsen ist. Rund 35 bis 50 Prozent ihrer unternehmensweiten Profite erzielen deutsche Autohersteller schon jetzt in China, zitierte das Wall Street Journal kürzlich einen Experten. „Die Kombination aus Wachstum in chinesischen Fabriken, den sie nie wirklich kontrollieren können, und der langsame Niedergang daheim wird politisch nur noch unangenehmer werden“, kommentiert das Blatt.

Über den Autor

*Henrik Bork, langjähriger China-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung und Frankfurter Rundschau, ist heute Managing Director bei Asia Waypoint, einer auf China spezialisierten Beratungsagentur mit Sitz in Peking. „China Market Insider“ ist ein Gemeinschaftsprojekt der Vogel Communications Group, Würzburg, und der Jigong Vogel Media Advertising in Beijing.

(ID:46627702)

Jetzt Newsletter abonnieren

Verpassen Sie nicht unsere besten Inhalte

Mit Klick auf „Newsletter abonnieren“ erkläre ich mich mit der Verarbeitung und Nutzung meiner Daten gemäß Einwilligungserklärung (bitte aufklappen für Details) einverstanden und akzeptiere die Nutzungsbedingungen. Weitere Informationen finde ich in unserer Datenschutzerklärung.

Aufklappen für Details zu Ihrer Einwilligung